Umgang mit Schweren Erkrankungen - Tipps für Angehörige und Freunde

Ob durch eine unerwartete Erkrankung wie einen Schlaganfall, Krebs oder schleichende Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson: Eine schwere Erkrankung stellt immer einen großen Einschnitt im Leben eines Menschen dar. Eine Schicksalsschlag, Unfall und die Diagnose einer schlimmen Krankheit stellt die Welt und das Leben auf den Kopf - für Betroffene, Partner, Familie, Freunde und Kollegen ist eine solche Nachricht ein Einschnitt. Die Reaktionen sind unterschiedlich und oft von Unsicherheit geprägt. 

Oft startet es mit Chaos and Sprachlosigkeit.

Sprachlosigkeit ist einer der häufigsten ersten Reaktionen und Gefühlen. Dies ist nicht nur wie ich zuvor schon beschrieb und mit Artikeln und Tipps beschrieben habe (Trauerbewältigung - Wie man mit Trauer umgeht - Ein Artikel insbesondere für Angehörige, Freunde, Kollegen etc.) aber genauso geht es Menschen beim Umgang mit schlimmen Diagnosen und Erkrankungen. 

Sprachlosigkeit ist wie gesagt einer der ersten Reaktionen und das kann man auch so zugeben – statt aus der Hilflosigkeit heraus etwas Unüberlegtes zu erwidern. Eine schlimme Diagnose stellt das gesamte Umfeld unter hohen Stress und Druck da man sich Überwältigt, Überfordert, Überfahren und und und fühlt oder auch ist.. Alle, wirklich alle brauchen Zeit, um sich zu sortieren, sich zu orientieren, und sich den neuen Rahmenbedingungen wirklich gewahr zu werden.

Schock und Achterbahn

Parallel zur fehlenden Sprache und Worte kommt ein Schock - dann und wann neben dem psychischen Aspekten eines Schocks auch physische Symptome - folgt echt schnell eine Achterbahn der Gefühle ... ein Hin und Her, Auf und Ab, innerhalb von Momenten über die ganze Zeit, mit jeder Veränderung in der Krankheit und in dem Verhältnis zur Erkrankung und auch von bzw zur Erkrankten / zum Erkrankten.
Jede und jeder wird Zeiten oder Momente der Hilflosigkeit, die Traurigkeit dazu auch Angst, Wut, und auch Scham erleben und mal dominiert das eine oder das andere. Besonders Partner und nahe Freunde und Bezugspersonen erleben dieses Hoch und Runter der Emotionen mit und können teils schwer damit umgehen.

Viele bemühen sich dann besonders stark um den Erkrankten. Wenn man ständig um ihn herumwirbelt, kann das die Belastung aber noch verschärfen. Oder überschütten ihn gar mit Ratschlägen. Dabei darf man nicht vergessen: Kurz nach einer schlimmen Diagnose erleben die Patienten nun einmal als Erste diese extremsten Kontrollverlust und diese Ausgeliefertsein. Wenn man dann ständig hört, was einem jetzt doch guttun würde, was man tun sollte, was andere gar von einem erwarten, kann das noch mehr verwirren. Es gibt Menschen die suchen in einer Krankheitssituation mehr nach sozialer Unterstützung, Gesprächen und Austausch der Gedanken und Gefühle, während Andere sich eher zurückziehen und weniger über das reden, was sie belastet. Dieser Rückzug kann als Selbstschutz für diese Personen notwendig sein. Aber als Angehörige oder Betroffene ist es OK einen Dialog und Kontakt zu suchen, 'an zu klopfen', mal nach zu fragen ... auch wenn man je nach Gesprächsbereitschaft umsichtig das Gesprächsangebote machen sollte.
Dies könnte so aussehen / sich anhören ...

"Ich habe gehört, was passiert ist. Möchtest Du reden?"
"Wie wäre es dir am liebsten, wie wir damit umgehen?“ Dann kann der Betroffene frei entscheiden, mit wem er wie über seine Krankheit reden will. Wenn er signalisiert, dass er nicht über das Thema sprechen will, sollte man das respektieren. Und wenn derjenige aggressiv reagiert, dann darf man Grenzen setzen: "Ich kann dich verstehen, möchte Dir beistehen, kann aber ja nichts dafür. ..." gefolgt von Angeboten wie "... Was kann ich oder was können wir tun?“ oder "... aber Du weißt ich bin / wir sind für Dich da!?"

Partner, Angehörige aber auch Freunde nehmen oft zwei verschiedene Rollen ein. Zum einen sind sie Helfer, Unterstützer, zum anderen sind sie diese in einem hohem Maße selbst betroffen - Partner und Angehörige sind oftmals psychisch ähnlich belastet wie die oder der Erkrankte. Vielfach stecken insbesondere Partner in einem Teufelskreis - welche Nähe ist OK, welche Rücksicht ist OK, welcher Abstand zur Selbstständigkeit oder aus anderen Gründen ist OK? Viele Betroffene reagieren distanziert, wollen etwa nicht angefasst werden. Oder haben Angst, nicht mehr attraktiv zu wirken. Das ist für den gesunden Partner schwer einzuordnen und führen zur nächsten Gefühlsachterbahn. Offenheit lässt sich nicht erzwingen. Aber man kann immer wieder respektvoll fragen. Zum Beispiel: „Ich würde dich gern in den Arm nehmen, darf ich das?“ 

Ich kann nur überaus empfehlen!

  1. Starten Sie mit Emphatie - Hilf deinem Angehörigen, mit der Diagnose umzugehen.
  2. Im zweiten Punkt bin ich mir nicht generell sicher - aber für mich und meine Frau und viele die ich begleitete und begleite ist es ein wichtiger Punkt - Informieren Sie sich rund um die medizinischen Situation und die medizinischen und pflegerischen Bedürfnisse. Unabhängig davon, ob Ehepartner, Eltern oder Großeltern betroffen sind: Es ist gut, die medizinischen Bedürfnisse von schwerkranken Angehörigen auch als Angehöriger selbst im Blick zu haben. Informiere dich beispielsweise rund um die möglichen Nebenwirkungen von Medikamente und Therapien etc., damit der / die Betroffene und man als Angehörige(r) besser vorbereitet ist und weißt was auf einen zukommen kann.
  3. Bespreche, Unterstütze, Gestalte den Alltag für den kranken Angehörigen so wie es jemanden wünscht und wie es machbar ist - und sei für deinen schwerkranken Angehörigen da - Leitlinie muss immer sein was der Erkrankte wünscht und machbar ist. Und immer was der Erkrankte für Würdig und Erduldenswert defniert
  4. Bespreche, Unterstütze, Organisiere Hilfe, eigenen und externe Hilfen und akzeptiere deine Grenzen. Hat ein Erkrankter einen Pflegegrad . und insbesondere wenn ein Pflegegrad II oder höher existiert, stehen bestimmte Leistungen zu, zumal bei unteren Pflegegrade üblicherweise  Zuhause gepflegt wird. Hierzu gehört nicht nur das Pflegegeld, sondern auch Betreuungs- und Entlastungsleistungen
  5. Der fünfte Punkt könnte auch an zweiter Stelle stehen oder fortlaufend - aber schließlich hier nun als fünfter Punkt. Sei vorbereitet, ehrlich und aufrichtig und habe die Würde und Selbstbestimmung des Erkrankten an oberster Stelle als oberste und wichtigste Leitlinie und Richtschnur - Bei schweren Krankheiten solltet ihr für mögliche Verschlimmerungen, Notfälle und Schlimmstes vorbereitet sein.
    Wie die Vorbereitung aussieht, hängt von der Erkrankung ab. Aber ich empfehle jedem, wirklich jedem eine Patientenverfügung aufzusetzen und auch über eine Vorsorgevollmacht nachzudenken - aber im Falle einer ernstlichen Erkrankung einer sich verschlechternden Perspektive in jedem Fall beides aufzusetzen. Bei fortschreitenden Erkrankungen wie Multipler Sklerose informiert ihr euch am besten beim Facharzt rund um die nächsten Perspektive  und wichtigen Schritte. Beantragt Hilfsmittel wie einen Rollator, Rollstuhl oder auch elektrischen Rollstuhl rechtzeitig. Je nach Prognose kann es sinnvoll sein, sich frühzeitig um einen Hospizplatz zu bemühen oder alternativ mit dem Arzt vor Ort über palliative Maßnahmen zuhause zu sprechen oder auch möglichst frühzeitig auch zu besprechen was man in keinem Fall will. Und das könnte heißen, dass man einen Freitod wünscht als langes gegebenenfalls nicht absehbar langes Leiden , sei das Leiden körperlich oder psychisch. Neben ggf einem Freitodwunsch kann man oder sollte auch defenieren wie die letzten Tage sein könnten - Lieblingsessen, Sehenswürdigkeiten, oder oder ... dies kann wie im Fall meiner Frau auch durch einen Wünschewagen erfüllt werden - meine Frau die über Jahrzehnte als Reittherapeutin arbeitete wollte trotz ihrer massiven Behinderung noch einmal auf einem Pferd sitzen - und der Wünschewagen aus Mannheim konnte dies erfüllen. Meine Frau war über mehrere Tage danach noch von Glück erfüllt.
    Aber zurück zu den Möglichkeiten der Vorbereitung des Schlimmsten - So kann es Sinn machen, eine Tasche für einen eventuellen Krankenhausaufenthalt parat zu haben. Oder auch andere Vorbereitungen des Wohnumfeldes - Rampen, Badumbau, ... frühzeitig und nicht erst wenn es zum Schlimmsten gekommen ist - auch für solche Umbauten gibt es Zuschüsse durch die Pflegekassen.

Wo kann man weitere Hilfe finden?

Wie schon gesagt die Krankenkassen und die Pflegekassen bieten viel Informationen an.
Sehr empfehlenswert sind die Pflegestützpunkte in den einzelnen Regionen und Bundesländern. Pflegestützpunkte bieten Hilfesuchenden Beratung und Unterstützung. Wenn Hilfesuchende selbst pflegebedürftig sind oder pflegebedürftige Angehörige haben, erhalten sie im Pflegestützpunkt alle wichtigen Informationen, Antragsformulare und konkrete Hilfestellungen. In den Pflegestützpunkten finden sie auch die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater der Pflegekassen.
Weiterhin finden Sie in den meisten Kliniken Psychosoziale Unterstützung für Patienten und Angehörige


Fazit

Schwere, unvorhersehbare Erkrankungen können jeden von uns treffen. Solltest du also einen schwerkranken Angehörigen haben, sprecht, redet, diskutiert - und klärt was die Betroffene / der Betroffene will und was möglich ist. Und behandle ihn ansonsten so, wie auch du in solch einer Situation behandelt werden möchtest.
Der Umgang mit einer Krankheit und die Betreuung eines Schwerkranken ist nicht leicht. Auszeiten für sich selbst sind hierbei essentiell, um Kraft zu tanken und deinen Angehörigen bestmöglich unterstützen zu können.
Würde - Selbstbestimmung und Ehrlichkeit zu sich, zur Situation und Rahmenbedingungen sind die Balancepunkte für ein Leben.


Artikel in diesem Zusammenhang

Leben, Sterben, Tod, Trauer und Liebe & Hoffnung

Trauerbewältigung kann schon vor dem Sterben beginnen - Wie man mit Trauer umgeht - Ein Artikel insbesondere für Angehörige, Freunde, Kollegen etc. - Coping With Grief - How to Deal With Grief - Bystanders, Colleagues etc.

Auch könnte oder sollte das Thema Beisetzung sein - es hilft in den meisten Fällen schwer Erkrankten und den Angehörigen - Mourning and Memorial Ceremony - As you like it



Comments

  1. Kommentare sind willkommen - Ich werde diese nach Möglichkeit lesen und auch beantworten. Jedoch publiziere ich keine Kommentare - ich denke dies ist nachvollziehbar - DANKE

    ReplyDelete

Post a Comment

Popular posts from this blog

Sterbehilfe bei psychisch kranker Studentin - Berlin 2024

Sterbehilfe - Organisation, Hilfe finden, Kosten

Medikament - Freitod

Leid heißt nicht nur Schmerz - Gedanken zum Freitod

Wie werden in wenigen Tagen die Abgeordneten über die Sterbehilfe abstimmen?