Aspekte der Sterbehilfe - von Ethik, demokratischen Wandel, Ärzteschaft und Rechtliche Rahmen
Die ethisch Haltung ist wie alles in ethischen Frage komplizierter ...
... und das ist auch gut so, was gibt es wertvolleres als das Leben. Wenn es bei einem Freitod um schwerstkranke oder sterbenskranke Menschen geht fällt uns diese Haltung schon einfacher, bei anderen leidenden Menschen, die ihr Leben beenden wollen, ist seit es schwieriger und umstrittener - die ethisch Haltung fällt insbesondere Personen und Institutionen mit religiösen Hintergründen und Basis um so schwerer.
Aspekte des demokratischen Wandel und der Intensivmedizin ...
Der demografische Wandel steigert die Herausforderungen um die Hilfe beim selbstbestimmten, würdevollem Sterben, da mit steigendem Alter, besonders bei Männern, die Suizidrate der Brutalsuizide steigt. Männer sind deutlich stärker gefährdet als Frauen und nehmen sich im Schnitt dreimal häufiger das Leben - Zahlen zu Suiziden in 2023.
Gleichzeitig zum demografische Wandel, erhöht die moderne Intensivmedizin die Motivation, sich nicht der „Apparatemedizin“ auszuliefern und stattdessen bewusst eine Therapiebegrenzung zu wählen.
Die moderne Intensiv- und Krebsmedizin hat Schwierigkeiten, klare Grenzen für ihre Behandlungen zu setzen, und die Unsicherheiten von Patientenverfügungen führen dazu, dass immer mehr Menschen nach alternativen Wegen suchen, um ihr Selbstbestimmungsrecht am Lebensende durchzusetzen.
Aspekte der Historie und aktuellen Entwicklung
Oft müssen Menschen auf Sterbehilfeorganisationen wie die DGHS, Dignitas, Sterbehilfe Deutschland zurückgreifen.
Diese Handlungsweise hat in Deutschland bereits 2015 eine rechtspolitische Debatte ausgelöst, in der die Kriminalisierung der Sterbebegleitung in dem §217 StGB mündete. Der Wunsch den §217 StGB wiederzubeleben gibt es durch die Abgeordnetengruppe um Lars Castellucci und weiteren Abgeordneten - die durch deren Entwurf nicht nur die Sterbehilfe so mit Hürden spicken wollen, dass es faktisch wieder unmöglich wird, dieser Entwurf geht weiter, er will die Informationsfreiheit einschränken.
Ich sehe neben den Vereinen die rein kostendeckend arbeiten, braucht es meiner Ansicht nach keine organisierte, gewerbliche Strukturen oder Unternehmen, die aber es mittlerweile gibt und tätig sind.
Ziel muss es sein, den Menschen einen guten Weg aus dem Leben zu ermöglichen wenn aus unerträglichen Erkrankungs- oder Lebenssituationen dauerhaft wohlerwogen, wohlabgewogen und selbstbestimmt dieser Wunsch existent ist.
Die Hilfe, die zu Teil werden kann, kann auch durch das passiv hingenommene Fehlen von Rettungsmaßnahmen, das Unterlassen von Hilfe sein stattfinden. Sterbehilfe muss nicht aus der Bereitstellung tödlicher Mittel stattfinden. (Siehe Formen der Sterbehilfeformen - Aktive oder direkte Sterbehilfe, Indirekte Sterbehilfe, Passive Sterbehilfe, und Assistierte Sterbehilfe)
Aktuell und nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geben die Gesetze den Ärzt*innen Spielraum, Sterbehilfe in Fällen unerträglichen Leidens zu leisten. Die Ärzteschaft ist in diesem Thema weniger gespaltet als die Ärztekammern die überaus konservativ agieren, einige Landesärztekammern haben sich mit der Änderung des diesbezüglichen Paragraphen in der Berufsordnung des jeweiligen Landes sehr viel Zeit gelassen und nicht immer eindeutig formuliert. Das Dilemma für Ärzte besteht darin, das Leiden von Patienten zu berücksichtigen, ohne das ärztliche Selbstverständnis zu gefährden. Die deutschen Landesärztekammern müssen klar dem Urteil des Bundesverfassungsgericht folgen und bezüglich der Hilfe und Assistenz zum Sterben deren Mitgliedern auch Handlungsrichtschnüre geben.
Dabei sollte die Landesärztekammern bedenken, dass sie als Berufsstand handelt und nicht als Einzelperson, und dass eine Tolerierung und Assistenz von Sterbebeihilfe das öffentliche Bild der Ärzte positiv und der heutigen Zeit anpasst und verändern könnte. Seit Februar 2020 haben die Menschen wieder das 'Recht auf Sterbebeihilfe', nur zur Klärung in diesem Kontext, das 'Recht' nicht den 'Anspruch'.
Bei der Sterbehilfe geht es um Würde, Selbstbestimmung und auch darum den Menschen die Angst vor der Verlängerung ihres Leidens zu nehmen.
Bei meinen Sterbehilfefällen war in jedem Einzelfall eine große Erleichterung zu erkennen, sobald das OK, oder wie es oft bei den Vereinen heißt, das Grüne Licht zugesichert wurde - die Sterbewilligen konnten alle ab der Gewissheit, dass das Leiden ein Ende hat, ein Enddatum hat, größte Erleichterung verspüren und die Tage bis dahin mit deren lieben Menschen, soweit es möglich war genießen, konnten letzte Dinge genießen und nochmal mit Zuversicht erleben.
Aspekte des öffentlichen Interesses und Verantwortung für Andere ...
Die assistierte Sterbehilfe ist aufgrund der Aktivitäten von Sterbehilfevereinen und der Rolle der Ärzteschaft ein zentrales Thema des öffentlichen Interesses. Eine rechtspolitische Bewertung erfordert eine genaue Kenntnis der bestehenden Rechtslage und der Annahmen zu einem „freiverantwortlichen Sterben“. Die Frage nach der Entscheidungskompetenz zwischen Recht und Medizin wird aufgeworfen, insbesondere hinsichtlich der Ärzteschaft. Ich bin der Ansicht, dass die Klärungen des ärztlichen Selbstverständnisses besonders notwendig sind, um Ängsten vor einem 'menschenunwürdigen Sterben' versus 'würdigen Sterben' zu begegnen, insbesondere im Hinblick auf die Grenzen der Lebensverlängerung.
Aspekte der Kriterien, Handlungsschemas und Maßstäben ...
Die Debatte um ärztlich assistierten Sterbehilfe zeigt die Schwierigkeit, klare, transparente aber auch individualisierbare, auf den Einzelfall anpassbare Maßstäbe für die Beurteilung der Entscheidungsfindung von Freitodwilligen zu entwickeln um diese von Suizidwilligen klar abzugrenzen.
Es besteht die Gefahr, dass Ärzte entweder zu allgemeine Kriterien anwenden oder sich auf manifeste, deutliche, offensichtliche Pathologien, abnormaler und krankhafter Vorgängen und Zuständen im Körper und deren Ursachen und Verläufe beschränken.
Die Ärzteschaften muss Handlungsrichtschnüre entwickeln, die Mindestbedingungen wie Urteilsfähigkeit, ein nahes Lebensende und die Erwägung alternativer Hilfen erarbeiten - meines Wissens ist die Schweizer Ärzteschaft da weiter - der unentwegte Ruf der Ärztekammern, dass diese Richtlinien von Gesetzgebenden Organen kommen sollen, ist für mich nur eine Abdrängen auf Ebenen und Politiker die Fachfremd sind - ggf auch nur um keine Verantwortung tragen zu wollen.
Mir ist mehr als nachvollziehbar. dass Ärzt*innen, die zur Assistenz zum Sterben bereit sind, mit einem Rollenkonflikt konfrontiert werden könnten, was das Vertrauen in ihre Fähigkeit zur Lebenserhaltung und -verlängerung in eine schlechte Balance bringen könnte. Ich finde die Ärzteschaft sollte ihre Haltung zu diesem Thema nicht nur traditionell begründen, sondern nachvollziehbar und für die Gesellschaft verständlich darlegen ,it dem Blick auf das Hier und Jetzt - nicht mit Blick auf die Tradition und Vergangenheit.
Aspekte der rechtspolitischen Bestrebungen ...
Die rechtspolitischen Bestrebungen gegen eine „organisierte“ Sterbehilfe, wie sie von Vereinen angeboten wird, sind verständlich, vor allem im Hinblick auf die Bedenken zur Kommerzialisierung des Sterbeprozesses. Kritiker, wie die frühere niedersächsische Justizministerin, lehnen die kommerzielle Förderung von Selbstmord ab, da sie argumentieren, dass man mit dem Leid anderer Menschen keine Geschäfte machen sollte. Ich kann diese Gedanken nachvollziehen - da mittlerweile auch kommerzielle Anbieter Sterbehilfe vermitteln.
Doch der alleinige Hinweis auf Kommerzialisierung - sollte kein Stopper sein - ist. für ich. in einer Marktwirtschaft nicht ausreichend, um solche Unterstützungsleistungen als moralisch unwert zu verurteilen, solange der Freitodwillige freiverantwortlich handelt.
Die Sorge vor Missbrauch ist durch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der „Freiverantwortlichkeit“ des Freitodwilligen und damit der Vermeidung der Grenze zur Tötung auf Verlangen begründet, welche durch unser Strafgesetz gut abgesichert ist - wie auch aktuelle Urteile aufzeigen.
Aspekte der Palliativmedizin und Hospizhilfe ...
Die zentrale Frage ist, ob die Palliativmedizin und Hospiz-Angebote die Angst vor einem „würdelosen Sterben“ ausreichend lindern kann. Falls dies in Einzelfällen nicht gelingt, sollte sich nicht die Frage stellen, ob in solchen Fällen jemand, nach dem Ausscheiden von Ärzten, den Betroffenen zu einem schnellen Ende geholfen wird, sondern wie dies geschehen kann.
Diese Verantwortung darf nicht auf die Patienten abgewälzt werden, besonders nicht durch Patientenverfügungen, die das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient weiter untergraben könnten.
Siehe auch den Artikel: Palliativmedizin, Hospiz und Sterbehilfe nicht gegeneinander ausspielen
In diesem Kontext ...
Sterbehilfe - Was ist erlaubt?
Sterbehilfe - 4 Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.Februar 2020
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