Lebensfreude und Abschied: Kahnemans letzte Tage in Paris - Sein Weg zu einem würdevollen Sterben

Vor knapp einem Jahr verstarb der Nobelpreisträger Daniel Kahneman, kurz nach seinem 90. Geburtstag. Seit den 1970er Jahren hatte er das menschliche Verhalten und die Entscheidungsfindung erforscht, erlangte Berühmtheit, als er 2002 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet wurde, und wohl bekannt wurde durch seinen Bestseller "Thinking Fast and Slow".
Er war bekannt und renommiert als Experte für Entscheidungsfindung - somit ist seine klare Entscheidung, wie ich finde für einen selbstbestimmten, wohlerwogenen und würdevollen Tod in der Schweiz um so verständlicher. 


Seine letzten Tage verbrachte er in Paris – bewusst, erfüllt und still. Im März 2024 feierte er seinen 90. Geburtstag, umgeben von seiner Partnerin Barbara Tversky, seiner Tochter und deren Familie. Der israelisch-US-amerikanische Psychologe genoss die Schönheit der Stadt, besuchte Museen und das Ballett, und kostete Soufflés und Schokoladenmousse.
Es waren Tage voller Leben und Genuss.Ein Genuss den ich bei all meinen Sterbebegleitungen erleben und sehen konnte.

Gegen Ende seines Aufenthalts begann Kahneman, eine persönliche Nachricht an enge Freunde zu verschicken: eine Abschiedsmail. Am 26. März verließ er seine Familie und flog nach Zürich. Einen Tag später starb er durch assistierte Sterbehilfe.
In der E-Mail schrieb er offen über seinen Entschluss: Er sei überzeugt, dass die Leiden und Demütigungen des Alters überflüssig seien und dass es nun Zeit sei zu gehen. Seine Mail schloss er mit den Worten: «Danke, dass ihr mir alle geholfen habt, dieses Leben zu einem Guten zu machen.»

Kahneman wollte seine Autonomie bis zum Schluss wahren und sein Ende selbst gestalten. Obwohl er keine ernsthafte Krankheit hatte, bemerkte er eine Zunahme geistiger Aussetzer und ein Nachlassen seiner Nierenfunktion. Er wollte dem natürlichen Verfall zuvorkommen und nicht hilflos in einen Zustand abrutschen, den er bei seiner Mutter und seiner Frau erlebt hatte.

Daniel Kahneman, der bekannteste Psychologe des 21. Jahrhunderts, erforschte menschliche Entscheidungsfindungen.
Seine letzte Reise unternahm er von New York nach Nunningen in der Schweiz, um sein Leben zu beenden.
Er war 90 Jahre alt und bei guter Gesundheit, doch er wollte nicht mehr leben, in einem Interview sprach er auch von Lebensssattheit.
Er spürte, wie sein Gedächtnis nachließ, und seine größte Angst war, an Demenz zu erkranken. Ein Neurologe beruhigte ihn zwar, doch Kahneman wollte diese Phase umgehen, bevor sie beginnt.

Kahneman nutzte die Dienste der Sterbehilfehilfeorganisation Pegasos in Nunningen. Sterbehilfe für gesunde Personen ist in der Schweiz, wie auch in Deutschland, legal. Jede Person kann selbst entscheiden, wann sie ihr Leben beenden will – solange sie urteilsfähig ist. Die Schweiz ist das einzige Land der Welt, in dem Sterbehilfe für Ausländer erlaubt ist. Deshalb reiste Kahneman von New York in die Schweiz.

Kahneman erlebte, wie seine Mutter und seine Frau Anne Treisman ihr Gedächtnis verloren, bevor sie starben. In seinem Abschiedsbrief schrieb er: «Seit meiner Jugend bin ich überzeugt, dass das Leiden und die Demütigungen der letzten Lebensjahre überflüssig sind, und ich handle nach dieser Überzeugung.» Er wollte kein Statement setzen, keine Debatte anstoßen.

Seine letzte Reise nach Nunningen trat er allein an, umgeben von der Schönheit der grünen Hügel des Schwarzbubenlandes. In Anzug und Krawatte legte er sich auf das Bett und drehte eine Infusion mit Natrium-Pentobarbital auf. (in der Schweiz ist Natrium-Pentobarbital zur Sterbehilfe das gängige und erlaubte Mittel - in Deutschland wiederum Thiopental - Beide Mittel sind gleichwertig, wenn sie per Infusion erfolgen)  Ein Begleiter hielt seine Hand und sagte ihm, dass er sie stellvertretend für seine Liebsten halte. Kahnemans letzte Worte waren: «I feel their love.»

Mit seiner Entscheidung für einen selbstbestimmten und würdevollen Tod in der Schweiz hat Daniel Kahneman ein eindrucksvolles Zeugnis für Autonomie und Würde im Angesicht des Todes abgelegt.
Sein Leben und sein Tod waren geprägt von rationalem Denken und tiefem Mitgefühl, und er hinterlässt eine inspirierende Botschaft über die Bedeutung von Selbstbestimmung und Frieden im letzten Abschied.

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