Trauer ist Natürlich und Normal - Trauer zulassen

Trauer ist natürlich und normal. Traurigkeit gehört zu den ersten Emotionen, die schon Kinder im Kindergartenalter erleben. Bedauerlich ist es, dass die Trauer in unserer Gesellschaft ein oft verdrängter Gefühlszustand ist.

Menschen trauern verschieden, jede Trauer ist verschieden, es gibt keine Norm - Verschieden und ohne Norm weil Individuell - weil die- und derjenige wer trauert stetig veränderlich ist, die Beziehung, das Verhältnis, die Nähe und Relationen von und zu einander oder zur Sache (man kann um Menschen, Tiere, Dinge, Ereignisse, Gegebenheiten, .. etc trauern) veränderlich und anders ist.
Aber was helfen kann ist Wissen über Trauer. Dies kann und wird Sicherheit oder Halt im Umgang mit sich und Trauernden geben, und Sicherheit zusätzliche Belastungen und Verletzungen der Betroffenen zu vermeiden.

Trauer ist oft wie ein Ocean

Trauer ist mir in ganz unterschiedlichen Formen begegnet. Mal kommt es wie ein böse Strömung die einen auf das offene Meer rauszieht / rausreißt. Manchmal auch als sanfte Strömung die sanft den Sand unter den Füssen am Strand wegperlen lässt, was sich bei aller Trauer auch gut anfühlen kann, aber auch mit Momenten wo dieses sanfte perlen der Sandkörner einem den Sand, den Halt, den Boden unter den Füssen wegzieht. 
Um das Bild des Meers beizubehalten - Trauer hat Strömungen die jeder nach seinem eigenen Halt (und damit meine ich sehr konkret den inneren Halt und äußeren Halt) individuelle Formen und Ausprägungen. Wer schon am Meer stand Strömungen gespürt hat, Wellen gespürt hat, oder auch wie ich schon Wellen geritten ist und den Wechsel zwischen unglaublichen Halt und Stabilität mit Momenten des Unerwarteten gespürt und erlebt hat, oder auch nur die Bilder vor Augen hat, kann hoffentlich nachempfinden oder sich vorstellen wie schnell der Wechsel dazwischen sein kann, zwischen Halt und Stabilität zu Fallen, Stürzen und von der Welle niedergedrückt, gehalten zu werden, bis hin zu von einem rip tide, or riptide, einer Brandungsrückstrom auf den offenen Pacific herausgezogen zu werden.

Auch wenn ich mein beinahe Ertrinken, bei einer Surf-Session, rückblickend nie als so scary empfunden habe, verbinde ich dies Bild mit Trauerphasen - die sehr wohl übermenschlich und überwältigend sein können.
Gerade zu Beginn einer Trauer wird man nicht nachvollziehen können, dass Trauer etwas Liebevolles, Sinnvolles sein kann und dass man Trauer als erlebenswert erkennen wollte. Sondern viele werden und die meisten Menschen werden viel Kraft darauf verwendet, dagegen anzukämpfen. Gegen die Tiefs, in die einen die Trauer stürzen kann. Gegen das Gefühl der Ohnmacht, das man so oft spürte, weil oft kein Alltag mehr möglich ist bzw gesehen wird. Bei solchen Strömungen der Emotionen und der Gefühle kostet der Kampf so viel Kraft, die man gar nicht hatte. Und nun passt auch wieder das Bild und Assoziation -  kognitiver Verknüpfung und Verbindung mit den Sinneseindrücke eines 'Fallen vom Surfboard' bei einer übermächtigen Welle gepaart mit einem Riptide, einer Brandungsrückstrom - es macht keinen Sinn alle Kraft darauf zu verwenden sich dagegen zu wehren. 
Nimm die Strömung - Nimm die Trauer an. Spüre die Strömung - Spüre die Tauer. Lass das was passiert zu. Und arbeite mit ihr nicht gegen sie.

Erst dann wenn man für sich akzeptiert, dass die Strömung oder die Trauer unvermeidbar ist, dass sie bleiben kann, darf und muss, konnte dies auch zulassen. Bewusst!
Nun aber weg von der Assoziation und näher an die Trauer - Es gibt ganz viele Gründe, die dafür sprechen, die Trauer zuzulassen. Meine fünf wichtigsten Gründe sind diese:

Trauer ist unvermeidbar und kommt sowieso

Trauer sucht sich ihren Weg - Versuche der Verdrängen sind vergeblich. Sorry to be that straight. Trauer ist Energie, die danach verlangt, seinen Platz zu bekommen, freigesetzt zu werden - und sie hat auch deren Platz verdient, da es die Kehrseite der Münze ist die auf der anderen Seite mit 'Liebe' gelabelt ist.
Erst wenn man akzeptiert, dass der Strom, die Strömung der Gefühle, die Trauer ohnehin kommen wird, es egal, was man tut, fällt einem der Fallen-Lassen und der Umgang etwas leichter - und ja es tut immer (noch) weh.
Die Wellen brachen immer noch über einen herein und 'Unterströmung' ziehen ein noch weiter runter, können einem die Luft zum Atmen nehmen. Aber ich bitte Euch / ich empfehle Euch, verwendet keine Kraft mehr darauf, gegen die Wellen anzuarbeiten, anzuschwimmen, zu tauchen etc. oder welches Bild Euch am ehesten in den Sinn kommt. Sondern ich empfehle, lasst euch eine Weile treiben, lasst es geschehen, lasst euch von der Welle tragen, immer noch traurig und wehmütig. Aber ihr werdet mehr Kraft haben, euch über Wasser zu halten und einmal Luft zu schnappen als in der Zeit, als ihr immer nur gegen die Welle und Ströumng ankämpft.
mir wurde mit jeder Welle klarer: Mal ist es ganz schlimm und kaum auszuhalten. Mal aber gibt es auch Momente, in denen ist es okay. Ruhiger. Die Trauer kommt, geht aber auch wieder.


Trauer kann verbinden - wie ist Deine Entscheidung

Auch wenn mir Trauergruppen nicht geholfen haben - weiß ich aus Trauerbegleitungen, dass sie für andere um so wertvoller sind. Auch wenn es für mich oft so war, als wenn mich die anderen Teilnehmern umklammern, und mich an meiner Beweglichkeit hindern, weiß ich dass es anderen völlig anders ging, auch in der selben Gruppe. Somit empfehle ich es jedem gebt dem eine Chance und damit euch.
Von Teilnehmern hörte ich, dass diese Zeit unglaublich hilfreich für sie waren. Zwei Teilnehmerinnen sprachen von einer 'Nest-Geborgenheit' berichteten, dass sie sich verstanden und aufgefangen fühlten. Zusammen mit Menschen, denen es ähnlich ging wie ihnen. 
Die Mehrheit der Teilnehmenden in den Trauergruppen sprachen davon, dass sie eine sehr starke Verbindung zu den anderen gespürt haben. Da alle Trauergruppenteilnehmer sich dort in einer absoluten Ausnahmesituation begegneten. Gemeinsam scheigend, gemeinsam sprechend und zuhörend - Vertrauen aufbauend und sich gegenseitig unterstützen . 


Emotionen und Intuitionen zulassen

Trauer bedeutet zulassen und geschehen lassen - aber auch Nein zu sagen. Nicht ein Nein zur Trauer selber aber zu dem was einem in der Zeit nicht gut tut - sich von Menschen und Dingen zu distanzieren die nicht gut sind. Dies kann für den Moment sein, oder solange wie dies einfach nicht gut tut. Einfach, weil man nicht anders kann. 
Verliert man einen geliebten Menschen, verliert man ein geliebtes Wesen oder Sache, stellt das alles auf den Kopf - werden Dinge und Emotionen durcheinandergebracht, in Trauernden herrscht allzu oft ein Chaos der Gefühle und vieles was geordnet und im Fluss war, stimmt einfach nicht mehr. Oft haben wir dann das Bedürfnis nach Ordnung oder Konintuiertät - viele haben ein unstillbare Bedürfnis, zu putzen und aufzuräumen oder in der Natur zur Verweilen, mir tat es und tut es gut einfach nur dem Vater Rhein in seinem Fließen zu beobachten. So schaffen wir uns im Außen das, was wir im Inneren gerade nicht haben. 

Trauer zulassen

Zu akzeptieren, Trauer zu zulassen, zu spüren das Trauer und Heilsamkeit zusammenspielen, dauert und hier ist der Faktor Zeit wichtig. Zeit zu gewähren, Zeit sich zu geben und zu nehmen. (Wir kennen alle das Zitat: "Zeit heilt alle Wunden" ... nun Ja und Nein, wie ich denke).
Dies zu begreifen, kostet of und jh´hat mich doch eine Zeit gekostet. Denn lange Zeit spürte ich nur ein heftiges Wechselspiel der Gefühle nicht nur über die ganzen Monate sondern auch oft innerhalb eines Tages , und wenig von so etwas wie Heilung. Und hörte und spürte ich wenn auch nur wenig in mir selber davon, an meiner Trauer vielleicht sogar zu wachsen, aber als Stoiker konnte und kann ich nur daran glauben - so ist meine Natur.

Wenn ich wirklich hingesehen habe, mit allen Konsequenzen, mit vielen Tränen, mit bewusster Auseinandersetzung mit dem, was passiert war, hatte ich immer das Gefühl, ein Stück geheilt und gewachsen zu sein (obwohl ich eh schon 1,90 bin 😉 ). Weinen kann sehr heilsam sein. Ich hatte selbst Phasen, da wollten gar keine Tränen fließen. Und auch diese Phasen waren und sind OK.

Artikel zur Trauerarbeit


Größte Erkenntnis Trauer ist immer da, Trauer darf bleiben, ... 

Trauer nichts als der Ausdruck von Liebe ist - Liebe die nun leider kein Gegenüber, keine Empfänger/in mehr hat. Trauer ist im Grunde der Ausdruck über den Schmerz, den wir empfinden, weil wir einen Menschen verloren haben. Schmerz über einen Verlust können wir nur empfinden, wenn wir jemanden wirklich lieben und dies bestimmt wie am Anfang gesagt, als ich von der individualität von Trauer gesprochen habe, eine sehr große Variable für die Art der Trauer.
Und vielen geht es wie mir, ich möchte nicht, und ich kann  mir nicht vorstellen, dass die Liebe zu meinem Frau irgendwann endet, sie wird immer da sein, so lange ich lebe. Und weil die Trauer so eng verbunden ist mit dieser Liebe, will ich sie annehmen, will ihr Raum geben, will sie fühlen, so wie ich die Liebe fühle.


Es gibt keine Falsch oder Richtig - solange es sich gut und richtig für dich anfühlt

Trauer ist außerdem sehr individuell - Vielleicht hast Du ganz andere Gründe dafür, die Trauer zuzulassen oder eben nicht? 

Ich und niemand kann und will und sollte Dir sagen, was für Dich richtig oder falsch ist.

  • Vielleicht fühlst Du Dich davon inspiriert?
  • Vielleicht stimmst Du mir zu?
  • Vielleicht bist Du aber auch in einer ganz anderen Phase der Trauer?
Vielleicht zweifelst Du - und sagst Dir, dass kann doch alles nicht sein! auch das kann gut sein, nimm Dir Zeit für Dich Deine Emotionen, Deine Trauer und nimm Dir Deinen Raum. Wie jemand trauert und welche Unterstützung er dann benötigt, ist ganz unterschiedlich. Um die Trauer überwinden zu können, ist deshalb ein individueller Ansatz sinnvoll und zielführend. Wobei Ansatz und Ziel ganz Dir überlassen ist.


Ein Zitat zum Ende ...

Und auch wenn ich Sigmund Freud sehr skeptisch betrachte dies würde ich gerne noch teilen. Sigmund Freud am Ende seines Lebens noch lange getrauert. Eine seiner Töchter, Sophie, starb im im Alter von 27 Jahren überraschend - etwa zehn Jahre später schrieb Sigmund Freud in einem Brief an einen Freund: "Man weiß, dass die akute Trauer nach einem solchen Verlust ablaufen wird, aber man wird ungetröstet bleiben, nie einen Ersatz finden. Alles, was an die Stelle rückt, und wenn es sie auch ganz ausfüllen sollte, bleibt doch etwas anderes. Und eigentlich ist es recht so. Es ist die einzige Art die Liebe fortzusetzen, die man ja nicht aufgeben will."

Weitere Artikel im meinem Blog zur Trauer

Comments

  1. Kommentare werden nicht publiziert. Aber ich lese dies, gehe ggf. bei einen späteren Artikel darauf ein oder beantworte diese nach Möglichkeit und Bedarf.

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