Die palliative Sedierung

Patienten mit fortgeschrittenen unheilbaren Erkrankungen wünschen sich einen Sterbeprozess ohne „leiden zu müssen“. Die heutige Medizin bietet viele Möglichkeiten zur Kontrolle von Symptomen, Schmerzen, etc. - jedoch gelingt nicht immer eine zufriedenstellende Linderung von unerträglichen physischen und psychischen Symptomen. 

Oft aber ist es der Fall, dass Behandlungsansätze, Therapien etc. keine lindernde Wirkung zeigen bzw. unzumutbare Nebenwirkungen eintreten lassen, in solchen Fällen kann eine Palliative Sedierung  eine Option sein. Bei einer Palliative Sedierung handelt es sich um den zeitlich begrenzten oder permanenten Einsatz bewusstseinsdämpfender Medikamente. Ziel der Palliative Sedierung ist eine suffiziente Leidenslinderung zu erreichen und den Sterbeprozess bei extremer Fällen erträglicher zu machen - Ziel ist nicht das Sterben selber.

In diesem Zusammenhang will ich kurz auf die Terminaler Sedierung eingehen. Es muss ein Unterschied zwischen Palliativer und Terminaler Sedierung gemacht werden - von der Seite der Behandlung und der Verfahrensweise ist kaum ein Unterschied bestimmbar, aber um so mehr von der Intention ...

  • mit der palliativen Sedierung wird eine Symptomkontrolle beabsichtigt,
  • mit der terminalen Sedierung die Beendigung des Lebens. 

Ich stehe der terminalen Sedierung kritisch gegenüber - aber halte sie für notwendig in besonderen Fällen.

Grundsätzlich handelt es sich bei der Palliativer und Terminaler Sedierung um die Gabe stark beruhigender, sedierender Medikamente. Da prinzipiell die Möglichkeit besteht, den Tod der Patienten durch eine solche Sedierung zu beschleunigen, ist die Grenze zwischen terminaler Sedierung und Sterbehilfe unscharf oder strittig. Viele Mediziner bevorzugen aus diesem Grund den Begriff palliative Sedierung - aber dies ist von Rechtlicher Betrachtung mehr als kritisch. Wie oben gesagt es geht um die Intention und die Patientensituation - und damit um das Strafrecht.

Das Strafrecht ist recht eindeutig. Wenn eine Sedierung (unabhängig vom Adjektiv das voran gestellt wird - ich hoffe meine Leser verstehen diesen Humor) auf Wunsch des Patienten geschieht, ist dies nach § 216 des Strafgesetzbuches als Tötung auf Verlangen strafbar.  Somit ist eine palliative Sedierung, in der der Patient letztlich an Flüssigkeitsmangel verstirbt ohne Strafbarkeitsrisiko nur möglich, wenn es eine entsprechende Indikation gibt, also entweder nur damit zu lindernde körperliche Leiden oder auch die Feststellung eines „unerträglichen seelischen Leidens" als Indikation vorliegen. Wichtig: Dies MUSS sich dann klar aus der Dokumentation als ärztlicherseits festgestellte Indikation ergeben.
Aber auch wichtig zu betonen:
Die palliative Sedierung ist als Behandlungsmaßnahme erlaubt. Es handelt sich auch nicht, wie manchmal von Medizinern befürchtet, um eine strafbare Form der aktiven Sterbehilfe, wenn oben genannte Faktoren peinlichst genau eingehalten werden.


Nochmals zusammenfassend:

Eine palliative Sedierung dient dazu, einem Menschen mit großem Leid zu helfen. In Anbetracht der individuellen Empfindung, Bewertung des Leidens, der Krankheit bzw des langsamen Sterbens oder Warten auf das Sterben eines Menschen, gibt es bei der palliativen Sedierung unterschiedliche Ansätze, um dieses Leid übergangsweise oder langfristig zu behandeln. Eine palliative Sedierung sollte gut überlegt und mit großer Sorgfalt umgesetzt werden. Sie kann unter gewissen Voraussetzungen in interdisziplinärer Zusammenarbeit und auch in Kombination mit Sterbefasten durchgeführt werden und zwischen erfahrenen Palliativmedizinern und Hausärzten in der stationären (Hospiz, Palliativ Einrichtungen) aber auch ambulanten Versorgung schwerstkranker und sterbender Patienten eingeleitet und begleitet werden.

Es gibt verschiedene Formen der Sedierung, die im Kontext der Palliativen Sedierung stehen:

  • Leichte Sedierung - diese stellt eine veränderten Bewusstseinszustand her - es ist dem Patienten noch möglich, verbal zu kommunizieren.
  • Tiefe Sedierung - deutlich veränderter Bewusstseinszustand - es ist dem Patienten nicht mehr möglich verbal zu kommunizieren.
  • Intermittierende Sedierung - Veränderung des Bewusstseinszustand für einen klar definierten Zeitraum - jedoch nach diesem Zeitraum werden die sedierenden Medikamente wieder reduziert, um den Patienten aufwachen zu lassen - um dann mit dem Patienten zu besprechen, ob die Symptomlast gelindert oder die Fortsetzung der Sedierung weiterhin notwendig und gewünscht ist - findet meist beim Sterbefasten Anwendung
  • Kontinuierliche Sedierung - Wie die Bezeichnung aussagt wird diese Sedierung ohne Unterbrechung und für einen unbestimmten Zeitraum fortgesetzt bis zum Versterben des Patienten. Hierbei sind die Leitlinien des EAPC (European Association for Palliative Care, die Europäische Vereinigung für Palliativmedizin und Pflege) zu beachten.



In diesem Kontext Informationen zum - Sterbefasten - FVNF - Freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit




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