Q&A - Sorgen, Angst um die Sterbehilfe

Bild zeigt eine Person die im Rücken, symbolisch die Last, das Leiden und den Tod, und auf der anderen Seite vor sich das Leben, die Liebe und Sehnsucht. Die Person sieht Nachdenklich aus.

Dieser Q&A geht an Betroffene und Ärzt*innen, auf Fragen die ich in den letzten Monaten bekommen habe, aber mehr als das getriggert durch ein über zwei Tage gesplittetes Beratungsgespräche mit einem praktizierenden Arzt und seinem Praxisteam - bei denen viel Beklemmung, Sorgen bis hin zu Ängsten zu spüren war aber auch angesprochen wurde. Bei jedem der Beteiligten lag es zu großen Teilen an fehlerhaften oder nur fehlenden Informationen. Ich bin dankbar für die Offenheit der Ärztin und dem Praxisteam, und bin froh dass nun ein aufgeschlossene Stimmung existiert und in diesem Fall die Freitodwillige mit Ihrer Ärztin den nächsten Schritt machen.

Nun mein Gedanken eher allgemein ...

Beklemmung, Sorgen, Angst und Uninformiertheit

Als jemand, der Menschen mit einem Freitodwunsch hilft, erlebe ich, wie Empathie, Zuwendung und Hilfe, das selbstbestimmte Sterben, ein selbstbestimmter Sterbewunsch, bei vielen im medizinischen Umfeld Beklemmung auslöst.
Diese Beklemmung ist mir nicht fremd, und ich verstehe die Gründe dafür. Viele Ärzte und andere helfende Personen ist oft nicht ausreichendes Wissen und Angst im Spiel – Unwissen über die strafrechtliche und berufsrechtliche Situation sowie die Angst, etwas Verbotenes zu tun oder gegen das ärztliche Ethos zu verstoßen.

Wieso ich trotz all der moralischen und ethischen Diskussionen, Sicherheit und Unsicherheiten weiterhin Menschen in ihren schwersten Stunden beistehe, nun, die Antwort liegt in den Herausforderungen, die jeder Freitod mit sich bringt und jedes einzelne Schicksal.
Zum einen begegne ich vielen Menschen, die nicht von einem Freitod sprechen, sondern von Suizidgedanken getrieben sind, und ich kann dabei helfen, Leben zu retten und zu bewahren. Kann diesen Menschen helfen, das zu bewahren was noch möglich ist - und auch Hilfe zum Leben anzunehmen.
Zum Anderen sind es die Menschen, für die ein Freitod eine würdevolle Option ist, und diesen Weg gehen wollen - und ich sehe es so wie diese Menschen Schutz vor Leiden und Bewahrung vor Leid.

Ich hoffe und wünsche mir, dass Ärzte und Ärztinnen diese Sorgen, Ängste, Beklemmung nach und nach überwinden und die Türen für Patienten ermöglichen, die Türen für Freitodwünsche offenbleiben. Noch immer wird diesen Patienten oft die Unterstützung verwehrt, die sie in ihren schwersten Stunden brauchen. Wir müssen lernen, einander mit mehr Verständnis und Mitgefühl zu begegnen.

Sterbewünsche werden oft pathologisiert

Leider wird zum Einen, ein Sterbewunsch oft pathologisiert und nicht als wohlüberlegte und gefestigte Entscheidung eines Menschen wahrgenommen, der nicht aufgrund einer Erkrankung handelt, sondern aus einem tiefen inneren Bedürfnis heraus.
Und zum anderen werden Sterbewunsch psychiatrisches verfälscht eingeschätzt und abgeschätzt bis hin zu abgetan.
Überdies sind Menschen mit psychiatrisches Erkrankungen eine weiter Herausforderungen, dies kann und wird auch nicht unterschätzt. Aber mir sind nur ganz ganz wenige Fälle bekannt, bei den es möglich gewesen ist, die über viele Jahre hinweg regelmäßig sedative und oder Angst- und Spannungszustände dämpfend Medikamente bekommen und eingenommen haben, ein gutes psychiatrisches Gutachten zu bekommen. Ich kann dies ja nach vollziehen, aber mit einer generalisierten, rein pathologisierte Prädisposition macht es nahe zu unmöglich ein solches gutes psychiatrisches Gutachten zu bekommen.
Aber nochmal auf die oben genannten wenige Fälle zurückzukommen - in diesen Fällen war es nur mit viel, viel Arbeit und Engagement möglich, bei aller sachlich-fachlich Darlegung, dass die Medikamenteneinnahme , oder im anderen Fall -abhängigkeit die Urteilskraft nicht maßgeblich beeinflusst hatte.
Fakt ist aber auch, dass ohne dieses fachärztliche psychiatrisches Gutachten hätte man in diesen Fällen keine Freitodbegleitung verantworten können - wie sich bei den aktuellen Verfahren zeigt.

Viele Mediziner können nicht verstehen, dass ein Kranker kein Sterbefasten und keine palliative Sedierung möchte und dass es terminale Krankheitsbilder gibt, die mit der Palliativmedizin nicht adäquat behandelt werden können - und Sterbewillige eine gut abgewogene und gut durchdachte Entscheidung für einen Freitod freiverantwortliche wählen - und dafür sich gute professionelle ärztliche Unterstützung brauchen und wollen, und damit von der Ärztin / dem Arzt erbitten.

Tiefste Überzeugung

Aus tiefster Überzeugung heraus setze ich mich dafür ein, dass Menschen, die den Lebensabend in Würde und Frieden verbringen möchten, die nötige Unterstützung erhalten - gute Pflege, Altersgerechtes Wohnen, Pflegeheim, Palliativpflege und Hospizpflege und -versorgung.
Obwohl mehr als vier Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020 der Kreis der unterstützenden Helfer und Ärzte noch gering sein mag, tue ich es aus tiefer Überzeugung und werde mich einsetzen, wie und wo ich kann.

Wer gehen möchte, dies wohlerwogen, dauerhaft und freiverantwortlich tun möchte, sollte in Vertrautheit und Sicherheit gehen dürfen, Hilfe finden können, in dem Umfeld die dem Sterbenden gut und richtig anfühlt.


In diesem Zusammenhang ...

Freiverantwortlichkeit und Sterbewunsch bei Depressionen


Frühere Q&As

Dies ist der elfte Teil der Q&As und ich freue mich weiterhin über positiven aber auch konstruktiven Feedbacks und weitere Fragen.

Meine Bilder finden sich auf Instagram




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