Q&A - Nachbereitung einer Sterbehilfe ... baut auf gute Vorbereitung

Eine weitere häufige Frage und Bitte war die Frage an mich "Wie sieht den eine gute Nachbereitung einer Sterbehilfe aus?

Kurze schnelle Antwort ist von mir meist: 'Durch eine gute Vorbereitung" 

... hier nun meine ausführliche Antwort.

Jeder Sterbehilfe stellt einen individuellen Einzelfall dar. Ich versuche wo und wie auch immer herauszustellen. Dies tue ich auch in der Wortwahl in der klaren Trennung zwischen einem Suizid und einem Freitod.
Wie jeder Tod, wie jedes Sterben ergeben sich daraus der einerseits persönliche Trauer, Emotionen, Belastungen und ggf. Herausforderungen, Ängste und Zweifel hinterher, bei aller guter Abwägung und intensivsten Vorbereitungen - und dies kann und wird bei allen direkt und indirekt Beteiligten der Fall sein. Andererseits nehme ich für mich und empfehle dies allen Helfenden Learnings zu suchen, zu diskutieren, zum Umgang mit der stattgefundenen Sterbebegleitung aber auch für folgende Fälle. 

Das Wissen, das Involviert sein und oder die Assistenz an einem Freitod ob durch die Angehörigen, durch einen Sterbehilfeverein oder wie ich es in aller Regel tue, bei Hausärztlicher oder Fachärztlicher assistierten Sterbehilfe, kann und ist eine intensive und belastende Erfahrung oder kann eine solche darstellen und so zu emotionalen / mentalen Belastungen führen.

Ich schreibe ja neben dem Schwerpunkt des Freitod sehr viel über die mentale Gesundheit und die gesellschaftliche und menschlichen Zusammenhalt – was ich als Gesellschaft ansehe, im großen und im kleinen und engen Gefüge.
Und da sehe ich oder hoffe ich neben der ‚Familie‘ und der  ‚Freundeskreise‘  auch immer auf ein gutes und menschliches Patient*in / Arzt*in Verhältnis und dem Praxisteam(s) deren Arzthelfer / Arzthelferin in aller Regel, mehr Zeit mit den Patient*innen nicht nur über die Jahre sondern, wenn wir ehrlich sind bei jedem Termin in der Praxis verbringen, und so hoffe ich, auch eine oft langjährige und sehr persönliche Beziehungen und Nähe aufgebaut haben.

Damit spielt das Praxisteam eine besondere Rolle. Insbesondere wenn ein Teammitglied gegen seine eigenen moralischen Vorstellungen gehandelt hat oder auch nur sich dem was geschah gewahr war. Und damit in einen moralische Konflikt und damit in Stress kommt.
Moralisches Leid entsteht, wenn : Sie jemand wider seiner ethisch angemessene Maximen Entscheidungen trifft, treffen oder handeln muss, aber nicht in der Lage ist, danach zu handeln. Sie handeln in einer Weise, die Ihren persönlichen und beruflichen Werten zuwiderläuft, was Ihre Integrität und Authentizität untergräbt.  Sie auch mein Artikel „Wieso ist das Finden einer Freitodbegleitung oft so schwer?“  -  Moralischer Stress, Konflikte können zu schwerwiegenden Problemen führen kann - mehr zu moralischem Stress kann man hier lesen: Nursing practice : the ethical issues : Jameton, Andrew : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Eine Besprechen, Nachbereiten, eine offene Diskussion über die Erfahrungen, die Emotionen und die Verarbeitung im Team, neben der rein rechtlichen Vor- und Nachbereitung und der fachlichen sowieso, kann und wird dazu beitragen, Emotionen, Stress, Ängste und Mentale Herausforderungen zu bewältigen. Es ist es superwichtig, Möglichkeiten für Gespräche im Team, Austausch mit Kolleg*innen oder auch Supervision bereits während der Vorbereitungsgespräche mit der / dem Sterbewilligen parallel dazu oder wenn nicht möglich dann aber zeitnah zu organisieren und anzubieten, um die Verarbeitung zu ermöglichen und das Team zu stärken. 

Jeder im Team sollte auf den Anderen / die Andere achten und bei entsprechenden Warnsymptomen (MHFA) ist auch über das Hinzuziehen einer externen Supervision oder psychologischer Unterstützung nachdenken


Schlussgedanke:

Ein Freitod und assistiertes Sterben, ist nicht der Regelfall, sollte und wird nie der Regelfall werden, aber egal wie routiniert man sein mag es geht sich um Menschen, Einzelschicksale und immer individuellen Fälle und Abläufe – Sie sind und werden ungewohnt für alle Beteiligten, den Partner, den Familien und den Angehörigen sein und dem assistierenden Praxisteam.

Bei alle meinen Begleitungen ist es mir super wichtig, jede und jeden, von Partner, Familie, Angehörigen und dem Praxisteam frühzeitig auf die Freitodbegleitung vorzubereiten.

Und unter anderem zu besprechen, in welcher Form die jeder Einzelne nach dem Eintreten des Todes betreut werden möchten, wenngleich die Trauer, die emotionalen Wellen und Täler, die individuelle Situation vorher nie zu bewerten geht. Die Art und der Umfang der Unterstützung ist immer offen zu halten und zu gegebener Zeit neu zu bewerten. Ich denke da an meine Situation mit dem Freitod meiner Frau, auch bei bester Vorbereitung fiel ich in ein Loch, mit dem ich weil ich vorgesorgt hatte, letztlich gut umgehen konnte, aber ich wäre in der Situation nicht mehr in der Lage, auch was die zeitlichen Konflikte angeht , hinterher nicht mehr machbar gewesen wäre.
Darum BITTE sorgt gut für Euch und für einander vor.

Auch wenn ich nicht auf den rechtlichen und formalen Rahmen und Abläufe nicht ‚rumreiten‘ will – ich muss es – denke ich.

Eine gute frühzeitige Information aller Abläufe sollte auch mit Angehörigen und Praxisteam erläutert und durchgegangen werden. Ein assistiertes Sterben ist ein nicht-natürlicher Todesfall und nach Todesfeststellung muss die Polizei gerufen werden – und es wird zu einem Todesermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft kommen – mit Vernehmungen und allem was für die Ermittlung notwendig ist, und vielen nur aus Filmen bekannt ist.

Darum nochmals die BITTE sorgt gut für Euch und für einander vor.


Wichtiger Punkte – Zusammengefasst:

  • Nachbereitung richtet sich an alle Beteiligten - Praxisteam und Hinterbliebene
  • Ressourcen nutzen und vorbereiten:
    • Teambesprechungen
    • Qualitätszirkel
    • Ambulante Ethikberatung
    • Angebote von Hospizdiensten
    • Trauerbegleiter
  • Empfehlung: Frühzeitige Information der Angehörigen und des Praxisteam über:
    • Notwendiges Procedere nach dem Tod
    • dem obligatorische Hinzuziehung der Polizei und Staatsanwaltschaft 


In diesem Kontext:


Polizeiliche Ermittlungen im Fall eines Freitodes

Wieso ist das Finden einer Freitodbegleitung oft so schwer?

Hilfe finden beim Selbstbestimmten Sterben



Dies ist der achte Teil der Q&As und ich freue mich weiterhin über positiven aber auch konstruktiven Feedbacks und weitere Fragen.




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