Trauer nach einem Suizid

In Deutschland kommt Suizid etwa dreimal so häufig vor wie ein Verkehrsunfall mit Todesfolge.

Die Zahl der Suizide in Deutschland (Statista) bewegen sich dabei in den letzten zehn Jahren auf einem relativ konstanten absteigenden Niveau bei über 10.000 zu aktuell in 2021 bei 9.215. Die Zahlen der Suizide seit Beginn dem Achtzigerjahre die bei bis zu 18825 Suiziden lagen haben sich mehr als halbiert.

Der Rückgang der Zahlen haben eine Reihe von Gründen, Ursachen und gründen auf verschiedenen Suizidprävention-Maßnahmen und -Angeboten - wie effektivere Vorsorgemaßnahmen, eine verbesserte Aufklärung und eine gewachsene Sensibilität in der Gesellschaft und Medien. 

Um Menschen Hinweise und Tipps für das Gespräch mit einer suizidgefährdeten Person zu geben habe ich zum Welt-Suizid-Präventionstag 2023 am 10. September 2023 einige Empfehlungen zusammen gefasst die helfe, die richtigen Worte zu finden um ein Gespräch zu führen.

Der Begriff Suizid oder auch Selbstmord, Selbsttötung beschreibt die absichtsvoll herbeigeführte Beendigung des eigenen Lebens. Ein Freitod, den ich unterstütze, ist eine völlig andere Sache und Motivation, und im Gegensatz zum Suizid eine würdevolle und wohlerwogene Situation. Von Suizid spricht man, wenn sich eine Person gezielt, oft situativ getriggert, aus einem Affekt oder mit Absicht das Leben nimmt. Die lateinische Bezeichnung "Suizid" (Suicid = Tötung seiner / selbst  =  sui „seiner [selbst]“ und caedere „töten, morden“) und Suizidalität ist der psychischen Zustand, in dem Gedanken, Phantasien, Impulse und Handlungen anhaltend, wiederholt oder in krisenhaften Zuspitzungen darauf ausgerichtet sind, durch den eigenen Tod sich dem Leben zu entziehen / zu fliehen - alles Zustände und Aspekte die bei einem Freitod nicht vorhanden sind.
Einem Suizid geht in der Regel der Wunsch voraus, dem eigenen Dasein ein Ende zu setzen. Personen mit Selbstmordgedanken möchten einer belastenden Situation entkommen oder glauben, dass es keinen anderen Ausweg als den Suizid für sie gibt.

In der Gesellschaft. in der Alltagssprache werden die Begriffe Suizid und Selbstmord synonym verwendet. Da der Akt der Selbsttötung strafrechtlich nicht relevant ist, wird bei Juristen der  Begriffs "Selbstmord" nicht verwendet - in Ermangelung der 'juristischen Sprache' vermischen Juristen aber leider auch Freitod und Suizid - was zeigt, dass Juristen sich hier auf einen aktuellen Stand bringen müssen.

Jetzt möchte ich aber auf die Motivation kommen diesen Artikel zu schreiben. Ich möchte Familien, Angehörigen, Freunden und Kollegen eine Hilfe geben mit der Situation eines Suizid umzugehen.


Trauer nach einem Suizid

Eines vorweg der Tod eines geliebten Menschen verändert das Leben der Hinterbliebenen immer und grundlegend. Je plötzlicher, unerwarteter und heftiger dieses Erlebnis kommt um so extremer und aufwühlender wird die Trauer und das Leben der Hinterbliebenen sein.
Der Schmerz. Gedankenchaos und Achterbahn der Emotionen geht oft einher mit der Frage nach dem Wieso, Warum,Verlassensein, Hilflosigkeit, Schuldgefühlen und Schuldzuweisungen. Das Leben, das Gefüge einer Familie, eines Freundeskreis und auch des Arbeitsumfeldes ist stark zerrüttet oder auch zerstört, die Elemente, die Funktionen und Verhältnisse müssen neu geordnet werden - aber nach solch einem Ereignis hat man oft das Gefühl, dass da gar nichts mehr ist zu ordnen - viel Leere, Hilflosigkeit und dunkle Schatten.
Das Ereignis, der Verlust des Menschen kann nichts mehr ungeschehen gemacht werden, aber Möglichkeiten, damit weiter zu leben, finden sich leichter zusammen mit anderen.


Trauer, eine immer ganz persönliche Achterbahn

Sterben und Tod sind mit Kummer und Trauer verbunden - um so unvorhersehbarer kommen diese Emotionen bei einem Tod durch Suizid - da nun einmal die Art des Todes einen sehr wesentlichen Einfluss auf die Trauer und den Umgang mit Tod und Trauer hat.

Fragen und Gefühle, die bei anderen Todesarten gar nicht oder abgeschwächt auftreten. die bei einem Suizid bei viele Hinterbliebenen besonders vorkommen sind oft ...

Gefühle wie Schuld und Versagen  - kommen bei nahezu allen Familienmitgliedern und Freunden vor, aber auch bei Kolleg*innen und Menschen die oft mit dem Verstorbenen zu tun hatten. 

  • Ich konnte es nicht verhindern, ich habe es nicht bemerkt! 
  • Wie konnte ich Zeichen nicht erkennen?
  • War ich ein schlechter Partner, Freund, Kollege ... ?
  • Waren meine letzten Worte, Taten ... zu harsch?

Achterbahn der Gefühle und Infragestellung von Emotionen und Lebens- oder Arbeitsinhalten

Aber auch Scham, Verleugnung, Wut oder Ärger auf Umstände, Familien, Gruppendynamik aber auch auf den Verstorbenen kommen oft vor und auf. Was auch oft zum Verlust der Perspektive für das weitere Leben, Lebensumfeld und auch Arbeitsumfeld führen kann.


Ganz, ganz wichtig - Trauer ist individuell

Es gibt für die Trauer nach einem Suizid keine allgemeingültige "richtige" oder "falsche" Art zu trauern und diese schwere Lebenskrise zu bewältigen es gibt keinen Weg, keine Phasen - Jede/r hat seinen eigenen Weg durch seine Trauer.


Berührungsängste beim Sterben und Tod 

Da schon Erwachsene Berührungsängste mit Sterben, Tod und Suizid haben, da verwundert es nicht, dass sehr viele scheuen Kindern den Tod zu erklären / zu besprechen. 

Der Tod ist in unserer Gesellschaft ein Tabu. Früher waren die Menschen viel unmittelbarer davon umgeben, allgegenwärtig, in Form von Krankheiten, Unfällen oder anderen Ereignissen. Heute sterben die meisten Menschen fern von ihren Lieben und abgeschirmt von der Außenwelt, in Alternsheimen, Krankenhäusern. Es kostet uns schon bei einem natürlichen Tod selbst erst einmal Überwindung, den Tod anzunehmen und zu akzeptieren , um so schwieriger ist es bei einem Suizid. 

Suchen Sie das Gespräch - oft schon ein gemeinsames Schweigen kann helfen - aber ich kann nur empfehlen reden Sie! - Sie werden sehen, das Gespräch wird ihnen und dem Gegenüber gut tun.

  • Seien Sie ehrlich!
  • Sprechen Sie Unsicherheiten an und aus!
  • Lassen Sie Ängste und Sorgen zu, schon das Aussprechen hilft.
  • Lassen sie Ungewissheiten stehen!

Dies gilt um so mehr wenn das Gespräch mit Jugendlichen und Kindern geführt wird. Jugendlichen und Kinder schnappen vieles auf, fühlen Dissonanzen und sind mit den Themen Tod und Sterben vertrauter, als viele Erwachsene sich vorstellen und glauben. 

Erwachsene denken oft, Kinder sollten mit dem Thema Tod und Sterben am besten noch gar nicht konfrontiert werden. Experten wissen, Studien haben gezeigt, dass Trauererfahrungen in der Kindheit den Grundstein dafür legt, wie diese jungen Menschen in Zukunft mit einem Verlust und Trauer umgehen. Auch sollten Kinder bezüglich der Todesart nicht belogen werden - sei es ein Verkehrsunfall, Herzinfarkt, oder Suizid. Vom Alter des Kindes und der individuellen Situation ist die Wortwahl, die Details und die Tiefe und Ausführlichkeit abhängig. Fällt es einem als Elternteil oder Partner des Verstorbenen zu schwer - Vielleicht ist ein Erwachsener aus dem Freundes- oder Verwandtenkreis in der Lage, sich dem Kind als Gesprächspartner anzubieten, falls es für ein Elternteil oder Partner des Verstorbenen zu schwer ist.

Wichtig ist es, dass gesprochen wird, und dass Kinder mit Erwachsenen über deren Gedanken und Fragen sprechen können. Trauern ist wichtig, um über den Tod hinwegzukommen. Nach dem Schock kommen die Tränen und das Gefühl der Leere, und dann nach und nach die positiven Erinnerungen, die uns begleiten. Wenn Ihr Kind die Trauer als einen Teil des Prozesses des Verabschiedens erlebt, wird es selbst besser mit Sterben und Verlust umgehen können.  


Artikel in diesem Zusammenhang die beim Trauern oder beim Umgang mit Trauer und Sterben helfen könnten:


(Auch wenn Artikel in Englisch geschrieben sind - Aktuell bietet jeder Browser eine Übersetzungsoption die gute Übersetzungen liefern)

Trauern - 4 Empfehlungen zum Umgang mit Trauer, wenn man sich auf den Schattenseiten der Lebens befindet Mourning - 4 Hints dealing with Grief - finding yourself on the shady side of life

Trauer und Verlust verarbeiten, Rückschläge erleiden und schwierige Tage meistern - Coping with grief and loss, suffering setbacks, and mastering difficult days

Trauerbewältigung - Wie man mit Trauer umgeht - Ein Artikel insbesondere für Angehörige, Freunde, Kollegen etc. - Coping With Grief - How to Deal With Grief - Bystanders, Colleagues etc.


Weitere Artikel in diesem Kontext, die weiter helfen könnten

Sinn des Lebens - Auseinandersetzung mit Leben, Sterben und Tod




Im Fall von psychiatrischer Krisen

Notfall

Notaufnahme in der Akutpsychiatrie: In größeren psychiatrischen Kliniken existieren Notaufnahmen mit Fachärzt*innen, die ähnlich funktionieren wie die körperliche Notfallmedizin. Diese sind 24 Stunden täglich erreichbar.
Schnelle Hilfe im Notfall: 112 (Rettungsdienst)

Bei Vergiftungen:

Bei lebensbedrohlichen Symptomen wie Bewusstlosigkeit, Krampfanfällen etc. rufen Sie bitte direkt den Notarzt – in Deutschland über die Nummer 112

Giftnotruf

Kostenfreie Informationen bei Verdacht auf Vergiftungen geben rund um die Uhr folgende Giftnotrufe:

Giftnotruf der Charité: 030 19240

Giftnotruf der TU München: 089 19240

Vergiftungs-Informations-Zentrale: 0761 19240



Hilfe - Rufnummern und Websites

Sozialpsychiatrische Dienste
Die Sozialpsychiatrischen Dienste unterstützen in der ambulanten Versorgung und Hilfe von Menschen mit chronischen psychischen Störungen. Sowohl Betroffene als auch Angehörige können sich beraten lassen. Die Psychiatrischen Dienste sind lokal organisiert und am besten durch eine Eingabe über eine Suchmaschine wie google.com mit den Suchbegriffe:
  • Sozialpsychiatrischer Dienst
  • eigenen Wohnort


SeeleFon/Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. (BApK)
Bundesweite Telefon- und Mail-Beratung für Angehörige von psychisch erkrankten Menschen. Die beratenden Personen, die selber Angehörige sind, können aus eigener Erfahrung viele nützliche Hilfestellungen geben und wissen, wie wichtig es ist, verständnisvoll zuzuhören. 
Telefon: 0228 71002424


Telefonseelsorge, bundeseinheitliche Nummern
Die Telefonseelsorge bietet kostenfreie Beratung per Telefon, Mail, Chat oder vor Ort. Sie ist für jeden da, für alte und junge Menschen, Berufstätige, Nicht-Berufstätige, Auszubildende, Rentner, für Menschen jeder Glaubensgemeinschaft und natürlich auch Menschen ohne Kirchenzugehörigkeit. Die Gespräche sind anonym und die Mitarbeiter*innen rund um die Uhr erreichbar.
Telefon. 116 123

http://www.telefonseelsorge.de/

Evangelisch.: 0800  111 0 111 

Katholisch: 0800  111 0 222


Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche und Eltern
Nummer gegen Kummer e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern, Jugendlichen und Eltern ein kompetenter Ansprechpartner zu sein bei kleinen und großen Sorgen, Problemen und Ängsten. 
Telefon Beratung für Kinder und Jugendliche: 116 111
Elterntelefon: 0800 111 0 550

https://www.nummergegenkummer.de/


Nationale Kontakt- und Informationsstelle (NAKOS) zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen
Die NAKOS ist die zentrale bundesweite Anlaufstelle in Deutschland rund um das Thema Selbsthilfe. Als Knotenpunkt vernetzt NAKOS die relevanten Akteure. Interessierte, Betroffene und Angehörige finden hier alle notwendigen Informationen. Dabei zeigt NAKOS die Vielfalt und Möglichkeiten gemeinschaftlicher Selbsthilfe auf und fördert und vertritt sie gegenüber Politik und Gesellschaft.
Telefon: 
030 - 31 01 89 60

https://www.nakos.de/






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  1. Kommentare sind willkommen - ich lese die Kommentare, beantworte nach Möglichkeit - Kommentare werden nicht veröffentlicht.

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