Sterbehilfe mit Seele – Ein ehrlicher Erfahrungsbericht

Die Sterbehilfe in Deutschland bewegt sich rechtlich und gesellschaftlich in Spannungsfeldern – doch jenseits der Gesetze und der Regelungen bleibt das Persönliche: Wie fühlt es sich an, einen geliebten Menschen auf seinem Weg in den selbstgewählten Tod zu begleiten?

Diese Frage beantwortet Carola Gehrke in ihrem auf Sein.de erschienenen Artikel „Montag um zehn“ auf eine selten berührende Weise. Ihr Bericht handelt von den letzten Tagen mit einem Mann, den sie als „Vater ihres Herzens“ beschreibt – und der in einer Berliner Wohnung, nach sorgfältiger Vorbereitung, durch ärztlich begleitete Suizidassistenz aus dem Leben ging.

Carola Gehrke beschreibt darin die letzten Tage mit ihrem 97-jährigen „Vater des Herzens“, der sich in Berlin für einen selbstbestimmten Tod entschied – begleitet von, so wie man es aus dem Kontext entnehmen kann durch die DGHS,  in Begleitung eines Arzt und einer Juristin, Familie, und ihr.

Was das Besondere an diesem Text ist? Seine Ehrlichkeit. Gehrke versteckt nichts – weder ihre Zweifel noch ihre spirituellen Fragen. Sie dokumentiert nicht nur den Ablauf, sondern auch das emotionale Ringen um Würde, Wahrheit und Loslassen. Gehrke beschreibt nicht nur Abläufe, sondern auch innere Prozesse: die Auseinandersetzung mit Schuldgefühlen, mit spirituellen Fragen zum Loslassen, mit der Frage, was es bedeutet, bereit zu sein – als Sterbender und als Begleiter*in.

Ich selbst durfte vergleichbare Erfahrungen machen – und habe den Abschnitt „Wir hatten noch fünf Tage“ mit stillem Kopfnicken gelesen. Diese letzten Tage können eine eigene Dimension entfalten: Wichtige Gespräche, Erinnerungen, aber auch ganz einfache Dinge wie die Suche nach einem Eierkocher werden plötzlich symbolisch. Ich erinnere mich an Sterbende, die sich in den letzten Tagen noch sehnlichst ein bestimmtes Lied, einen Spaziergang, oder sogar ein letztes Mal Käsekuchen wünschten. Das Alltägliche wird existenziell.

Der Artikel lässt viel Raum für Reflexion – und geht weit über eine persönliche Erzählung hinaus. Er ist auch ein wertvoller Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion über Sterbehilfe in Deutschland, ohne moralisch zu werten. Der Text öffnet einen Raum – nicht für fertige Antworten, sondern für Fragen, für Mitgefühl, für Erkenntnis.
Und genau das ist es, was Sterbehilfe in einem humanen Sinn braucht:
Menschlichkeit, Bewusstheit, Klarheit.

Ich empfehle euch nicht nur diesen Artikel  „Montag um zehn“ auf Sein.de, sondern auch ihr Buch Willst Du wirklich sterben, Vater meines Herzens?. Es ist nicht laut, nicht reißerisch – sondern still, kraftvoll und klug.

Weitere Erfahrungen von Sterbebegleitungen finden man unter dem Tag: Erfahrungsberichte


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