Warum wählen Menschen einen Freitod?
Gründe für Sterbehilfe
Medizinische Gründe und Diagnosen bei Sterbewilligen:
- Krebs
- Neurologische Erkrankungen und Störungen
- Multiple geriatrische Syndrome
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Schmerzpatienten
Beweggründe von Sterbewilligen:
- Verlust der Autonomie, von Kontrolle und Unabhängigkeit
- Krankheitsbedingtes Leiden (Schmerzen, Übelkeit etc.)
- Verlust der Fähigkeit, angenehme und sinnvolle Aktivitäten auszuführen
- Angst vor zukünftigem Leid
- Frühere negative Erfahrungen mit Tod und Sterben
Weitere medizinische, psycho-emotionale, sozio-ökologische und existentielle Gründe:
- Lebenssattheit, Verlust von allem was das Leben lebenswert macht
- Müde des bloßen Existieren, Selbstwertverlust, Erschöpfung
- Verfall und Verlust des persönlich-definierten Lebenswert
- Inakzeptable Lebensperspektive, zukünftiges Leiden, drohende oder schon bestehende Pflegebedürftigkeit
- Abhängigkeit, Hilflosigkeit, Autonomieverlust, Würdeverlust
- Unerträglichkeit eine Belastung zu sein
- Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeit und Lebensmüdigkeit
Das Verlieren von Selbstbestimmung und Würdeverlust, keine oder nur noch sporadisch Freude im und am Leben, sind neben Schmerzen, und physischem Leiden sind immer wieder plausible erläuterte Gründe sich ein würdevolles Ende zu wünschen. Wie man aus diesen Listen an Gründen leicht erkennen kann, sind die Gründe überaus individuell und Simplifizierungen wie man sie lesen und hören kann durch Politiker, die sich zum Beispiel in einem Strafgesetzentwurf der wider dem Grundgesetz, Wider dem BVerfG & Wider der Würde ist vereinigt haben, und Ärztegruppen wie 'Ärzte für das Leben' (Redebeiträge in den Bundestagsdebatten) sind nicht angebracht - und damit fach- und sachunkundig und vollkommen ekpathisch. Auch das Auferlegen von Lebensansicht Dritter und da sehe ich vorne an die Glaubens- und Weltanschauungen wie die der Christlichen Kirche sind schlichtweg übergriffig und um den Präsidenten des BVerfGerichts in seiner einführenden Erklärung zur Urteilsverkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 zu zitieren: “... Wir mögen den Entschluss ..." eines Sterbewilligen " ... bedauern, wir dürfen alles versuchen, ihn umzustimmen, wir müssen seine Entscheidung aber in letzter Konsequenz akzeptieren …”
Grundvoraussetzung um Hilfe zum Freitod zu finden
Eine Patientenverfügung ist eine der Voraussetzungen um Hilfe und Assistenz für einen Freitod zu finden. Aus einer Reihe von Aspekten, eine sehr bedeutende ist, dass bestenfalls bereits über Jahre ein Freitod in der Patientenverfügung herauslesbar ist oder explizit genannt wird.
In jedem Fall und Einzelfall setzt die Hilfe und Unterstützung eines Freitod eine bestehende Freiverantwortlichkeit des Sterbewilligen voraus. Es ist unabdingbar, dass die / der Sterbewillige ...
- gründliche Überlegung und Abwägungen angestellt und sich mit Alternativen des Weiterlebens kennt, sich mit diesen befasst hat und diese Alternativen alle ausschließt,
- eine klare Willensfähigkeit besitzt und Einsichtsfähigkeit,
- eine innere Festigkeit und Zielstrebigkeit.
Der Sterbewunsch darf nicht Ausdruck einer therapierbaren psychischen Störung (Sterbehilfe und psychische Erkrankungen) sein, sondern muss auf dem autonomen, gründlich überlegten, dauerhaften und die Gesamtsituation erfassenden Entscheidung einer urteilsfähigen Person beruhen.
Gründe die gegen Sterbehilfe sprechen
Auch wenn der Großteil der Deutschen sich für die Sterbehilfe ausspricht, so gibt es doch auch Gegenstimmen.
- Ärzt*innen weisen oft auf den sogenannten, geschworenen Hippokratischen Eid hin, der besagt, dass das Leben auf jeden Fall geschützt werden muss, und deshalb sollen sie Leben erhalten anstatt es zu beenden. Alles korrekt aber vielmehr geloben Ärzt*innen bei der Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand, beim Hippokratischer Eid und dem Genfer Gelöbnis, deren Wissen und Tätigkeit in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen, sowie mit Gewissenhaftigkeit und Würde auszuüben. In diesem Kontext lohnt es sich das hier verlinkte Interview anzuhören.
- Kranke Menschen könnten unter Umständen den Wunsch zur Selbsttötung nur äußern, weil sie Gedanken haben, ihren Angehörigen zur Last zu fallen. Wenn diese Gedanken aus Ängsten oder unbegründeten Überlegungen kommen - muss darüber gesprochen werden.
Es gibt aber auch eine Gruppe von Menschen für die es unerträglich ist anderen, auch ihren Liebsten, zur Last zu fallen - auch diese Ansicht ist zu respektieren - Menschen die ohnehin zu Lasten anderer leben, mag dieser Gedanke, völlig unnachvollziehbar sein - aber wer selbstbestimmt und aufrecht durch Leben ging verstehen dies um so mehr. - In jedem Fall ist ein assistierte Sterbehilfe eine hohe Belastung für alle Helfende, Angehörige, Ärzt*innen, Pflegekräfte und alle anderen die Involviert sind/ waren. Die Psyche und mentale Gesundheit der Beteiligten kann dadurch beeinträchtigt werden oft auch dauerhaft - da man diese Erinnerungen mit sich trägt - als Rettungssanitäter und Sanitätssoldat trage ich viele solcher Gedanken in mir - und für diese Helfer braucht es ein Netzwerk zur Intervision oder Supervision - ein Netzwerk welches ohne hin für alle Medizinischen und Pflegerische Tätigkeiten fehlt.
Es herrscht Notstand auf so vielem Ebenen
- Wir brauchen auf medizinischen Ebene weit mehr Verständnis, Akzeptanz und Wahrnehmung für Menschen mit Todeswünschen. Ja, sicher solche Wünsche sind, wie nahezu alle Wünschen im Leben, ambivalent.
- Betroffene die Todeswünsche haben, sollten diese äußern und man sie muss diese ernst nehmen – wichtig ist zu ergründen, ob es sich bei dem Sterbewunsch um eine Flucht aus einer physischen oder psychischen Lebenssituation handelt, und Hilfe zu einem besseren Leben geboten ist, oder auch der Sterbewunsch ein selbstständig, begründeten Weg den der / die Betroffene gehen will - die Frage ein Leben in Würde leben zu können, in Würde sterben zu können und nicht nur zu existieren, weil wir es medizinisch möglich und machbar ist.
- Wir müssen diesen Aspekt im Gesundheitswesen und in der Pflege in den Mittelpunkt rücken und damit die Menschlichkeit und Menschenwürde. Und dabei sehe ich die klassische Kirchen nicht.
- Wir brauchen eine Regelung für einen würdigen Freitod und einen Katalog medizinischen, psychosozialen und spirituellen Problematiken und Notwendigkeiten, um am Lebensende für Betroffene und Helfende einen Rahmen zu haben.
Begriffsklärung zur Sterbehilfe
- Die sogenannte aktive Sterbehilfe ist in Deutschland nach wie vor verboten. Sie beinhaltet das Verabreichen von Gift oder entsprechenden Medikamenten. Eine solche Euthanasie gilt als Tötungsdelikt und wird entsprechend strafrechtlich verfolgt.
- Die passive Sterbehilfe bedeutet, dass lebensverlängernde Maßnahmen eingestellt werden. Dazu gehören zum Beispiel das Abschalten der Beatmungsmaschine, das Einstellen der künstlichen Ernährung aber auch der Abbruch einer Therapie zum Beispiel bei Krebs- oder Dialysepatienten.
- Der assistierte Sterbehilfe hingegen beinhaltet, dass man einem Menschen zum Beispiel ein Medikament zur Verfügung stellt, das der Selbsttötung dient. Das Medikament muss allerdings von der sterbewilligen Person selbst eingenommen werden.
- Von indirekter Sterbehilfe spricht man, wenn beispielsweise ein Leiden durch die Gabe von Medikamenten deutlich gemindert wird, die Lebenszeit dadurch aber unter Umständen drastisch verkürzt wird. Hier geht es in aller Regel um den Erhalt der Lebensqualität.
Zahlen und Fakten
Erfahrungsbericht: Geschichte eines Sterbewilligen aus dem März 2023
Kommentare sind willkommen. ich werde diese Kommentare lesen, und bei Bedarf beantworten. Ich veröffentliche keine Kommentare.
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