Freiverantwortlichkeit eines Sterbewunsch
Niemals, und da ist und war unser Bundesverfassungsgericht unmissverständlich - bzw für die Allermeisten unmissverständlich, ich schreibe dies, weil die Abgeordnetengruppe um Lars Castellucci hat hier wohl Hürden der Verständigung und des Verständnis ggf. auch eine Uneinsichtigkeit, sodass diese Gruppe dann deren eigenen Denkhürden in Hürden für die Betroffenen uminterpretiert haben - es sollte selbstverständlich sein, beim Umgang mit Menschen, dass die Würde eines Menschen unantastbar ist, und damit diese hohe Anforderungen und Tragweite der Freiverantwortlichkeit, jedoch never ever nicht das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben entleeren darf, wie es die obrige Abgeordnetengruppe anvisiert und ausgearbeitet hat, indem sie der betroffenen Person faktisch durch zu hohe Anforderungen den Verfügungsspielraum über das höchstpersönliche Gut ihres Lebens nehmen / nehmen wollen.
Freiverantwortlichen Entscheidung zum Sterben
Meiner Ansicht nach, setzt die freiverantwortliche Entscheidung zum Sterben voraus, dass der sterbewillige Mensch über sich, die Situation, und Optionen des Lebens und Behandlungsalternativen der von ihr zu treffenden Entscheidung hinreichend informiert ist, sie also hinreichende Kenntnis der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte hat. Ohne eine solche Kenntnis kann eine Freitod entscheidung – unabhängig von den Gründen für die Unkenntnis – nicht als freiverantwortlich bezeichnet werden - dies ist mir sehr wichtig. Zumal es allen Helfern und der Familie und Freunden mehr als hilft zu helfen, beizustehen und letztlich mit dem Verlust des Menschen und der Trauer umzugehen und einzuordnen.
Weil der Wunsch zu Sterben aus ganz unterschiedlichen Gründen entstehen kann, ist für die informationellen Mindestvoraussetzungen eines freiverantwortlichen Freitod die subjektive Perspektive des jeweiligen Individuums maßgeblich.
Welche Gesichtspunkte und Informationen als entscheidungserheblich zu qualifizieren sind, hängt von den Gründen ab, aus denen Betroffene ihr Leben beenden wollen - somit Frage-Antworte Kataloge wie sie so einigen Entscheidern vorschweben gänzlich ungeeignet - der Mensch steht im Mittelpunkt und nicht das Abarbeiten einer vorgegebenen Situation. Je nach Fallkonstellation können zu den entscheidungserheblichen Informationen bei belastenden Lebenslagen etwa Art und Ausmaß der Belastungen gehören oder bei körperlichen und psychischen Erkrankungen etwa der erwartbare Krankheitsverlauf und die Möglichkeiten der Behandlung. Je konkreter die Gründe sind, desto leichter dürfte feststellbar sein, ob die diesbezüglichen Annahmen der Person auf realitätsgerechten bzw in sich und für die betroffene, den Sterbewunsch äußernden Person ein schlüssiges Urteil ist oder aber auf relevanten Irrtümern beruhen.
Menschen die sich wohlerwogen, wohl abgewogen, wohldurchdacht und damit freiverantwortlich diesen Wunsch zu einem Freitod entwickeln, haben und später zu einer Entscheidung kommen, sollten dies mit Familie, Partner und Freunden erzählen und besprechen - je ruhiger je durchdachter dies geschieht wird den Zuhörenden gut verdeutlichen, dass hier ein Freitod und kein Suizid gewünscht ist.
Ich kann nur empfehlen frühzeitig dies niederzuschreiben - dies kann in der Patientenverfügung Erwähnung finden, in ergänzenden Worten und Gedanken oder in einem Lebensbericht, aber je früher und je konkreter dies ist um so schwerer wiegen und als wohlerwogen werden diese Gedanken auch verstanden werden,
Dementsprechend ist auch allein auf der Grundlage der individuellen Motivation, Einschätzung und Beurteilung der eigene Situation und Perspektiven, sowie der persönlichen Einstellungen, Wertoptionen und Würdeeinschätzung mit dem / der Betroffenen zu besprechen, ob und inwieweit Hilfsangebote oder auch eine Hospiz - oder Palliativversorgung geeignet sein könnte um eine zum Sterben motivierende Belastung abzuwenden bzw. zu vermindern sind - oder auch nicht gewünscht ist und damit der Sterbewunsch und eine Entscheidung zum Sterben durch eine Sterbebegleitung zu ermöglichen ist.
Fazit
Der Schutz des Lebens ist völlig zweifelsfrei eine berechtigte Sorge, Anliegen und Interesse für Gesetzgeber und Gesellschaft, aber nicht das einzige Anliegen, das wir als Gesellschaft und der Gesetzgeber beim Entwurf und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Sterbehilfe zu beachten hat.
Um das Spannungsverhältnis zwischen der Freiverantwortlichkeit und Selbstbestimmungsfreiheit mit ihrem Bezug und Bedeutung zur Menschenwürde einerseits und dem Lebensschutz andererseits gerecht zu werden, muss der wachsenden Bedeutung der Freiverantwortlichkeit und Selbstbestimmungsfreiheit mehr Geltungsraum gewährt werden. Die bisherige „Lösung“ des Gesetzgebers, also die Einführung des § 217 StGB, wurde zutreffend für verfassungswidrig erklärt und darf nicht wiederbelebt werden wie es die Abgeordnetengruppe um Prof. Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling, Dr. Kirsten Kappert Gonther, Petra Pau, Stephan Pilsinger, Benjamin Strasser, Kathrin Vogler, Katrin Göring-Eckardt, Hermann Gröhe, Hubertus Heil (Peine), Mechthild Heil, Julia Klöckner, Michelle Müntefering, Dr. Rolf Mützenich, und Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Jens Spahn und weiterer Abgeordneten angedacht haben und als Entwurf wiederbelebt haben..
Eine Neuauflage eines § 217 StGB ist in keiner Weise zielführend
Die Entwicklung bzw Rückentwicklung zu einer Kriminalisierung der Sterbehilfe, wie wir sie im $217 StGB von 2015 bis 2020 hatten, durch o.g. Abgeordnetengruppe stieß und stößt nicht nur in der Gesellschaft und der Strafrechtswissenschaft auf Ablehnung, sondern steht auch im Gegensatz zu Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in denen das Selbstbestimmungsrecht der Patienten betont und damit eine zu einer Liberalisierung der Sterbehilfe beiträgt. Jeder hat das Recht, über den eigenen Todeszeitpunkt selbst zu entscheiden, sofern derjenige / diejenige in der Lage ist, einen freiverantwortlichen Entscheidung zum Sterben zu fassen und dementsprechend zu handeln und Hilfe anzunehmen.
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