Sterbehilfe - Organisation, Hilfe finden, Kosten

Seit die Begleitung in den Freitod, der assistierten Sterbehilfe, nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 über die Zulässigkeit organisierter Sterbehilfe wieder legal ist, können Menschen entscheiden ob deren eigenes Leben noch OK und würdig ist oder auch ein Leben mit Leiden, Schmerzen und oder persönlich definierte Würdelosigkeit ein Ende haben soll. Und diese Menschen haben nun wieder die Option entweder selbst organisiert sich Hilfe durch Ärzte und ggf notwendige Helfer zu suchen oder die Hilfe einer Sterbehilfeorganisationen in Deutschland in Anspruch zu nehmen und wieder wie vor 2015 einen Freitodbegleitungen durchzuführen. 


Deutsche dürfen wieder zu Hause sterben

Die Jahre, dass Sterbewillige aus Deutschland in der Schweiz die Hilfe von Dignitas in Anspruch nehmen mussten, ist damit wohl vorbei. Auch wenn nach wie vor die Schweizer Sterbehilfe-Organisation Freitodbegleitungen für Deutsche anbietet werden nun diese Freitodbegleitungen in Kooperation  mit Dignitas Deutschland in Deutschland durchgeführt und begleitet und dies meist bei den Sterbewilligen an derem Wunschort. (Recht auf Selbstbestimmtes Sterben in Deutschland) Auch wenn der Arzt der hilft aus einem der Bundesländern kommen muss / bzw Mitglied in einer der Landesärztekammern sein muss in dem der Arzt nicht mit Restriktionen oder gar Berufsverbot rechnen muss - ist die Freitodbegleitungen davon unabhängig.


Nach wie vor ein Zündstoff

Bis zum Urteil der Karlsruher Richter war assistierter Suizid in Deutschland von 2015 bis 2020 verboten, lediglich passive sowie indirekte Sterbehilfe war zulässig. Legal ist nun, dass der Arzt einem Sterbewilligen ein tödlich wirkendes Medikament verschreiben und zur Einnahme bereitstellen kann. Den letzten Schritt muss der Betroffene aber weiterhin selbst tun, sei es, den Becher zum Munde zu führen, oder das Rädchen an der Infusionsflasche zu öffnen, wie es meine Frau tat.

Nach wie vor ist die Beihilfe zum Suizid strafbar und verboten in den meisten Europäischen Staaten und weltweit. Liberalisiert ist die Freitodbegleitungen zum Beispiel in der Schweiz, den Niederlanden und Belgien; und auch in Kanada und wenigen Staaten in den Vereinigten Staaten. Fast überall ist die Erlaubnis allerdings auf Menschen beschränkt, die an schwersten Erkrankungen leiden. 
(Überblick der Sterbehilfe weltweit)

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist nun wieder in Deutschland wieder erlaubt unabhängig vom Gesundheitszustand, unabhängig von Motiven oder moralischen Erwägungen. Ich finde dies so wichtig und richtig.

Jedoch Voraussetzung ist, dass die / der Sterbewillige geschäftsfähig und im Vollbesitz deren geistigen Kräfte ist. Ein schriftlich niederzulegenden Gespräch, mit einem Arzt hat auch darzulegen, dass die Freitodentscheidung auf einem freien Willen beruht. Überdies hat der Suizidant darzulegen, dass der Wunsch nach einer Freitodbegleitungen von einer Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit getragen ist, also nicht etwa auf einer vorübergehenden Krise beruht, hier zu habe ich in früheren Artikeln bereits hingewiesen, dass darum frühzeitige schriftliche Niederschriften in Form einer Patientenverfügung und einer Ergänzenden Willenserklärung sehr sehr vorteilhaft ist, sollte es zu solch einem finalen Wunsch kommt. (Die Voraussetzungen die das oben genannte, durch den Arzt, schriftlich niederzulegenden Gespräch sind finden sie 7.Absatz hier)


Würde, Sinn, Qualität im Leben

Um die Worte der Karlsruher Richter aufzugreifen - es geht um das einzigartige Leben eines Menschen - und dem individuellen Verständnisses von Lebensqualität, Sinnhaftigkeit und Grad des subjektiven Wohlbefindens und individuellem Verständnisses von eigener Würde. Und die Richter haben explizit ergänzt, dass es auch um das Recht geht, die Freiheit zu haben für die Sterbehilfe auch Hilfe von Dritten in Anspruch zu nehmen. Die Ärzte haben aber auch sehr deutlich gemacht, dass selbstverständlich niemand auch kein Arzt verpflichtet werden kann, Suizidhilfe zu leisten.

Nach wie vor stehen sehr viele Ärzte der Sterbehilfe sehr kritisch gegenüber aus moralischen, ethischen oder auch aus Gewissensgründen. Die gesellschaftliche Erwartungshaltung und das ärztliche Selbstverständnis ist nun mal, dass Ärzt*innen Krankheiten behandeln, Gesundheit herbeiführen, Leben erhalten und Leiden lindern oder beenden. Wobei letzteres die Ärzteschaft durch Sterbehilfe nun mal für diese Menschen tun würden nämlich "Leiden beenden".

Hier ist die Ärzteschaft und die Ärztekammern neben der Politik gefordert. Lediglich die Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer wurde mit Blick auf das Urteil geändert - und nur wenige Landesärztekammern haben bislang deren §16 der Berufsordnungen überarbeitet - nämlich die Verbotsformulierung, dass Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen, zu überarbeiten.


Wie finden Sie Hilfe zur Sterbehilfe?

Wie oben schon angesprochen Sie brauchen keinen Sterbehilfeverein. Den nach Sterbehilfe Suchenden rate ich wenn sie es alleine oder mit Hilfe von Familie oder Freunden tun wollen, sich in so einem Fall an die Ärzte ihres Vertrauens zu wenden. Das könnten Hausärzte, Fachärzte sein oder auch Palliativmediziner wobei letzteren habe ich nur Nerven und viel Zeit verloren. Da das Selbstverständnis der Palliativmedizin noch einmal ein sehr eigenes Selbstverständnis hat. Aber ich bin mir sicher es gibt auch unter Palliativmediziner ein Herz und irgendwo einen Palliativmediziner der bereit sein könnte Hilfe zu leisten.


Aber es gibt auch die Sterbehilfevereine:

DIGNITAS - Deutschland e.V.

DIGNITAS / Schweiz

Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e V

Schluss.PUNKT - bietet eine ergebnisoffene Beratung am Lebensende - Hinter Schluss.Punkt steht der DGHS und Dignitas

Verein Sterbehilfe


Ablauf der Sterbehilfe

Die Sterbehilfe in Deutschland operieren zurzeit in einer Regelungslücke aber nochmals - auch wenn eine Regelungslücke besteht - es ist legal - die Hilfe ist straffrei!

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber zur Aufgabe gemacht, die Sterbehilfe zu regeln, es gibt auch schon mehrere Gesetzesentwürfe meist Überparteiliche Gesetzentwürfe, die Einigung wurde aber auf die kommenden Legislaturperiode verschoben 😢 .

Jeder Freitodbegleitung muss, nachvollziehbarerweise eine sorgfältige Prüfung vorausgehen. Damit Helfern nicht eine Mord, Todschlag oder eine unterlassenen Hilfeleistung, Verstoß gegen die Garantenpflicht oder andere strafbare Handlungen vorgeworfen werden kann. Diese Prüfung wird von einem Arzt und ggf auch noch durch einen Juristen vorgenommen - je besser der Sterbewillige sich vorbereitet hat auch durch dessen Dokumentation um so eher kann ein Arzt alles notwendige für den Suizidant machen und helfen. Bei dieser Prüfung geht es darum, die Entscheidungsfähigkeit, Dauerhaftigkeit des Suizidanten auszuloten, einen impulsiven Entschluss auszuschließen.

Grundsätzlich haben die Helfer nach der Durchführung des Freitod die Polizei informieren. Die Polizei wird routinemäßig den Rettungsdienst rufen und auch die Kriminalpolizei / Kriminaldauerdienst. Wenn die Polizei da ist, wenn der Rettungsdienst und Notarzt da ist zeigen sie diesen Leuten die Dokumente die sie mit den Ärzten erstellt haben. Und natürlich die Befreiung und Modifikation der Garantenpflicht. Alle Anwesenden werden als Zeugen vernommen - sie müssen keine Aussage machen - verweisen sie auf die Dokumentationen.
Danach wird ein Arzt zur Feststellung des Todes gerufen. Ich empfehle dies im Voraus mit dem Hausarzt zu besprechen - sie kennen ja den Tag und etwaige Uhrzeit - dann kommt der Arzt ihres Vertrauens. Danach wird dann von der Polizei / Kriminalpolizei / Kriminaldauerdienst den Leichnam freigeben und sie können ihr Beerdigungsunternehmen rufen.


Kosten

Wenn man es alleine organisiert:

Arztgespräch 500,- bis 1000,-   (wir hatten bislang einen Fall in dem der Arzt 169,80 berechnet hat - bislang ein Einzelfall)

Medikament 50.- bis 150,-

Ggf Kosten für die Befreiung der Garantenpflicht - kann man selber erstellen oder von Anwalt*in erstellen lassen - oder wird im Regelfall von dem Sterbehilfeverein erstellt.

Sprich ohne einen Sterbehilfeverein sollte man 550,- bis 1150,- Euro kalkulieren.

Ggf. Ist ein  ein Psychiatrisches Gutachten über Urteilsfähigkeit nötig dieses sollte mit Kosten von 150,- bis 500,- abgedeckt sein -  in meinen beiden Fällen lag die Kostennote einmal bei etwas über 160,-Euro und beim anderen Fall 250,-Euro.

Die Kosten basieren auf den Kosten die ich bei den von mir begleiteten Freitodbegleitung bislang hatte.



Wenn man es mit einem Sterbehilfeverein machen möchte:

Sterbehilfeverein berechnen für die FTB Freitodbegleitung Summen die hoch klingen, jedoch ist jedem Außenstehenden und Sterbewilligen bei Nachvollziehen der Risiken der Vereine, Abdeckung von zuvor geschehen unentgeltlichen Leistungen und Beratungen und den Risiken (Gerichtskosten, Beratungskosten der Helfer etc.) leicht verständlich, wie diese Summen entstehen: 

1.500,- bis 5.000,- in Deutschland   

7.500,- bis 12.000,- in der Schweiz


Mitgliedsbeiträge  der Sterbehilfeverein 

DGHS - Jahres-Betrag  (Stand 03.2023)

  • 25,- (Sozial Beitrag)
  • 55,- (Ehepaare pro Person)
  • 60,-  'Standard'
  • zu Förderung kann man den Vereinen auch mehr zukommen lassen.

DIGNITAS Deutschland  (Stand 03.2023)

  • Aufnahmegebühr 120,00 EUR
  • Monatsbeitrag 20,00 EUR

Ermäßigung bei Vereinsbeitritt vor Vollendung des 40. Lebensjahres
  • Aufnahmegebühr 70,00 EUR
  • Monatsbeitrag 11,00 EUR



Randbemerkung an dieser Stelle.

Die Kosten basieren auf den Kosten die ich bei den von mir begleiteten Freitodbegleitung bislang hatte.

Wenn ich mir die Gebührenordnung für Ärzte GOÄ(Stand.Aug.2013) ansehe, kann ich die Kostennoten die ich bislang hatte und in der obige Liste auflistet habe, nur als Kulant ansehen. Wenn man nun bedenkt das Prüfung der Unterlagen durch den Arzt Zeit beansprucht, das notwendige Gespräch mit dem Sterbewilligen, ggf. Gespräche mit den Angehörigen und die Niederschrift durch den Arzt oder einer seiner Assistenten / Sprechstundenhilfe. Somit sind diese Kosten nachvollziehbar - und ich, nun da ich dies niederschreibe, bin überrascht dass es nicht teurer ist was ich bislang an Rechnungen sah.

Und wenn man denkt, man braucht einen Sterbehilfeverein dann sind die Kosten wie oben gelistet - für diejenigen die denen die Kosten zu hoch vorkommen - bedenkt bitte wieviel Menschen ohne je eine Sterbehilfe durchführen die Sterbehilfevereine kostenfrei konsultieren durch Anrufe, Emails, und und und - und kein Verein und deren Räumlichkeiten tragen sich von nichts. Die laufenden Kosten dieser Vereine sind einfach hoch - ihr habt doch alle schon mal in Vereinen die Kalkulation gemacht oder nicht? 

Somit denke ich, dass die Kosten der Sterbehilfevereine begründet und nachvollziehbar sind. Diese Kosten decken Auslagen für Ärzte, und auch die Reise- und Übernachtungskosten der Helfer ab - aber auch Risikovorsorge für Rechtsstreitigkeiten und Auslagen für Beratungsgespräche im gesamt Verein. Und jeder der Sterbehilfevereine versuchen es an den Kosten nicht scheitern zu lassen, in einem gewissen Rahmen haben die Vereine die Option eines Sozialfond, den mittellose Menschen in Anspruch nehmen könnten. Aber bedenken Sie doch einmal - über den Verkauf des Autos, Auszahlung einer Lebensversicherung des Suizidants lässt sich doch im Regelfall das Geld zusammenbringen.


Die grundlegenden Schritte wären somit ...

  • Der ausdrückliche Wunsch, Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu wollen sowie einige weitere persönlich formulierte Details wurden über eine Patientenverfügung und weitere Dokument präzise definiert und schriftlich festgehalten
  • Bei einer diagnostizierten schwerwiegende Krankheit sollten diese chronologisch zusammengestellt werden.
  • Dokumentationszusammenstellung der Entscheidung basierend auf der wohlerwogenen tiefgreifenden persönlichen Überlegungen und des Krankheitsverlaufs, dass „die Zeit gekommen sei“
  • Notwendiges Arztgespräch (mit dem selbst organisierten oder vom Sterbehilfeverein organsierten Arzt / Ärztin)
  • Bei den Sterbehilfevereinen erfolgt nach dem erfolgreichen Arztgespräch ein 'provisorischen grünen Licht' oder 'grünes Licht' - Nach dem diesem 'grünen Licht' kann dann ein Termin für die Suizidbegleitung vereinbart werden. Bei selbst organisierten Freitod ist dies natürlich nicht notwendig - jedoch sollte bei selbst organisierten Freitoden zwischen dem Tag des Arztgespräch und Tag des Todes möglichst wenig Zeit liegen - da sonst ggf. eine Änderung des Entschlusses unterstellt werden könnte.
  • Tag des Freitod festlegen
  • Ausstellen des Rezept für das Medikament
  • Am Tag des Freitod -  Prozess der Sterbehilfe durchführen
  • Anschließend konnte, wie in anderen Todesfällen auch, die Bestattung durchgeführt werden.
  • Empfehlung ein Testament zu erstellt und mit den Familienangehörigen die Beisetzung zu planen
  • Empfehlung im Vorfeld mehrere Beratungsgespräche mit Familienangehörigen und Ärzten geführt zu haben


Wichtige zusammenfassende Informationen:

Sämtliche Informationen resultieren aus persönlichen Erfahrungen und besten Wissen. Die Informationen habe ich mit aller größter Sorgfalt nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Trotzdem stellen sie keine Rechtsberatung dar, und ich empfehle zur Sicherheit kurz vor dem Sterben zusätzlich noch einen Anwalt aufzusuchen. 

Ich wünsche allen die richtige Lösung für sich selber zu finden - ein gutes Leben und eigenen Lebensweg zu finden und zu haben - und wenn es keinen Genuß, Freude und Sinn mehr hat für sich selber den richtigen Weg zu finden gehen zu können.


Aber bitte denkt an Eure Helfer damit keiner mit Strafrecht oder Berufsrecht in einen Konflikt kommen. Und macht deren Gewissen leichter mit einer guter und klaren Vorbereitung und Artikulation eurer Wünsche und Gründe. Wie zum Beispiel durch die notendige Befreiung / Modifizierung der Garantenpflicht.

Und sprecht frühzeitig mit eurer Familie und Freunden. (Inform Family and Friends of a forthcoming Death with Dignity)








Comments

  1. If you like - Please send me your comment, or suggestion you may have.
    I will not publish the comments. If you want a reply please don't forget to leave your contact information.

    Sie / Ihr könnt gerne Kommentieren - Kommentare werden nicht veröffentlicht!
    Aber wenn Du / Ihr eine Antwort erwartet bitte hinterlasst auch eine Email-Adresse - Danke

    ReplyDelete

Post a Comment

Popular posts from this blog

Sterbehilfe bei psychisch kranker Studentin - Berlin 2024

Medikament - Freitod

Leid heißt nicht nur Schmerz - Gedanken zum Freitod

My experience of losing my wife.