Gesetzesinitiativen durch Katrin Helling-Plahr und Renate Künast,

Wie in einem vorherigen Post bereits geteilt haben am gestrigen Tag die beiden Abgeordnetengruppen um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorgestellt. 

Ich begrüße und freue mich über den Zusammenschluss der beiden parlamentarischen Gesetzesinitiativen ausdrücklich auch wenn es Einschnitte der aktuellen Sterbehilfe bedeutet - aber dafür wird dieser Enwurf Rechtssicherheit gewährleisten. Den zusammengeführte Gesetzentwurf der Abgeordneten: Katrin Helling-Plahr, Renate Künast, Helge Lindh, Dr. Nina Scheer, Dr. Petra Sitte, Lukas Benner, Dr. Till Steffen und weiterer Abgeordneter habe ich hier verlinkt.
Besonders begrüße ich, dass im §1 und §2 (siehe die Liste der §§ weiter unten) gleich zum Anfang des Entwurfs das Recht auf Hilfe beim Freitod und das Recht zur Hilfeleistung festgestellt, festgestellt und vorangestellt wird. Etwas dem aktuellen Castellucci Entwurf vollkommen fehlt.
Nach Lob gleich ein Tadel, in § 4 wird eine Verknüpfung der unten genannten Beratungsstellen mit Einrichtungen, in denen Hilfe zum Freitod geleistet wird, ausgeschlossen - wenn die Beratungsstelle organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden ist - was die Arbeit von Sterbehilfevereinen schwer macht / aushebelt. 
Aber letztlich oder sehr rasch wird klar, auch bei diesem Entwurf haben die Sterbewillige einen Hürdenlauf vor sich. Leider ist der fusionierte Entwurf, wie auch der noch viel restriktivere Entwurf der Gruppe um Lars Castellucci, praxisfern, theoretisch konstruiert und zeigt, wie mir Herr Castellucci in einem persönliche Gespräch bestätigte und in einer öffentlichen Versammlung bestätigte ,die Politiker sich nie oder nie auch nur etwas intensiver mit Sterbewilligen und dem Wunsch nach einem Freitod beschäftigt haben. Gesetzentwürfe die vor allem getrieben von einem ängstlichen oder besorgten Wunsch nach Kontrolle über Sterbewillige sind. Der Freiheitsgedanke, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Freiheitsrechte der Bürger, Würde und Menschlichkeit all dies wird und ist in keinem der Entwürfe spürbar. 

Aber zurück zum fusionierten Gesetzentwurf - Der Entwurf macht eine Gradwanderung, Balanceakt - you name it -  um einen  rechtlichen und regulatorischen Rahmen zu schaffen.
Und ja, auch wenn dieser Gesetzentwurf, Einschnitte zur aktuellen Sterbehilfe bedeutet, und ja ich würde mir wünschen, dass wir einfach die aktuelle Freiheit zu Sterben beibehalten könnten, ohne neue Hürden zu schaffen, aber ich kann die Ärztliche Seite, die Seite der Apotheker, der Juristen auch verstehen die Rechtssicherheit haben wollen und nicht nur die 'Ungeregeltheit' und Freiheit von heute.

Wie so oft im Leben Freiheit kann Angst machen - Aber sollten Politiker aus Angst solche Gesetze formulieren? Wo bleibt die Würde des Menschen. der leidenden Menschen, freien Entfaltung der Persönlichkeit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung?

Nun zum Gesetzentwurf ...

Der Gesetzentwurf soll einen rechtssicheren Rahmen für volljährige Menschen schaffen, die Einwilligungsfähigkeit, Einsichts- und Urteilsfähigkeit, und Freiverantwortlichkeit sind und ernstlich und eigenverantwortlich einen Sterbewunsch gebildet haben, und Personen, Helfern, wie Ärzte, Apotheker oder auch Pflegekräften die bereit sind, auf Wunsch von Sterbewilligen dabei zu helfen. Im weiteren schafft der Gesetzentwurf einen rechtssicheren Rahmen für die sichere Zugangsmöglichkeiten zu Arznei-/Betäubungsmitteln für ein würdiges und sicheren Sterbeprozess. 


Ärztinnen, Ärzte und ärztliche Beratung

Der Gesetzentwurf gibt Ärztinnen und Ärzte klare Entscheidungskriterien und Verfahrensregeln an die Hand. Ist sich die Ärztin / der Arzt bei dem Arztgespräch nicht sicher, ist eine zweite ärztliche Meinung heranzuziehbar. Die verpflichtende ärztliche Beratung, die sich am bewährten Konzept der Schwangerschaftskonfliktberatung orientiert soll, soll einen ausgewogenen Balance zwischen der Gewährleistung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben einerseits und dem Schutz der Autonomie Sterbewilliger andererseits schaffen. 

Der Gesetzentwurf sieht Beratungsstellen für die verpflichtende ärztliche Beratung vor, welche durch die Bundesländer, in der Folge, sicherzustellen sind. Als Beratungsstellen können auch Einrichtungen freier Träger sowie Ärzte und Ärztinnen anerkannt werden. Alle Beratungsstellen bedürfen einer staatlichen Anerkennung. Bis ausreichend anerkannte Beratungsstellen eingerichtet sind, darf jeder Arzt und jede Ärztin für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren, eine Beratung vornehmen und eine Bescheinigung ausstellen - somit gibt es eine Übergangsregelung auch hier.
In der Bundespressekonferenz gab es die Information, dass Sterbehilfevereine zunächst nicht so viel zu befürchten haben (man wird sehen). Seit die Debatte im Bundestag began, nach dem Urteil, bildete sich wieder rasch ein zentralen Diskussionspunkt wegen der Sorge um eine Kommerzialisierung und Normalisierung der Sterbehilfe, primär getrieben von hard-liner Abgeordneten, die sich wie zum Beispiel mir Herr Lars Castellucci, während eines persönlichen Gespräch und später in einer öffentlichen Diskussion wiederholte, sich nie wirklich oder auch nur etwas intensiver mit der aktuellen Arbeit und den aktuellen Beratungen und Prozessen der Vereine beschäftigt haben oder informiert haben, und ich befürchte er ist einer von vielen Abgeordneten die sich nie wirklich mit der Sachlage und er emphatischen und menschlichen Seite beschäftigt haben. Im Entwurf ist zunächst, wie gesagt, eine Übergangsregelung für die Beratungspflicht vorgesehen - aber von Bedeutung sei, dass es keine "Gewinnveranstaltung" werden solle. Etwas nie bei Sterbehilfe bestand.

Der Entwurf legt dar, dass die Möglichkeit, eine Beratung in Anspruch zu nehmen, nicht von der finanziellen Situation des Sterbewilligen abhängig sein darf. Die Beratung muss und soll unentgeltlich erfolgen. 


Der Entwurf differenziert, wie es das Bundesverfassungsgericht für zulässig hält  (Rn.340) nach Lebenssituationen der Betroffenen / des Betroffenen wegen einer ...

  • weit fortgeschrittenen unheilbaren Erkrankung (oder vergleichbar)
  • oder aus anderen Gründen
In Ausnahmefällen dürfen laut Gesetzentwurf Erwachsene auch ohne Beratung Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten bekommen. Etwa bei einer „nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung“. 

Der Gesetzentwurf umfasst weiterhin Änderungen des ...

  • Betäubungsmittelgesetzes und Arzneimittelgesetzes (Verschreibungsmöglichkeit zum Zwecke des Sterbens) 
  • Heilmittelwerbegesetzes (Schutz vor unzulässiger Werbung)

Der Gesetzentwurf umfasst ...

  • § 1 Recht auf Hilfe zur Selbsttötung
  • § 2 Recht zur Hilfeleistung
  • § 3 Autonom gebildeter, freier Wille
  • § 4 Beratung
  • § 5 Beratungsstellen
  • § 6 Verschreibung eines Arznei- und/oder Betäubungsmittels zum Zwecke der Selbsttötung
  • § 7 Verschreibung eines Arznei- und/oder Betäubungsmittels zum Zwecke der Selbsttötung in Härtefällen
  • § 8 Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb eines Arznei- und/oder Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung
  • § 9 Verordnungsermächtigung
  • § 10 Berichtswesen, Evaluation 
  • § 11 Übergangsvorschrift

und Änderung des ...

  • Betäubungsmittelgesetzes
  • Strafgesetzbuches
  • Arzneimittelgesetzes
  • Heilmittelwerbegesetzes

Mit der Fusion der beiden Gesetzentwürfe der beiden Abgeordnetengruppen um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) liegen dem Bundestag nun nicht mehr drei sondern nun zwei Konzepte vor -  über die, noch vor der Sommerpause, so heißt es, abgestimmt werden soll bzw kann ggf in der ersten Juliwoche. Aktuell heißt es auch, dass kein Fraktionszwang bestehen soll. 

Der andere Gesetzentwurf aus der Gruppe um Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling, Dr. Kirsten Kappert Gonther, Petra Pau, Stephan Pilsinger, Benjamin Strasser, Kathrin Vogler, Katrin Göring-Eckardt, Hermann Gröhe, Hubertus Heil (Peine), Mechthild Heil, Julia Klöckner, Michelle Müntefering, Dr. Rolf Mützenich, und Cem Özdemir,  Claudia Roth (Augsburg), Jens Spahn und weiterer Abgeordneten fordert weit höhere Hürden als der oben genannte Entwurf. Und der Castellucci Entwurf baut nur auf Strafrecht, Strafen und Androhungen und ist letztlich einfach eine erneute Aktivierung des verfassungswidrigen §217 StGB. Der Entwurf der Gruppe um Lars Castellucci widerspricht allen zentralen Aussagen des BVerfGerichts, des frühere §217 StGB der von 2015 bis 2020 die Grundrechte beschnitten hat. Lars Castellucci (SPD) will Sterbehilfe über Strafrecht und Strafandrohungen regeln.




Comments

  1. Kommentare sind willkommen, auch wenn ich keine veröffentlichen werde, aus nachvollziehbaren Gründen. Ich lese Kommentare und antworte bei Bedarf.

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