Internationaler Tag der Pflege und Unterstützung - Menschlichkeit darf kein Luxus sein (1/3)

Der Internationale Tag der Pflege und Unterstützung am 29. Oktober ist für mich kein bloßes Datum im Kalender - darum auch gleich 3 Artikel zu diesem Tag - für unterschiedliche Zielgruppen / Leser*innen.
Dieser Tag und das Thema berührt mich tief – weil ich weiß, was Pflege bedeutet. Ich habe selbst gepflegt: zuerst als Schüler, um mir etwas dazuzuverdienen, später über elf Jahre lang meine Frau – bis zu ihrem letzten Atemzug.
Diese Zeit, oder viel viel mehr die Erfahrungen, haben mich geprägt. Ich habe erfahren, wie erfüllend es sein kann, für einen geliebten Menschen da zu sein – und zugleich, wie fordernd, einsam und zermürbend Pflege manchmal ist.

Pflege hört nicht auf, wenn man das Bett neu bezieht oder Medikamente reicht. Sie geht viel tiefer. Sie bedeutet, Tag für Tag Kraft zu geben, auch wenn die eigene längst am Ende ist. Sie bedeutet, sich durch Papierberge und Anträge zu kämpfen, finanzielle Sorgen zu wälzen, den Alltag immer wieder neu zu organisieren – und dabei zusehen zu müssen, wie sich ein vertrauter Mensch verändert.

Diese Erfahrungen haben mich nicht nur demütig gemacht, sondern auch wachsam für die Herausforderungen, vor denen viele stehen, die Angehörige pflegen. Deshalb engagiere ich mich heute in einer Initiative in meiner Firma, in der Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls Angehörige betreuen, Unterstützung, Verständnis und Rat finden. Denn niemand sollte diesen Weg allein gehen müssen.

Pflege ist so viel mehr als eine Aufgabe – sie ist Ausdruck von Liebe, Verantwortung und Menschlichkeit. Und genau daran sollten wir uns an diesem Tag erinnern.


Formen der Pflege – Vielfalt der Fürsorge

Pflege zeigt sich in vielen Formen – je nach Lebenssituation, Bedürfnissen und Möglichkeiten.

Krankenpflege umfasst die Betreuung von Menschen mit akuten oder chronischen Erkrankungen, im Krankenhaus, in Reha-Einrichtungen oder zu Hause. Sie sorgt dafür, dass medizinische Behandlungen fachgerecht durchgeführt, Schmerzen gelindert und Heilungsprozesse unterstützt werden. Krankenpflege bedeutet, Menschen in einer verletzlichen Lebensphase professionell zu begleiten – mit Fachwissen, Geduld und Einfühlungsvermögen.

Altenpflege richtet sich an Menschen, die im Alter Unterstützung im Alltag benötigen. Sie umfasst körperliche, soziale und emotionale Betreuung – vom Anreichen von Mahlzeiten bis hin zu Gesprächen, die Einsamkeit lindern. Ziel der Altenpflege ist es, Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten und Lebensqualität zu sichern. Dabei spielt die Beziehung zwischen Pflegekraft und Pflegebedürftigem eine besonders wichtige Rolle.

Palliativpflege begleitet Menschen, die mit einer unheilbaren Erkrankung leben. Sie richtet den Blick nicht auf Heilung, sondern auf Linderung – von Schmerzen, Ängsten und seelischer Belastung. Palliativpflege bedeutet, Würde und Lebensqualität bis zuletzt zu wahren und Angehörige in dieser schweren Zeit mitzutragen. Es ist eine Pflegeform, die das Leben bejaht, selbst im Angesicht des Sterbens.

Hospizpflege geht noch einen Schritt weiter: Sie begleitet Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Hier steht das ganzheitliche Wohlbefinden im Mittelpunkt – körperlich, seelisch, sozial und spirituell. Hospizarbeit schenkt Zeit, Nähe und Geborgenheit, wenn das Leben zu Ende geht, und bietet Angehörigen Raum für Abschied und Trost. Hospize sind Orte der Menschlichkeit und Würde.

Darüber hinaus gibt es weitere Formen der Pflege, die unsere Gesellschaft bereichern und sich mit den vorgenannten überschneiden, aber immer deren eigenen Schwerpunkt und Herausforderungen hat - gerade Emotional.
Dazu gehören die Kinderkrankenpflege, die sich um junge Patientinnen und Patienten kümmert und Familien stärkt.
Sowie die Behindertenpflege, die Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht.
Gerade die häusliche Pflege durch Angehörige ist eine tragende Säule des Pflegesystems – oft unsichtbar, aber unverzichtbar.

Doch bei aller Vielfalt und Hingabe steht die Pflege – ob privat oder professionell – unter wachsendem Druck ...

  • Zeitmangel, 
  • Personalknappheit, 
  • Ressourcenknappheit
  • Unterstützungsknappheit
  • Ökonomischer Druck
  • Finanzielle Sorgen 
  • und Emotionale Überlastung 

... sind nicht die Ausnahme sondern der Alltag.


Viele Pflegende kämpfen täglich an der Grenze ihrer Kräfte, weil sie eigentlich das tun wollen, was Pflege im tiefsten Sinn bedeutet: da sein, zuhören, berühren, trösten. Doch wenn Minuten abgezählt, Leistungen verrechnet und Mitgefühl zur Nebensache gemacht werden, geht das verloren, was Pflege im Innersten ausmacht – ihre Menschlichkeit.

Pflege braucht wieder Raum zum Atmen, Zeit für Nähe, Respekt und Würde - und auch Würdigung  für das, was sie leistet. Sie darf nicht länger oder nur unter wirtschaftlichem Druck ersticken oder als reine Dienstleistung betrachtet werden. Pflege ist Beziehung, Vertrauen, Zuwendung – und sie darf nicht dem Spardruck geopfert werden.

Darum ist es an uns allen – als Gesellschaft, als Politik, als Nachbarn, Freunde und Angehörige –, die Pflege zu schützen und ihr ihren Wert zurückzugeben.
Wir müssen laut werden für die, die leise Großes leisten. 

Menschlichkeit darf kein Luxus sein – sie ist das Herz der Pflege.



Bei Emotionale Überlastung ...

Wenn dich die Pflege emotional überfordert, denk daran: Du bist nicht allein.
Es gibt Unterstützung – und es ist völlig in Ordnung, Hilfe anzunehmen. Du darfst dich erschöpft fühlen, und du darfst dir wieder Raum zum Durchatmen nehmen.

Suche nach Selbsthilfegruppen in deiner Nähe – dort findest du Menschen, die verstehen, was du gerade durchmachst. Auch Krankenkassen bieten oft gute Beratung und Unterstützung an. Sprich mit deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt oder den behandelnden Ärztinnen und Ärzten – gemeinsam lässt sich oft ein Weg finden, wie du entlastet werden kannst.

Denn nur wenn es dir selbst gut geht, kannst du auch für andere da sein.


Oder auch diese Adressen und Kontakte sind / können für Dich da sein ...

Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de

Muslimisches Seelsorge-Telefon: Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden
unter 030 - 443 509 821 zu erreichen. Ein Teil von ihnen spricht auch türkisch. mutes.de

Jüdische Bundesweite telefonische Hotline  - Hebräischsprachige Hotline "Matan": ‚Matan‘ ist ein Projekt der Beratungsstelle ‚OFEK‚ e. V. und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST).   Telefonnummer: 0800  - 000 16 42    Hotline-Zeiten: Jeden Tag der Woche 20:00-22:00 - Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Kirchlichen Telefonseelsorge (KTS) durchgeführt und durch die Deutsche Fernsehlotterie gefördert.











Comments

  1. Ich veröffentliche keine Kommentare, lese aber jede einzelne Nachricht sorgfältig.
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