Persönliche Sichtweise zur Veranstaltung 'Talk im Bahnhof - „Suizidhilfe regeln – aber wie?“..'

Zunächst einmal, bei aller inhaltlicher und ethischer Differenz, kann ich mich nur und kann man sich bei Herr Prof. Dr. Lars Castellucci bedanken für die Veranstaltung  ...

Talk im Bahnhof - „Suizidhilfe regeln – aber wie?“..

welche am Donnerstag, den 23. Februar,  im Theater im Bahnhof in Dielheim stattfand.

Meine Sichtweise

Wie schon mehrfach analysiert, ist der Gesetzentwurf zur Sterbehilfe um Prof. Dr. Lars Castellucci als höchst problematisch einzuordnen - der Gedankenansatz des 'Ermöglichen aber nicht Fördern' konnte Herr Castellucci auch heute Abend nicht vermitteln.
Er stellt heraus, was jeder tut, dass Leben immer wertvoll ist, ob es ein ungeborene Leben ist (dies kam zur Sprache da der Entwurfsparagraph § 217a "Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung" a) ein Informationsverbot darstellt und b) mit dem bereits verbotenen § 219 identisch ist - dies war Thema später in der Q+Q Session) oder das Leben eines jeden anderen Menschen / Lebewesen. 

Im ersten Teil der Veranstaltung, der aufgezeichnet wurde, betonte Herr Castellucci seine äußerst skeptisch und ablehnende Haltung gegenüber Sterbehilfevereinen , auch im zweiten Teil, der Q+A Session, welche nicht aufgezeichnet wurde, sprach er wiederholt von "gefährlichen Formen" der Suizidhilfe, wirft diesen Sterbehilfevereinen vor, Geld mit der Freitodbegleitung zu verdienen, nannte inkorrekte Summen die er nur vom Hörensagen kannte und reagierte verärgert, als ich ihn auf die realistische Summen der tätigen Sterbehilfevereine hingewiesen habe.

Und er beharrt und verteidigte seinen Gesetzentwurf weiterhin auf einer Verankerung im Strafrecht - wo bei er auch sagte es ginge ihm primär um Schutz. Wieso er eine Konzept des Strafrechts dem eines Schutzkonzept oder Beratungskonzept vorzieht hat er nicht dargelegt.

Wie ich schon seit Monaten darlegte und analysierte ignoriert regelrecht der Gesetzentwurf zur Sterbehilfe aus der Abgeordnetengruppe um Prof. Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling, Dr. Kirsten Kappert Gonther, Petra Pau, Stephan Pilsinger, Benjamin Strasser, Kathrin Vogler, Katrin Göring-Eckardt, Hermann Gröhe, Hubertus Heil (Peine), Mechthild Heil, Julia Klöckner, Michelle Müntefering, Dr. Rolf Mützenich, und Cem Özdemir,  Claudia Roth (Augsburg), Jens Spahn und weiterer Abgeordneten das Urteil aus Karlsruhe. 

Sehr wohltuend waren die Wort- und Gedankenbeiträge von Frau Dr. Annette Gärtner, Schönau, Fachärztin für Innere Medizin und Bernhard Schlink - die Überlegungen und Abwägungen von beiden Podiumsteilnehmern taten sehr gut und brachten viel an Menschlichkeit und Praxiserfahrung ein.

Frau Dr. Gärtner wies am Ende der Veranstaltung auf die Situation von Ärzt*innen, Pflege, und weiteren Helfern hin und ging darauf ein und stellte diese heraus - was mir, als jemand der als Rettungssanitäter und als Sanitätssoldat in den vielen Jahren viele Sterbende oft nur über kurze Zeit aber auch in einigen Fällen über Tage bis in den Tod beistand, sehr gut tat  (zur Situation von Ärzten einen Artikel den ich vor ziemlich genau einem Jahr schrieb Ärztliche Unterstützung bei der Sterbehilfe).

Bernhard Schlink's offene, persönlichen Gedanken sowie das Beschreiben einer offenen Regelung der Sterbehilfe waren so nachvollziehbar wie einleuchtend - weil er in meinen Augen die Würde, Individualität und Diversität von Menschen und Gesellschaft beschrieb.

Diese Wahrnehmung einer Diversität war bei Herrn Castellucci nicht registrierbar. Er nutzte vielfach selbst-konstruierte und einzigartige Schlussfolgerungen und baute darauf seine Argumente, geschmückt mit 'Mythen' (ich nutze diese Wort da Herr Castellucci dieses selber nutze in der Veranstaltung um Wortbeiträge von zwei älteren Damen klein zu reden, wie ich und andere empfanden - aber auch auch da er das Wort 'Mythen' auch in seinen Publikationen nutzt).

Was ich bedauerlich fand war, dass Herr Castellucci sich über eine Gruppe von Menschen die Zufällig um mich herum saß und ich nicht näher kannte, belustigte und versuchte wie schon zuvor bei der Begriffsverwendungen wie 'Mythen' andere Sichtweisen im Hörsaal/ Theatersaal  in eine "bestimmte Ecke zu setzen" (auch hierbei verwende ich die durch Herrn Castellucci verwendete Worte).

Was auch bedauerlich war, ich konnte es aber nicht mehr zur Sprache bringen - weil Herr Castellucci aus "unserer Ecke" keine weiteren Fragen zuließ - ist der Umstand, dass durchweg von Suizid und Selbstmord gesprochen wurde - aber die Taxonomie, Wortbedeutung und Assoziieren - die Vorstellungen die man mit  diesen Worten verknüpfen, in Verbindung bringen und hier meine ich nun mal die Verwendung der Worte Euthanasie, Selbstmord, Suizid diese sind nun einmal mit Gewalt in der einen oder anderen Vorstellung verknüpft - bei der Sterbehilfe geht es aber um selbstbestimmtes, freiveranwortliches Sterben, Ableben (um die Worte meiner Frau zu nutzen) und um den Freitod.
Und so sollte man sehr gut unterscheiden wann man von Selbstmord, Suizid und wann von Sterbehilfe bei einem Freitod spricht.

Frei gewünschtes - frei bestimmtes Beenden von Leiden - einem Freitod.

Hierzu einen kürzlich publizierten Artikel: Suizid & Freitod - Unterschiedliche Worte, Anlässe und Unterschiedliche Bedeutungen

Und zum Schluss noch einmal etwas Positives der Entwurfsparagraph § 217a "Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung" soll gestrichen werden so sagte es Herr Castellucci. Ein kleiner Lichtblick.


Und nun die Aufzeichnung ...

(ca.1Std.) vom ersten Teil (leider keine Aufzeichnung des zweiten Teils der  Q + A Session):




Comments

  1. Kommentare sind willkommen, werden nicht veröffentlicht, aber von mir gelesen und wenn möglich auch beantwortet

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