Patientenverfügung und Sterbehilfe

Das Wichtigste vorweg - Jeder kann eine Sterbehilfe in der Patientenverfügung festlegen. In einer Patientenverfügung können Sie demnach erlaubte Formen der Sterbehilfe festlegen.

Ganz ganz wichtiger .- noch wichtiger als für alle anderen Passagen einer Patientenverfügung gilt ...

Passgenauigkeit - Seien sie sehr konkret und eindeutig was sie wann und wie wollen.

Neben der Passgenauigkeit ist die Selbstbestimmungsfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit, und Urteilsfähigkeit (siehe unbedingt einer der letzten Absätze diese Artikels) des Einzelnen bei der Abfassung der Patientenverfügung Voraussetzung für deren Gültigkeit sehr wichtig - wenn nicht unabdingbar.

Sprich sie müssen konkrete Situationen und konkrete medizinische Maßnahmen beschreiben, in denen sie auf lebenserhaltende Geräte oder Behandlungen verzichten möchten. 

Sie nicht nur zum Beispiel eine Wiederbelebung oder künstliche Ernährung im Endstadium einer tödlichen Krankheit ablehnen sondern die eigene Spezifizierung eines Endstadium konkret festlegen.

Nennen sie auch die Helfer die identisch sein sollten mit den Bevollmächtigten namentlich - da Niemand verpflichtet werden kann, Suizidhilfe zu leisten - besprechen sie ihren Wunsch und den Wunsch zur Hilfe mit ihren Helfern und Bevollmächtigten - und meine Empfehlung tun sie dies in Zeitlichen Wiederholungen -da auch wenn ihr ihre Patientenverfügung von ihrem Willen her Bestand hat, die Ansichten ihrer Helfer könnten sich ändern.

Damit diesem Wunsch, wie jeder andere Passus in der Patientenverfügung greifen kann ist es unabdingbar, dass die Patientenverfügung dafür aussagekräftig und zweifelsfrei sein muss, d.h. typische medizinische, rettungs- und intensivmedizinische Entscheidungssituationen antizipieren und entscheiden, erkennbar valide sein, d.h. für den Anwender, den Arzt*in, Rettungsdienst nachvollziehbar und nicht auslegungsfähig ist / sein darf.

Den helfenden und behandelnden Personen muss die Patientenverfügung größtmögliche Sicherheit bieten, dass in der Verfügung festgelegte Therapie- und Behandlungsgrenzen und Verfahrensweisen, deren Beachtung häufig in kürzester Zeit einen sonst unter Umständen vermeidbaren Todeseintritt zur Folge haben, auch tatsächlich dem Willen des Betroffenen entsprechen, sowie klar und eindeutig formuliert sind, d.h. sich in der intendierten Bedeutung dem Anwender auch unter Zeitdruck auf Anhieb und unmissverständlich erschließen

Laut Gesetzestext ist die Patientenverfügung eine verbindliche, antizipierte Willensäußerung für den Fall einer nicht mehr gegebenen Fähigkeit seinen Willen zu äußern. Gesetzlich ausdrücklich geregelt in §1827 BGB  - siehe nachfolgend (Stand September 2022) ...


§ 1827

Patientenverfügung; Behandlungswünsche oder mutmaßlicher Wille des Betreuten

(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betreuten zutreffen. 2Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. 3Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betreuten zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. 2Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. 3Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.

(4) Der Betreuer soll den Betreuten in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung hinweisen und ihn auf dessen Wunsch bei der Errichtung einer Patientenverfügung unterstützen.

(5) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. 2Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.

(6) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.



Sterbehilfe

Es gibt grundsätzlich 4 Arten der Sterbehilfe – 3 von diesen 4 sind in Deutschland erlaubt. 

Form von Sterbehilfe

1. Aktive Sterbehilfe (in Deutschland und meisten anderen Staaten strafbar)
Aktive Sterbehilfe - Als aktive Sterbehilfe bezeichnet man die Tötung eines anderen Menschen auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin.
In Europa ist aktuell in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg die aktive Sterbehilfe bereits gesetzlich erlaubt - unter strengen Auflagen und Prüfungen. In Deutschland greift hier wenn der ausdrückliche Wunsch des Verstorbenen nachgewiesen werden kann, der § 216 des Strafgesetzbuch - Anklage Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB). Wenn das Verlangen nicht nachgewiesen werden kann, ist mit einer Anklage wegen Totschlag oder Mord wahrscheinlich.

2. Passive Sterbehilfe
Die passive Sterbehilfe ist das Unterlassen oder Einstellen lebenserhaltender Maßnahmen..
Passive Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt - unterliegt jedoch strengen Vorgaben die das Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen erlaubt. Wenn der Patient einen Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen konkret in einer Patientenverfügung festgehalten hat, sind Ärzte in Deutschland zur passiven Sterbehilfe verpflichtet.

3. Indirekte Sterbehilfe
Die indirekte Sterbehilfe wiederum bezeichnet einen Fall, in dem Medikamente verabreicht werden, die zur Linderung von Leiden führen sollen wie Schmerzen oder Angst, aber gleichzeitig einen vorzeitigen Tod bewirken können. Ein Beispiel für diese Form ist die Verabreichung von Opiaten.
Indirekte Sterbehilfe ist erlaubt. Der Bundesgerichtshof hat das bereits 1996 durch ein Urteil bestätigt. Heutzutage ist indirekte Sterbehilfe vor allem in der palliativmedizinischen Versorgung weit verbreitet - aber viele Ärzte haben neben den verständlichen Ethisch-Moralischen Bedenken auch Sorge um die Regelungen der jeweiligen Landesärztekammern - die sehr unterschiedlich sind.

3. Assistierte Sterbehilfe / Freitodbegleitung
Die Beihilfe zur Selbsttötung, auch assistierte Selbsttötung betitelt, oder auch Suizidbeihilfe und assistierter Suizid genannt, ist das Beschaffen und/oder Bereitstellen der Mittel für einen Sterbewilligen. Der §217 des StGB der faktisch die die assistierte Selbstötung von 2015 bis 2020 unmöglich gemacht und unter Strafe gestellt hat - wurde vom Bundesverfassungsgerichtes am 26. Februar 2020 für verfassungswidrig erklärt. Das BVerfG hat festgestellt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst und die Freiheit einschließt, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen.

Aber damit der Ärzte, Helfer, und Unterstützer straffrei bleiben, muss der / die Sterbewillige seinen Tod jedoch selber herbeiführen. Wenn Helfer während dem Suizid anwesend sind, können sie wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB) verurteilt werden - hierfür bedarf es aber 'nur' eines einfachen unterzeichneten Schriftstück der 'Befreiung / Modifizierung der Garantenpflicht". 

Für Ärzte ist eine Beihilfe zur Selbsttötung bundesweit erlaubt - jedoch sollten die Ärzte zur Absicherung im Vorab immer die aktuellen  § 16 “Beistand für Sterbende” in deren Berufsordnungen der Landesärztekammer lesen. Eindeutig erlauben es aktuell die Bundesländer ...

  • Baden-Württemberg (“Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen.”)
  • Bayern (“Der Arzt hat Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen.”)
  • Berlin (“Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen.“)
  • Sachsen-Anhalt ("Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und Achtung ihres Willens beizustehen." )
  • Schleswig-Holstein ("Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen.")

... in wieweit die Anderen Bundesländer deren §16 der Berufsordnungen auslegen oder noch der Bundesärztekammer und den oben genannten Bundesländern folgend anpassen ist unklar.



Was passiert ohne Patientenverfügung?

Ohne Patientenverfügung darf es keine Zweifel geben, dass der Patient nicht mehr leben möchte – oder, dass die medizinische Behandlung das Leiden des Patienten nur verlängert. Wenn das gegeben ist, braucht es eine schriftliche oder mündliche Einwilligung des Patienten – was in vielen Fällen natürlich schwierig ist.

Darum formulieren sie ihre Patientenverfügung frühzeitig und eindeutig.



Psychiatrische Erkrankungen

Ein aktueller Beschluss des Bundesverfassungsgerichts stärkt die Rechte von Patienten in psychiatrischer Behandlung. Das BVerfG betonen darin, dass eine medikamentöse Zwangsbehandlung dann Grenzen hat, wenn der Patient sie vorher unmissverständlich abgelehnt hat – wie in einer Patientenverfügung. Außerdem darf er in unbehandeltem Zustand keine anderen Menschen gefährden, zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Patientenverfügung sei aber, dass sie selbstbestimmt und mit freiem Willen verfasst wurde.

Eine Patientenverfügung und die Urteilsfähigkeit 

Grundsätzlich gilt für jeden, dass beim Erstellen einer Willenserklärung oder auch ‚nur‘ der Patientenverfügung ist eine erhaltene Urteilsfähigkeit erforderlich. ( Gesetzestext bezüglich der Patientenverfügung  siehe § 1827 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1827 BGB - Patientenverfügung; Behandlungswünsche oder... - dejure.org  )   

Bei Personen die eine psychischen Erkrankungen haben, wird somit ein 'Psychiatrisches Gutachten über Urteilsfähigkeit' unabdingbar sein – da schon für eine Patientenverfügung  solch ein Gutachten über Urteilsfähigkeit nötig ist – wenn es um einen Freitod, Sterbebegleitung und Sterbehilfe gehen soll.

Das Gutachten und die psychologische Bestätigung soll verhindern, dass eine entsprechende Willenserklärung nicht später infolge vermuteter psychischer Störung als nichtig angezweifelt werden könnten ( Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 104 Geschäftsunfähigkeit ). 

Somit liegt im Falle von einer psychischen Erkrankung die Aufwände nun einmal höher – letztlich geht es aber um die Urteilsfähigkeit – die im Zweifelsfall jeder haben muss und sollte, dem geholfen werden soll.



Machen Sie sich auch Gedanken über weitere Dokumente wie ...

  • Vorsorgeverfügungen
  • Betreuungsverfügung
  • Organspende - wobei sich Organspende und Freitod nur schlecht miteinander vertragen - aber es ist machbar. Aber hier wird es nochmals komplizierter.



Artikel in diesem Zusammenhang:

Patientenverfügungen - Vorsorgemappe

Befreiung / Modifizierung der Garantenpflicht

Wer darf Sterbehilfe beanspruchen?

Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Sterben und Tod sollte und darf keine Tabus mehr sein.

Hilfe zur Sterbebegleitung finden - Lebensbericht - Persönlicher Brief(e)







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