Sterbefasten - FVNF - Freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit

In der Diskussion um Sterbehilfe und dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen auf Selbsttötung, sehen ich keinen Grund, warum der Mensch den Zeitpunkt seines eigenen Todes nicht selber festlegen und sich das Leben nehmen darf. 

Ist es nicht unser aller Wunsch sanft aus dem Leben scheiden, das möchte wohl jeder. Insbesondere wenn das Leben schon leidvoll ist, dass man es beenden will. Oft hört man und liest man, dass das Sterbefasten der Weg dazu sei. Doch wie sanft ist Sterbefasten wirklich?

Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit mit der Absicht, aus dem Leben zu scheiden (FVNF), auch „Sterbefasten“ genannt, wird zunehmend als Alternative zur Tötung auf Verlangen diskutiert. Eine andere Abkürzung bzw. Bezeichnung ist auch FVET „Freiwillige Verzicht auf Essen und Trinken“.

Wird das Sterbefasten von Fachpersonen begleitet wird es oft als würdevoll beschrieben – aber es gibt auch viele andere Aussagen – ich kann hier keine Zahlen liefern. Aber es läßt sich sagen dass es den meisten, den Umständen entsprechend, gut geht mit dem Sterbefasten.

Nach ungefähr zwei  Tagen schaltet der Körper in den Fastenmodus und produziert Endorphine, Stoffe, die für ein Glücksgefühl sorgen. In diesen Tagen gibt es eine Reihe von Sterbefastenden diese fangen in diesen Tagen nochmal mit Essen und Trinken an, weil sie wieder an Lebenslust gewonnen haben. 

Berichten zu Folge lässt der Durst nach drei bis 7  Tagen fast komplett nach. 

Nach etwa fünf bis sieben Tagen konsequenten Fastens stellen sich die Nieren um – und der Prozess ist nicht mehr umkehrbar. Da die Toxine, die ansonsten über den Urin ausgeschieden werden, nicht mehr entsorgt werden können, stauen sie sich im Körper und lassen den Sterbenden immer schläfriger werden und eine Reihe von Sterbenden haben dies als angenehm empfunden. Bei einem Teil der Menschen ist der Geist über die volle Dauer sehr bewusst und sehr klar sein. In der zweiten Woche kommt es dann aber auch bei Einigen häufig zu Delirien sowie starke Verwirrung und Unruhe. Viele schlafen dann sozusagen hinüber und sterben an einem Herzstillstand.

Manche Menschen bekommen im Sterbeprozess – und das ist beim Sterbefasten nicht anders – Beschwerden wie z.B. Schmerzen oder starke Unruhe, in der sie medizinische Unterstützung benötigen.


Beschwerden der Sterbefastenden waren ...

  • 35 %  Panik- und Angstattacken 
  • 40 %  Atemnot
  • 41 %  Übelkeit 
  • 48 %  Schmerzen 
  • 52 %  Durst, Hunger  -  wie oben geschrieben bei dieser Aufstellung geht es um Beschwerden verspüren - dies heißt nicht, dass 48 %  keinen Durst oder Hunger hatten, aber damit klar kamen.

Um diese Symptome zu mildern, werden die Personen in manchen Fällen sediert, das heisst mit Medikamenten schläfrig oder in einen tiefen Schlaf versetzt. Beim Sterbefasten wird dies aber als kritisch erachtet. In der Schweiz ist dies umstritten - die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW schreibt in deren ethischen Richtlinien: "Eine Sedierung zur Unterdrückung von Hunger- und Durstgefühlen ist nicht zulässig." In Deutschland ist eine Sedierung unter Auflagen möglich, diese muss der Arzt aber detailiert und nachprüfbar belegen.

Die angeratenen Vorkehrungen zur ärztlichen und pflegerischen Betreuung sind erheblich. Es wird unter anderen empfohlen, nicht mit dem Sterbefasten zu beginnen, bevor die Begleitung durch einen Arzt und eine Palliativpflege besprochen wurde. Ein großes Thema ist in jedem Fall die Schmerzlinderung und die Mundpflege insbesondere wenn der Sterbewillige eine Zahnprothesen hat, sie können Reizungen verursachen. In vielen Fällen wird ein Anti-Dekubitus-Matratze wichtig sein. Und auf der rechtzeitigen Entleerung des Darmes in den ersten Tagen sollte geachtet werden ggf durch ein mildes Abführmittel.

Aber die häufigste Frage die ich höre – Wie lange kann das dauern – nun das ist sehr individuell – ich habe eine Reihe Quellen recherchiert und kann mit euch diese Tabelle teilen:

Dauer / Tagen

Staat / Land

Pflegeheim / Zuhause / Hospiz

Alter

Geschlecht

6

Süd Afrika

Zuhause

80

Männlich

6

Großbritannien

Pflegeheim

58

Männlich

7

Deutschland

Zuhause

64

Weiblich

7

Deutschland

Pflegeheim

74

Weiblich

8

Deutschland

Zuhause

83

Weiblich

9

Niederlande

Pflegeheim

74

Männlich

10

Niederlande

Pflegeheim

84

Männlich

10

USA

Pflegeheim

90

Weiblich

10

Schweiz

Pflegeheim

87

Weiblich

11

Niederlande

Pflegeheim

83

Weiblich

11

Niederlande

Pflegeheim

86

Männlich

11

USA

Zuhause

66

Weiblich

11

USA

Pflegeheim

99

Männlich

11

USA

Zuhause

89

Weiblich

11

USA

Zuhause

81

Weiblich

11

USA

Zuhause

80

Männlich

12

USA

Zuhause

88

Weiblich

13

Deutschland

Zuhause

83

Weiblich

13

Deutschland

Zuhause

88

Weiblich

14

Deutschland

Zuhause

86

Weiblich

14

Schweiz

Zuhause

85

Männlich

18

Kanada

Pflegeheim

64

Männlich

20

USA

Pflegeheim

62

Weiblich

> 21

Niederlande

Zuhause

86

Weiblich

23

Schweiz

Pflegeheim

78

Männlich

24

Deutschland

Hospiz

56

Weiblich

31

Deutschland

Zuhause

52

Weiblich

35

Großbritannien

Zuhause

86

Weiblich

40

Deutschland

Pflegeheim

88

Männlich

55

Deutschland

Hospiz

87

Weiblich


Schlussgedanke:

In meinen Augen und meine persönliche Erfahrungen, die ich auch von Angehörigen wieder und wieder hörte war, dass Sterbefasten oft nicht würdevoll ist, Tage, manchmal Wochen warten auf das Ende. Stunden und Minuten der Hilflosigkeit und stets doch den Willen zum Durchhalten zu behalten. Angehörige die da sind oder zu Besuch kommen und einen langsam sich verändernden Menschen erleben. Statt ein sanftes Herübergleiten auf eine 'andere Seite' durch ein Medikament. 

Ich nutze den Ausdruck "Sterbefasten" auch wenn ich den Begriff Sterbefasten für irreführend und verharmlosend ansehe.
Ich finde es ohne hin für wichtig - sich bewußt zu sein welche Worte man verwendet, auch sonst in unserem gesellschaftlichen Leben, man sollte einen Freitod und würdiges Sterben, Sterbehilfe welche mit Selbstbestimmung, Freiheit und Würde verknüpft sind - nicht mit den Gedankenbildern verbinden die einem bei Worten wie Suizid, Euthanasie, Selbstmord, Selbsttötung in den Sinn kommen, die mit Brutalität, Gewalt und Verzweiflung verbunden sind. (Hierzu ein Artikel: Suizid & Freitod - Unterschiedliche Worte, Anlässe und Unterschiedliche Bedeutungen)
Der Tod durch Nahrungs- und Flüssigkeitsverweigerung ist in meinen Augen ein gewaltsamer Tod. 

Die Selbsttötung durch bewusstes Verhungern und Verdursten wird häufig als friedvoller, selbstbestimmter Tod dargestellt. Gegen diese Verharmlosung möchte ich mich wenden - aber wer es nun einmal will - weshalb auch immer - sollte aber auch wissen wie lange es dauern kann und dass man es nie ohne fach- und sachgerechte  Begleitung und Hilfe tun sollte.

Wie gesagt meine Haltung ist nicht positiv gegenüber der Verzicht auf Essen und Trinken - weil es sehr oft qualvoll für den Sterbenden ist  und  immer qualvoll für die Menschen die den Sterbenden dabei zuschauen müssen.


Quellen:

http://www.sterbefasten.org/fallbeispiele 

https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/sterbefasten-statt-sterbehilfe-am-achten-tag-war-sie-tot-und-laechelte/12912406.html

https://www.welt.de/regionales/hamburg/article172376183/Sterbefasten-Als-sie-lebenssatt-war-hoerte-sie-auf-zu-essen.html

http://www.zeit.de/2014/16/sterbefasten-natuerlicher-suizid

https://www.ksta.de/region/rhein-sieg-bonn/troisdorf/-ich-klage-an--die-traurige-geschichte-hinter-der-todesanzeige-von-klaus-grosch-32550778?cb=1640251501890&

https://www.palliaviva.ch/alle-sprechen-von-sterbefasten-aber-kaum-jemand-hat-erfahrung-damit/














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