Suizid & Freitod - Unterschiedliche Worte, Anlässe und Unterschiedliche Bedeutungen
Begriffe
Ein Mensch nimmt sich das Leben. Wie immer beim Sterben und Tod fehlen uns die Worte und die Worte die wir finden Beschreiben das was ist, das was wir sehen, das was für empfinden.
Die Begriffe, die wir dafür wählen, sind aber mehr als ein Wort - Worte stellen eine Verbalisierung unserer Gedanken, Vorstellung und unserem Verständnis dar - lassen bei anderen Menschen wieder eigene Verständnisse wachsen und spiegeln Bilder und Vorstellungen wieder. Diese Worte transportieren auch eine Wertung - Wertungen des Geschehnis. Sie sagen also auch etwas darüber aus, was wir für «gut» empfinden oder auch anders.
Im Wort Selbstmord ist der prägende Wortbestandteil 'Mord' - Mord steht allgemein für ein vorsätzliches Tötungsdelikt, dem gesellschaftlich ein besonderer Unwert zugeschrieben wird. Unwert ist ein Begriff aus dem Strafrecht, der die Existenz einer Sache als unwürdig einordnet (Handlungsunwert und Gesinnungsunwert). Als nächster wortverwandter Begriff haben wir das Wort Selbsttötung bei dem es sich wie beim Selbstmord verhält - Gewalt gegen sich selber.
Die lateinische Bezeichnung "Suizid" (Suicid = Tötung seiner / selbst = sui „seiner [selbst]“ und caedere „töten, morden“) hat nun einmal seine begriffliche Nähe zur Suizidalität. Suizidalität der psychischen Zustand, in dem Gedanken, Phantasien, Impulse und Handlungen anhaltend, wiederholt oder in krisenhaften Zuspitzungen darauf ausgerichtet sind, durch den eigenen Tod sich dem Leben zu entziehen / zu fliehen.
Ein Freitod ist eine andere Gedankenwelt - Die Bezeichnung Freitod steht dafür, dass sich ein Mensch im Bewusstsein seines Geistes, Wohlerwogenheit und selbstbestimmt ableben will - Beendigung des eigenen Lebens, welche unter vollstem Bewusstsein und durch den eigenen, freien Willen vollzogen wird / werden soll.
Der Umgang mit dem Leben und dem Sterben und damit dem Tod ist überaus bedeutsam und eng verbunden mit der Freiheit und Selbstbestimmung und individuell definierten und empfundenen Würde. Menschen können wahrlich nicht immer so frei handeln oder so lange frei handeln wie diese Menschen es gerne wollten oder können, und die moderne Medizin legt uns wohl häufig mehr Zwänge (Freiheitseinschränkungen) auf, als vielen lieb ist, aber bei allem dem muss man jedem die Selbstbestimmung erlauben und ermöglichen.
Sichtweise und Selbstverständnis
Zunächst zitiere ich meine Frau:
» Mein Leben ist abgelebt - ich hatte soviel - Ich hatte ein Leben – ich habe jetzt kein Leben mehr, weil ich meine Bedürfnisse nicht mehr selbstbestimmt ausleben und leben kann. Ich will nicht mehr abhängig sein, will nicht in einem Pflegeheim betreut werden und den Verfall meines Körpers weiter erleiden. Ich will dieses Leben endlich beenden, will in Würde sterben! «
Aus ethischer und gesellschaftlicher, aber auch rechtlicher Sicht ist darum gerade für die Situationen, in denen Menschen ihrem Leben selber ein Ende setzen, vorsichtig mit den Begriffen umzugehen. Während der "Selbstmord" das Geschehene schon im Begriff negativ und als gewaltsam und Untat wertet, ist der "Suizid" eine Flucht aus dem Leben und zudem erinnert der Begriff "Suizid" an so viele schwarze und grausame historisch-geschichtliche Grausamkeiten, nicht nur in der Deutschen Geschichte. Für mich und viele Menschen die sich intensiv mit Menschen, mit Schicksalen und noch viel mehr mit den Beweggründen und Motivationen auseinandergesetzt haben stellt der Begriff "Freitod" mit dem Wortbestandteil "Freiheit" die Eigenbestimmtheit und Würdigkeit dar - freiheitlich Sterben. Aus psychiatrischer Sicht handelt es sich beim "Freitod" um eine Form der rationalen Bewältigung - einen Vorgang, bei dem für ein Verhalten verstandesmäßige Gründe angeführt werden.
Unter dem Begriff Freitod verstehe ich, dass ein Mensch mit einer zu tiefsten Wohlerwogenheit, in vollem Bewusstsein der Alternativen, einer persönlichen Abwägung, individuellen Verständnis des eigenen Sein, des eigenen Lebens zu dem Entschluss kommt, in einem selbstbestimmten und selbst empfunden Frieden aktiv oder passiv seinem Leben ein Ende setzt kann oder durch Hilfe Dritter ableben kann.
Für alle Kritiker des Freitod ein paar Zahlen und Fakten
Für alle Kritiker des Freitodes und der Hilfe für eines würdigen und selbstbestimmten Sterben möchte ich gerne die Zahlen für Deutschland für das Jahr 2021 nennen. Und zur zeitlichen Verdeutlichung, dies ist das Jahr ein Jahr nach dem das Bundesverfassungsgericht für Deutschland das unsägliche Strafrechtsgesetz §217 für Verfassungswidrig beurteilte und urteilte.
346 Freitode / Sterbehilfe / Sterbebegleitungen in 2021 (weniger als ein einziger Freitod für ganz Deutschland) standen m Jahr 2021 in Deutschland insgesamt 9 215 Personen durch Brutalsuizide gegenüber (das waren über 25 Personen pro Tag) Tage an denen Menschen sich durch Selbstvergiftung, Erhängen, Strangulierung, Ersticken, Ertrinken, Handfeuerwaffe ... Brutalsuizide bei denen ein vielfaches an Menschen einbezogen, mitverletzt, traumatisiert wurden.
Kommentare sind willkommen werden von mir gelesen und auch, wenn möglich, beantwortet jedoch nicht veröffentlicht.
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