Ethikrat - Im Oktober 2024 wurden die neuen Mitglieder für vier Jahre berufen
Der Ethikrat beschäftigte sich in den letzten Jahren mit Themen wie Sterbehilfe, Suizidalität, Klimagerechtigkeit, künstliche Intelligenz und Impfpflicht, wobei Letzteres in der Covid-19-Pandemie zu heftigen Kontroversen führte. Obwohl der Gesetzgeber unterschiedliche ethische Ansätze und ein plurales Meinungsspektrum fordert, wird dieser Anspruch in der aktuellen Besetzung nur unzureichend erfüllt.
Monatelang war der Deutsche Ethikrat nicht arbeitsfähig, weil die Bundesregierung versäumte, neue Mitglieder vorzuschlagen. Erst im Oktober 2024 wurden durch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas neue Mitglieder für vier Jahre berufen. Der Ethikrat, der auf Grundlage des Ethikratgesetzes von 2007 agiert, soll ethische, gesellschaftliche, naturwissenschaftliche, medizinische und rechtliche Fragen beraten. Die Mitglieder, je zur Hälfte vom Bundestag und der Bundesregierung berufen, sollen unabhängig sein, werden aber oft von den Parteien vorgeschlagen und vertreten deren Interessen.
Auffällig ist die hohe Anzahl an Theologen, während mit Professor Mark Schweda (Philosoph und Bioethiker) nur ein einziger Philosoph im Gremium sitzt.
Die Mitglieder des Ethikrats umfassen mehrere Theologen und Personen mit religiösem Hintergrund, wie Petra Bahr (siehe ein Zitat unten), Kerstin Schlögl-Flierl (Moraltheologin die eine wichtige Korrekturfunktion bei der / den Kirchen sieht), Muna Tatari (Islamforscherin), Jochen Sautermeister (Moraltheologe ein Interview mit ihm zum Thema Sterbehilfe) (Jochen Sautermeister soll im Februar 2025 dem dann ausscheidenden Armin Grunwald nachfolgen), Annette Riedel, Josef Schuster, Gregor Thüsing, Winfried Hardinghaus, Elisabeth Gräb-Schmidt und Armin Nassehi. Einige dieser Mitglieder haben explizit religiöse Positionen vertreten - aber auch Aussagen schon getroffen die man Diskutieren kann.
Meine Hauptkritik an der Zusammensetzung des Ethikrats - Hälfte der Bundesbürger ist konfessionslos - dies sehe ich nicht im Ethikrat beachtet.
Nahezu die Hälfte der Bundesbürger ist konfessionslos, gehört keiner Konfession, keiner Glaubensgemeinschaft an, was bei der Besetzung, dem Mengenverhältnis, des Ethikrats jedoch ignoriert wird. Dies führt dazu, dass die Perspektiven von Menschen und Bürgern ohne Bekenntnis zu einer Konfessions und säkularer Menschen oder wie ich es eher sehe weltoffenen Menschen, die Konfession (meist alter weißer Männer ) und die Glaubensmaximen folgen, bei kontroversen Themen wie Sterbehilfe oder reproduktiven Rechten unberücksichtigt bleiben. Philosophische Diskurse, gesellschaftliche Diskussionen, die frei von religiösem Einfluss sind, sind ebenso wichtig wie naturwissenschaftliche und medizinische Perspektiven.
Bei aller meiner Kritik an der Zusammensetzung - ich habe mir einige der oben genannten Mitglieder des Ethikrats, Theolog*innen und Personen mit religiösem Hintergrund, wie Petra Bahr angesehen und Zitate gesucht. Die sogar eine weltoffene Denke sehen lassen.
So fand ich das Statement, dass Christen sich nicht neutral zur Frage der Sterbehilfe verhalten können ... "Hilfe zu Lebensperspektiven muss immer im Vordergrund stehen, auch wenn das Hilfsangebot am Ende ausgeschlagen wird." ... "Wenn etwa nicht Krankheit, sondern Einsamkeit und Selbstwirksamkeitsverlust bei Hochbetagten zu Lebensüberdruss führt, liegt die Hilfe gegen diesen Schmerz gerade nicht im gut begleiteten Angebot zum Sterben, nicht mal in einem guten Palliativangebot, sondern in der Möglichkeit, auch im Alter beziehungsreich zu leben."
... auch wenn man bei diesen Aussagen zwischen den Zeilen lesen und hören muss - sehe ich da Licht. Wo Schatten ist ist auch immer Licht.
Schlussgedanke:
Damit der Ethikrat in einer pluralistischen Gesellschaft repräsentativ und glaubwürdig bleibt, sollte er die Vielfalt ethischer Standpunkte umfassender widerspiegeln und nicht nur parteipolitische und konfessionelle Interessen vertreten.Wünschenswert wäre ein Ethikrat der eine pluralistischen Gesellschaft repräsentativ und glaubwürdig widerspiegelt
Mitglieder
- Jutta Allmendinger (Professorin / Soziologin)
- Petra Bahr (deutsche evangelische Theologin und seit 2017 Regionalbischöfin)
- Cornelia Betsch (Psychologin und Professorin für Gesundheitskommunikation)
- Hans-Georg Dederer (Jurist)
- Uta Eser (Dr. rer. nat. Umweltethik)
- Aldo Faisal (Professor für Digital Health / Data Science )
- Helmut Frister (Seniorprofessor an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf - Medizin / Patientenautonomie)
- Nils Goldschmidt (Professur für Kontextuale Ökonomik und Ökonomische Bildung)
- Winfried Hardinghaus (Chefarzt der Klinik für Palliativmedizin)
- Ute Kalender (Gastprofessur im Studienschwerpunkt „Theorie und Geschichte“)
- Hedy Kerek-Bodden (Krebs-Selbsthilfe / Frauenselbsthilfe)
- Armin Nassehi (Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie)
- Annette Riedel (Professorin für „Pflegewissenschaft mit dem Schwerpunkt klinische Pflegepraxis und -forschung“)
- Frauke Rostalski (Bio-/Medizinrecht und -ethik / Vulnerabilität und Freiheit)
- Kerstin Schlögl-Flierl (Moraltheologin)
- Susanne Schreiber (Professur für Theoretische Neurophysiologie)
- Josef Schuster (Internist / Zentralrat der Juden in Deutschland)
- Muna Tatari (Islamforscherin)
- Gregor Thüsing (Professor und Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit)
- Achim Wambach (Professor für Volkswirtschaftslehre)
- Eva Winkler ( Medizinethik / Datenethik / Forschungsethik)
- Elisabeth Gräb-Schmidt ** (Direktorin des Instituts für Ethik an der Evangelisch-theologischen Fakultät)
- Armin Grunwald ** (Professor für Philosophie und Ethik der Technik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)) (Der katholische Moraltheologe Jochen Sautermeister soll im Februar kommenden Jahres dem dann ausscheidenden Armin Grunwald nachfolgen)
- Mark Schweda ** ( Professor für Ethik in der Medizin)
- Judith Simon ** (Professorin für Ethik in der Informationstechnologie)
** sind bereits Mitglieder des Rates. Sie wurden während der vergangenen Amtsperiode berufen, und ihre Amtszeit ist noch nicht abgelaufen.
Comments
Post a Comment