Mehrheit befinden Sterbehilfe als gut! Sorgen, Ängste, Emotionen und Empathie

Die Mehrheit der Deutschen befinden Sterbehilfe für gut, verständlich und unterstützendwert sowie, dass Ärzte straffrei bleiben müssen, wenn sie Schwerstkranke und Menschen die dauerhaft, unumstößlich und wohlerwogen einen Freitod entschieden haben, beim Sterben unterstützen.

Das geht aus jeder repräsentativen Umfrage hervor.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 die Regelung und das prinzipielle Verbot der Sterbehilfe welches im §217 StGB von 2015 bis 2020 bestand, gekippt.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, welches unser Grundgesetz im Art. 2 beschreibt, umfasst ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben so die eindeutige Entscheidung des Bundesverfassungsgericht . Dieses Recht schließt die Freiheit ein, das eigene Leben zu einem selbstbestimmten Ende zu führen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter, sein es Ärzte, oder andere Helfer wie Familienangehörige oder Freunde zurückzugreifen. 

Zitatsammlung ...

"Mein Leben gehört mir. Und ich bestimme, wann es endet. Kein Staat, keine Partei und keine Religion hat über mein Ende zu bestimmen. Ich bin ein freier Mensch!"
(Martin Lesch, Schauspieler)

"Selbstbestimmung ist Teil meiner Menschenwürde. Sie endet weder im Alter noch am Krankenbett und reicht bis in den Tod."
(Rolf Schwanitz, Staatsminister)

"Ich habe trotz 47 Jahren im Rollstuhl ein schönes, selbstbestimmtes Leben geführt und möchte nicht als Pflegefall enden. Der von anderen Leuten gefüttert und abgeputzt werden muss."
(Prof. Dr. Udo Reiter, MDR-Intendant a.D.)

"Bei der Geburt wurde mir das Leben geschenkt. Ich möchte selber entscheiden dürfen, wann ich es zurückgebe."
(Bernhard Hoëcker, Komiker)

" ... ich hoffe für uns alle, dass es schnellstens eine bessere Aufklärung für Ärzte gibt, bzw. einen eindeutigen rechtssicheren Rahmen für alle Beteiligten für einen gewünschten würdevollen Tod! 🍀" 
(aus einem Forum)


Sorgen, Ängste und Emotionen - aber auch diffuse und konstruierte Ängste

Was nicht verwundert ist, dass das Thema natürlich die Emotionen weckt und auch Ängste weckt – dies betrifft im Prinzip jeden aber am meist Menschen deren Weltanschauung und Religion dies nicht im Blick haben - und auch die Menschen die Sterben und Tod, noch nicht einmal als Gesprächsthema, an sich heran lassen wollen, bzw. wenn man noch nie mit Menschen konfrontiert war, die diese Option für sich ernsthaft in Betracht gezogen haben - daraus resultieren bei diesen Menschen diffuse und konstruierte Ängste. Oder lösen abstrakte Schlussfolgerungen aus - wie, dass allein schon die Möglichkeit eines Freitod, könnte ansteckend wirken und plötzlich könnten sich expotential viele Menschen das Leben nehmen wollen.
Dass diese Schlussfolgerungen abstrakt und Fern der Grundlagen ist zeigen die Daten aus 25 Jahren Sterbehilfe in Oregon USA und 30 Jahren in der Schweiz.
Der Freitod und die Option einer Sterbehilfe für Menschen in ganz bestimmten, individuellen Lebenssituationen, wie auch Menschen die an schwere, unheilbare Erkrankung leiden, die zu meist absehbar zum Tode führen ist oft schon die bloße Gewissheit solch einen Weg gehen zu können genug und in diesen  Fällen reicht es ihnen, zu wissen, dass es die Option gäbe. Sprich allein die Gewissheit zu haben man könnte einen Hürdenfreien oder hürdenarmen Zugang zu dieser Option einer Sterbehilfe zu haben, lässt viele Menschen diesen Weg erst gar nicht gehen und wählen - dies wiederum zeigen Jahrzehnte lange Erfahrungen mit dem sogenannten 'Grünen Licht' von Sterbehilfevereinen. Nach der Prüfung eines Arztes der persönliche Unterlagen auf individuelle Schlüssigkeit, Dauerhaftigkeit, Wohlerwogenheit und Entscheidungsfähigkeit und juristischer Prüfung hat der Sterbewillige üblicherweise ein „grünes Licht“ um eine Freitodbegleitung zu vereinbaren oder später, weit später oder gar nicht, da es ja als Ausweg möglich ist ohne noch weitere oder erneute Hürden bewältigen zu müssen. 

Eine Sorge ist von einigen Menschen, dass alte, kranke oder pflegebedürftige Menschen sich zu einem früheren Sterben gedrängt fühlen könnten, dass diese Sorge auch von einigen Politikern kommt ist nicht überraschend, aber da es gerade die Politiker sind die unbekannt sind für die Verbesserung und mehr Menschlichkeit im Pflege- und Medizinumfeld, sehe zu mindestens ich eine Unaufrichtigkeit und fehlende Gesamtverantwortung, darin. Diese Sorge ist nicht vollkommen von der Hand zu weisen - aber durch eine bessere Fürsorge von alten, kranken oder pflegebedürftigen Menschen entweder nahezu oder vollkommen zu entkräften.

Diejenigen Menschen die ich im Umfeld der Freitodbegleitung kennen lernen durfte oder auch begleiten durfte, die sich für diesen Weg entscheiden, sind durch die Bank sehr kontrolliert und selbstbestimmt, haben häufig einen hohen Bildungsgrad und waren es immer gewohnt, über ihr Leben selbst zu bestimmen.


Die Gesetzentwürfe von verschiedenen parteiübergreifenden Abgeordneten vom 6. Juli 2023

Aktuell werden beide Entwürfe überarbeitet, leider bei beiden, so mein Gefühl und soweit ich Einblick bekomme, um 'Mehrheiten' zu bekommen, als mit dem Ziel sich dem Menschen zu nähern, sich die Menschlichkeit als Aufgabe und Leitlinie zu machen.

Der restriktiven Entwurf vom 6. Juli

Um nochmals auf die besorgten Abgeordneten zu kommen, die sich weniger Sorgen um das Leid der leidenden Menschen als, dass diese Menschen gegebenenfalls dieses Leid nicht durchleben wollen - haben keinerlei Sorge sich über das Bundesverfassungsgericht und unser Grundgesetz hinwegzusetzen, und eine Neuauflage und Verschärfung des verbotenen §217 StGB erdachten.
Wie unehrlich ist das? Einen Slogan vor sich herzutragen der da lautet: "Ermöglichen aber nicht fördern" aber einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der so erscheinen möchte, als würde er den Zugang zur Sterbehilfe regeln, doch eigentlich wollte er diese unmöglich machen. Man türmte zu hohe Hürden auf bis hin zu einer Bestrafung der Vorbereitung und der Information zur Sterbehilfe.

Nach dem restriktiven Entwurf müssten schwerstkranke, leidende Menschen zunächst zu einem Psychiater, dann drei Monate warten, erneut beim Psychia­ter vorsprechen, dann noch zu einer Beratungsstelle und erneut zwei Wochen warten. Bei all den Wartefrist hat der Entwurf dann aber auch eine maximale Frist bis man dann auch das Sterben vollzogen haben muss. Viel Druck statt Menschlichkeit. Und nach all diesen Hürden und Anstrengungen hat der leidende Mensch womöglich schon die Fähigkeit verloren, selbst die zum Tode führende Handlung noch auszuführen - da nur die Hilfe erlaubt ist - aber nicht die aktive Sterbehilfe.
Ein solcher Spießrutenlauf ist unzumutbar und beabsichtigt nach Ansicht dieser Politiker menschliche Hilfe ein 'Fördern' wäre.
Was man nicht übersehen darf, ist dass Psychiater zudem bekanntermaßen die Arztgruppe mit der stärksten Ablehnung der Sterbehilfe ist, siehe die Aussagen der Berufsverbände der Psychiater. Nicht wenige Psychiater halten jeden Todeswunsch für grundsätzlich krankhaft und unfreiwillig.


Der zweite Gesetzentwurf vom 6. Juli 

Der zweite Gesetzentwurf hat sich eindeutig mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht auseinander gesetzt, hat sich mit dem Grundgesetz, mit dem bestehenden Strafrecht beschäftigt, und mit der Würde und Menschlichkeit auseinandergesetzt, bis hin, dass nicht jede psychische Erkrankung die Entscheidungsfähigkeit einschränkt - zumal psychische Erkrankungen relativ häufig sind.

In diesem Kontext - Versuchen Sie sich intensiv vorzustellen, jemand hat eine schwerste Multiple Sklerose, wie sie auch meine Frau hatte, oder eine andere Erkrankung die unheilbar ist stetig, kontinuierlich verschlechternd, und hat zusätzlich irgendwann eine Angststörung als Diagnose bekommen, oder auch nur den Verdacht auf eine Depression, welche bei so einem schweren Verlauf völlig natürlich wäre und ist, und dann fragt man diese Menschen die entscheidenden Fragen, zum Sterbewillen.
Und weil diese Menschen nun verständlicherweise Ängste haben, nicht lauthals frohlocken, würde man Ihnen auch bei aller Wohlerwogenheit die Option dem Leiden ein Ende selbstbestimmt zu bestimmen nicht ermöglichen, zumindestens nach dem ersten Entwurf.
Frage - Wäre das nicht eine Form von Diskriminierung Kranker, den Zugang zum assistierten Suizid zu verwehren?

Dieser Entwurf um die überparteiliche Abgeordnetengruppe um Frau Katrin Helling-Plahr und Renate Künast wäre eine vernünftige Regelung gewesen - wenn auch mit Schwächen.
Aber im größten  Gegensatz zu den restriktiven ersten Gesetzentwurf begann und baut der zweite Entwurf nicht auf Strafen und Sanktionen, sondern arbeitet mit der Formulierung von Rechten: dem Recht des Bürgers auf Hilfe zum Freitod und dem Recht des anderen, diese Hilfe zu gewähren.

Beratung wurde nicht als ideologische oder religions- und weltanschauliche Hürde, sondern als ergebnisoffene Unterstützung verstanden. Aber diese Beratung hatte auch seine Mankos - und das war in jedem Fall die Bürokratie staatlicher Beratungsstellen. 

In den Gesetzentwürfen wird, wie im Ersten, Würde und Menschlichkeit nahezu vollkommen negiert oder wie im Zweiten schwer gemacht.

Empathie für die Gedanken zum Freitod

Ich bin überzeugt, wenn man empathisch sein kannst, und wenn man sich reinversetzen kannst in ein Denken und Handeln von einem anderen, dann ist das ein unglaublicher Wert, das sollte man schätzen und pflegen und sich da selber auch prüfen im eigenen Denken und Weltanschauung. Betrachte die Welt durch die Augen eines anderen! Empathie ist eine Eigenschaft, die die Welt und Gesellschaft verändern kann!

Was wäre wenn ... Versuchen Sie sich intensiv vorzustellen ...

  • Sie haben eine unheilbare Erkrankung und nur noch wenige Zeit zu leben.
  • Sie haben eine Krankheit die Ihnen kontinuierlich Kräfte raubt, Muskeln sich abbauen, Nerven und Empfinden einfach verschwinden und sie wissen dass sie ggf. jahrelang bei vollen oder wenig oder keinem Bewusstsein nur noch daliegen, und dann auch noch die Muskelkraft in ihrer Zunge verlieren so dass sie auch keine Bitte mehr äußern können.
  • Sie verlieren Selbstbestimmung. Sie verlieren das letzte Quäntchen Würde Stück für Stück bis nichts mehr da ist was Sie einmal ausmachte.

Wer das erleben will - ja, derjenige soll es erleben können. Aber wer es nicht will - wieso sollten Dritte denjenigen dazu zwingen diese Existenz zu ertragen? 


Was wäre wenn ... Versuchen Sie sich intensiv vorzustellen ...

  • Sie hätten alles geregelt.
  • könnten mit ihren Lieben noch eine Bucket List erleben und genießen
  • Mit Würde und 'Aufrecht' ihr Leben abschließen
  • Könnten Hilfe anderer selbstbestimmt Ihr bevorstehende Leiden abzukürzen. 

Was wäre dann?


Faktenlage ...

Sterbehilfe und auch die Begleitung und Hilfe zum Freitod waren in Deutschland seit der Reichsgründung (1871) stets erlaubt und straffrei, außer in den Jahren von 2015 bis 2020. 2015 erwirkten Sterbehilfe-Gegner, zum Teil die Abgeordneten die auch nun den oben genannten restriktiven Antrag  einbringen, ein Sterbehilfe-Verbotsgesetz den § 217 StGB. Dieses dem Grundgesetz widersprechende Gesetz wurde im Februar 2020 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und damit für nichtig erklärt.

Entgegen einer weit verbreiteten Lesart enthält die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 keine Verpflichtung oder Anweisung für den Bundestag und den Gesetzgeber, ein Regulierungsgesetz für oder um die Sterbehilfe zu verfassen. Es hat lediglich oder vielmehr dem Bundestag und dem  Gesetzgeber die Option dazu benannt. Wie ich in meiner Analyse zur Rechtslage darlege, besteht auch keine Veranlassung zur Schaffung eines regulierenden Gesetz zur Sterbehilfe - da ...

  • alle Strafrechtlichen Missbräuche abgedeckt sind
  • klare und eindeutige Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung einer Freitodbegleitung durch das Bundesverfassungsgericht genannt und festgelegt wurden

Klarer als in dieser Festlegung könnte keine neue gesetzliche Regelung die Voraussetzungen für die Gewährung einer Sterbehilfe, der Hilfe und Unterstützung einer wohlerwogenen Begleitung bei einem Freitod bestimmt werden können.

Es gibt folglich keine „Grauzone“ sondern eine existente klare Regelung.

Ich habe in den letzten Monaten häufig erläutert, dass ein wohlerwogener Freitod möglich ist. Das unsere Gesetze eine recht gute, wenn ich nahezu vollkommene gute rechtliche Basis bilden, wenn ...

  • das Betäubungsmittelgesetz optimiert wird,
  • zivilrechtliche Grundlage für Ärzt*innen geschaffen werden und von Ärztekammer un­miss­ver­ständ­lich Regelungen (siehe hierzu auch "Ärztliche Unterstützung bei Sterbehilfe"). Ich denke zum Beispiel an eine Ergänzung in der ärztlichen (Muster-)Berufsordnung wie, dass Sterbehilfe durch Ärzt*innen grundsätzlich zulässig ist, wenn die Entscheidung zu einem Freitod tatsächlich dem freien und wohlerwogenen Willen des Betroffenen entspricht. Sowie, dass die ärztliche Sterbehilfe, nach einer wohlabgewogener Gewissensentscheidung des Arztes / der Ärztin, eine freiverantwortliche ärztliche Entscheidung ist.
  • Exekutive in Deutschland (Staatsanwaltschaft, Polizei und Kriminalpolizei) ebenso klare Regelungen und Fortbildungen erhalten (ich habe bislang nur wenige Beamte erlebt die über die aktuelle Rechtslage seit 2020 aufgeklärt sind - Polizeiliche Ermittlung im Fall eines Freitod

... alle anderen Fälle decken die bestehenden Gesetze und das bestehende Strafgesetzbuch ausreichend ab.







Comments

  1. Kommentare können Sie gerne hinterlassen. Ich lese Kommentare immer und antworte nach Bedarf und Möglichkeit - jedoch publizieren werde ich keine aus verständlichen Gründen.

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