Sterbehilfe - Was ist erlaubt?

Sterbehilfe - Was ist, wo und wie erlaubt? In diesem Artikel möchte ich einen Überblick nicht nur für Deutschland geben sondern auch für andere Staaten. Dieser Artikel wurde nach besten Wissen zusammengestellt.

Deutschland

Im Februar 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht: "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. (...) Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen."

Das Gesetz zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe ist seitdem verboten und nicht mehr gültig. Betroffene, Sterbehilfe-Vereine und Ärzte hatten dagegen geklagt. Wer Hilfe beim Sterben will, kann sie nun wieder bekommen. Diese Recht ist in Deutschland ist nicht neu - diese Recht bestand in Deutschland mindestens seit 1871. Das Recht Sterben zu können und dabei die Beihilfe zum Sterben, zu einem Freitod, zu bekommen und dass diese Hilfe durch Ärzte und oder damit erfahrenen Organisationen gesichert stattfinden kann und nicht eingeschränkt wird. Beihilfe zum Sterben kann bedeuten, ein Medikament mit tödlicher Wirkung zu beschaffen oder bereitzustellen. Einnehmen muss die / der Sterbewillige, die Person die sterben möchte, es selbst - dies kann durch orale Einnahme oder eine Infusion stattfinden die von der sterbewilligen Person gestartet werden muss. Auch der Venenzugang und die Vorbereitung der Infusion gehören zu den straffreien helfenden Tätigkeiten und dürfen vom Arzt und jeder helfender Person vorgenommen werden.
Am 6.Juli 2023 hat der Bundestag über zwei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe abgestimmt die beide keine Mehrheit fanden - weitere Informationen dazu hier.

Formen der Sterbehilfe

  • Aktive oder direkte Sterbehilfe - Als aktive Sterbehilfe bezeichnet man die Tötung eines anderen Menschen auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin. Dies schließt auch jede geringfügige Lebensverkürzung, die durch aktives Tun verursacht wird ein. Dies ist verboten und in der Regel liegt im Ergebnis eine Tötung auf Verlangen nach oben beschriebenen § 216 StGB vor, selbst dann, wenn der „Täter“ durch ein ernsthaftes und ausdrückliches Tötungsverlangen zur Tötung bestimmt wurde. Liegt die Tatherr­schaft nicht beim Sterbewilligen, sondern bei einem „Dritten“, macht sich dieser strafbar. Die aktive Tötung eines Menschen ist im Strafgesetz­buch in den § 212 (Totschlag) und  § 216 (Tötung auf Verlangen) unter Strafe gestellt.
  • Indirekte Sterbehilfe - Die indirekte Sterbehilfe wiederum bezeichnet einen Fall, in dem Medikamente verabreicht werden, die zur Linderung von Leiden führen sollen wie Schmerzen oder Angst, aber gleichzeitig einen vorzeitigen Tod bewirken können. Ein Beispiel für diese Form ist die Verabreichung von Opium, welche in früheren Jahrhunderten durchgeführt wurde. 
    Die eintretende Lebensverkürzung ist in der Regel als Nebenfolge unbeabsichtigt und unvermeidbar. Das Handeln ist grundsätzlich nach § 34 StGB (Notstand) gerechtfertigt, wenn die medikamentöse Schmerzlinderung im Einklang steht mit dem tatsächlichen Willen des Sterbenden steht.
  • Passive Sterbehilfe - Die passive Sterbehilfe ist das Unterlassen oder Einstellen lebenserhaltender Maßnahmen im Falle einer Krankheit oder nach einem Unfall. 
    Die passive Sterbehilfe kann in den Fällen vorliegen, wo lebenserhaltende Maßnahmen beim Sterbenden unterlassen oder abgebrochen werden. Die passive Sterbehilfe ist im Ergebnis strafbar und es liegt dann ein Totschlag durch Unterlassen nach § 212 StGB vor. Eine eindeutige Patientenverfügung, klare und gute Dokumentation kann dies sehr gut verhindern.
  • Assistierte Sterbehilfe - Die Beihilfe zur Selbsttötung, auch assistierte Selbsttötung betitelt, oder auch Suizidbeihilfe und assistierter Suizid genannt, ist das Beschaffen und/oder Bereitstellen der Mittel für einen Sterbewilligen. Bis hin zum Anlegen eines Venenzugangs, dem Vorbereiten, Bereitstellen und Anlegen einer Infusion - dies sind alles straffrei vorbereitende Handlungen. (Weitere Informationen hier zur Organisation etc.) Ein Hauptmerkmal, auch von rechtlicher Perspektive, liegt bei der Tatherrschaft, das heißt zum Beispiel der / die Sterbewillige/n nimmt das Medikament eigenständig ein oder öffnet die Infusion.








Wie sind die Regelungen aktuell außerhalb von Deutschland

Aktive Sterbehilfe ... ist in den meisten Ländern Europas verboten, lediglich in den Niederlanden, in Luxemburg, Belgien und in Spanien ist sie legal. In Spanien ist aktive Sterbehilfe durch einen Arzt oder eine Ärztin seit 2021 für unheilbar Kranke erlaubt. Psychische Erkrankungen sind von der Sterbehilfe ausgenommen. Im Mai 2023 billigte auch das Parlament in Portugal einen Gesetzesentwurf zur aktiven Sterbehilfe in Ausnahmefällen (die Einspruchsfrist läuft noch). 

Die Niederlande und Belgien gelten dabei als liberale Vorbilder: Aktive Sterbehilfe ist hier seit 2002 erlaubt. Allerdings muss die Person den Suizidwunsch freiwillig äußern und sich in einer medizinisch ausweglosen Situation befinden. In Belgien, den Niederlanden und Luxemburg dürfen zudem auch Minderjährige Sterbehilfe in Anspruch nehmen, wobei in den Niederlanden und in Luxemburg dafür die Zustimmung der Eltern benötigt wird.

Auch in Kanada und Kolumbien ist die Verabreichung eines todbringenden Medikaments auf Wunsch hin erlaubt oder gerichtlich zugelassen.

Update 26.Dezember 2023 - Kuba hat kurz vor Weihnachten 2023 beschlossen Sterbehilfe und auch aktive Sterbehilfe gesetzlich zu erlauben, leider wie aus Kuba üblich, ist es schwer an weitere Detail der Regelung zu kommen - aktuell fanden sich nur Quellen bei REUTERS (https://t1p.de/7vfri) und der Havanna Times (https://t1p.de/a6h05)

Assistierte Sterbehilfe - Die Beihilfe zur Selbsttötung, auch assistierte Selbsttötung betitelt, oder auch Suizidbeihilfe und assistierter Suizid genannt, ist in vielen Staaten erlaubt und möglich, wie oben gesagt auch in Deutschland. Die Schweiz gilt darüber hinaus als das prominenteste Land in Europa, in dem Beihilfe zum Sterben legal ist. Neben Deutschland, und der Schweiz sind dies Finnland und Österreich wo eine ärztlich assistierte Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen zugelassen.

In Neuseeland sowie in Australien ist ärztlich assistierte Sterbehilfe ebenfalls erlaubt, in den australischen Bundesstaaten Victoria und Queensland dürfen Kranke zudem aktive Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen in Anspruch nehmen.

In Frankreich steht eine Legalisierung der Sterbehilfe noch aus. Präsident Emmanuel Macron hatte in seinem Wahlkampf versprochen, aktive Sterbehilfe oder Beihilfe zum Suizid nach dem Vorbild von Belgien oder der Schweiz zuzulassen. Eine Bürgerkonvention stimmte bereits für das Vorhaben ab, welche dem Präsidenten als Empfehlung dienen soll. Bis Ende 2023 will Macron ein neues Gesetz zur Sterbehilfe umsetzen.

Unterschiedliche Regelungen in den USA - Ähnlich wie in Europa handhaben auch in den USA die einzelnen Staaten den sogenannten „Death with Dignity“ sehr unterschiedlich. In allen Bundesstaaten ist aktive Sterbebeihilfe verboten. Der ärztlich assistierte Freitod ist hingegen in sechs Bundesstaaten erlaubt. Oregon ist dabei Vorreiter: Bereits seit 1997 gilt hier das Recht auf ein assistiertes Sterben. Auch in Washington, New Mexico, Vermont, Montana und Kalifornien ist dies möglich.

Passive und indirekte Sterbehilfe ... sind hingegen in den meisten europäischen Ländern legal, in Schweden, Italien, Ungarn, Irland oder Norwegen jedoch nur unter strengen Bedingungen.

In arabischen und asiatischen Ländern ... gilt Sterbehilfe jeglicher Art aufgrund kultureller oder religiöser Hintergründe als Tabuthema.
Auch in Polen ist jegliche Beihilfe zum Suizid oder passive Sterbehilfe verboten.
In Indien wurde hingegen 2018 passive Sterbehilfe zugelassen - allerdings nur unter strengen Bedingungen.


Eine Sonderform des Freitod stellt das Sterbefasten da

Sterbefasten - FVNF - Freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit

Aufklärung und Information zur palliative Sedierung


Kontraverse um selbstbestimmten Sterben

Sterbehilfe - Kritiker & Gegner

Gedanken zum selbstbestimmten Sterben

Sterben und Tod sollte und darf keine Tabus mehr sein.


Hilfe finden bei Überlegungen zum Freitod

Arztgespräch zur Sterbehilfe

Sterbehilfe-Organisation, Hilfe finden, Kosten


Hilfe finden bei einer suizidalen Krise / Suizidgedanken

In Deutschland existiert eine Vielzahl verschiedener Hilfsangebote, an die sich Betroffene wenden können. Neben den Angeboten von lokalen Einrichtungen hier ein paar Rufnummern.

Suizidgedanken - Was tun?


Verschiedene Quellen:

Weitere Informationen zu Sterbehilfe in Belgien und Antragsformulare hier bei dem Dienst der Öffentlichen Gesundheit Belgien 




Telefonseelsorge, bundeseinheitliche Nummern

http://www.telefonseelsorge.de/

Tel. 0800 -111 0 111 Evang.

Tel. 0800 -111 0 222 Kath.

Tel. 116 123


Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche

https://www.nummergegenkummer.de/

Tel. 116 111


Nummer gegen Kummer für Eltern

https://www.nummergegenkummer.de/

Tel. 0800 - 111 0 550


Nationale Kontakt- und Informationsstelle (NAKOS) zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen

https://www.nakos.de/

Tel. 030 - 31 01 89 60





Comments

  1. Anmerkung für meine Freunde, Kollegen und Bekannten in Großbritannien - Der Suicide Act von 1961 und der Criminal Justice Act (Nordirland) von 1966 machen es zu nach wie vor zu einem Straftatbestand, den Selbstmord einer anderen Person zu fördern oder zu unterstützen. Das schottische Recht enthält kein spezifisches Verbot der Beihilfe zum Sterben, aber jeder, der dies tut, kann wegen Mordes oder schuldhafter Tötung angeklagt werden.

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