Die Menschlichkeit in der Medizin und Pflege: Herausforderung und Notwendigkeit der Empathie
Der Patient in der ökonomisch strukturierten Medizin und Pflege
In vielen modernen Gesundheitssystemen spielt der Patient zunehmend eine sekundäre Rolle in der Entscheidungsfindung, die stark durch ökonomische Überlegungen, Effizienz und Kosten-Nutzen-Rechnungen geprägt ist. Während in der Vergangenheit die Arzt-Patienten-Beziehung und die individuelle Behandlung oft im Vordergrund standen, ist der Patient heute nicht selten Teil eines „Behandlungssystems“, das durch Leistungskennzahlen und wirtschaftliche Optimierung beeinflusst wird.
Ich will damit nicht sagen, dass der / die Patient*in völlig als „Mensch“ vergessen wird, doch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er / sie eher als Fall oder Diagnose wahrgenommen wird, weniger als eine Person mit eigenen Bedürfnissen und Lebensgeschichten.
In einigen Bereichen der Medizin und der Pflege, besonders in Systemen, die von Budgetzwängen und Zeitdruck geprägt sind, bleibt oft wenig Raum für die umfassende, persönliche Auseinandersetzung mit der individuellen Situation eines Patienten. Die tatsächliche Wahrnehmung des Patienten als „Mensch“ kann in einer solchen Denkmustern nur schwer aufrechterhalten werden.
Der Arzt und das Pflegepersonal als Mensch
Ähnlich wie bei Patienten sehe ich es oft auch bei Ärzt*innen, Pflegepersonal oder auch bei uns im Rettungsdienst / Sanitätsdienst in der heutigen Zeit werden diese Personen sehr oft nur als „Funktionsträger“ wahrgenommen, das mag auch leider die nicht nachvollziehbare Gewalt gegen Hilfskräfte in der Medizin, Pflege, Rettungsdienst , Feuerwehr und Polizei teilweise erklären aber nicht verständlich machen. Diese „Funktionsträger“ Wahrnehmung mag auch durch die von Systemen und Abläufen bestimmt sein.
Der zunehmende Zeitdruck, die Notwendigkeit zur Erreichung von Leistungszielen und die Komplexität administrativer Aufgaben führen oft dazu, dass Ärzt*innen und Pflegekräfte mehr als "Produzenten" / "Dienstbare Boten" von Gesundheitsdienstleistungen agieren müssen, statt als empathische, fürsorgliche Individuen.
Dies kann dazu führen, dass der menschliche Kontakt und die emotionale Unterstützung für die Patienten in den Hintergrund treten, da die Konzentration auf effiziente Behandlungsmethoden und schnelle Abwicklung liegt.
Die emotionale Erschöpfung („Burnout“) von medizinischem Personal ist ein weiteres bedeutendes Problem in der Pflege und Medizin. Wenn Ärzte und Pflegekräfte nicht die notwendige Unterstützung erfahren oder eine zu hohe Belastung tragen, kann dies ihre Fähigkeit, empathisch und fürsorglich zu handeln, erheblich beeinträchtigen.
Empathie in der modernen Medizin
Empathie – das Einfühlungsvermögen und das Mitgefühl für das Leiden der Patienten – ist eine der zentralen Fähigkeiten, die in der Medizin nicht verloren gehen darf.
Doch die Frage, ob Empathie in der modernen Medizin immer noch eine zentrale Rolle spielt, ist schwierig zu beantworten, ich habe die Hoffnung aber sehe es oft kritisch.
Empathie ist, in meinen Augen ein überaus wichtiger Bestandteil des Arzt-Patienten-Verhältnisses, zumal es nachweislich positive Auswirkungen auf die Heilung und das Wohlbefinden von Patienten hat. Sie ermöglicht eine tiefere Verbindung, schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass Patienten nicht nur als „Behandlungsfälle“ wahrgenommen werden.
Allerdings erschweren die zunehmende Ökonomisierung und die Konzentration auf Effizienz diese empathische Beziehung, getrieben von so genannten Wirtschaftexperten und anderen Schlipsträgern. Ärzte und Pflegekräfte, die unter extremem Druck arbeiten, finden nun einmal weniger Zeit, sich emotional mit ihren Patienten auseinanderzusetzen. In der Praxis kann es dazu führen, dass Patienten ihre Erkrankung eher als „Datenpunkt“ oder „Fall“ erleben, und das Pflegepersonal sich von den emotionalen Aspekten des Berufs entfremdet.
Wo bleibt der Mensch?
Die zunehmende Ökonomisierung und Technologisierung in der Medizin haben also das Potenzial, den Menschen sowohl als Patienten als auch als Behandelnde zu entmenschlichen. Doch es gibt auch Gegenbewegungen und Ansätze, die den Fokus auf den Menschen wieder stärken wollen. Modelle der „patientenzentrierten Medizin“ betonen die Bedeutung der Beziehung zwischen Arzt und Patient und legen Wert darauf, dass der Patient nicht nur als Fall, sondern als Person betrachtet wird. Auch in der Pflege gibt es Bestrebungen, den zwischenmenschlichen Aspekt der Betreuung stärker zu betonen und eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten zu fördern.
Es ist wichtig, dass in der Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften nicht nur technische Fertigkeiten, sondern auch Empathie und zwischenmenschliche Kommunikation gefördert werden. Schließlich könnte die Lösung des Problems weniger in der Ablehnung ökonomischer Überlegungen liegen, sondern vielmehr in der Schaffung eines ausgewogenen Systems, das den menschlichen Aspekt der Medizin nicht verliert, selbst wenn Effizienz und Kosten eine Rolle spielen.
Fazit
Die moderne Medizin, geprägt von ökonomischen Gesichtspunkten, steht vor der Herausforderung, den Menschen nicht aus den Augen zu verlieren. Sowohl der Patient als auch das medizinische Personal drohen, in einem System, das auf Effizienz und Zahlen basiert, als Individuen zurückzubleiben. Empathie, die Fähigkeit, den anderen als Menschen wahrzunehmen, muss jedoch ein zentraler Bestandteil bleiben, sowohl für das Wohl der Patienten als auch für die geistige und emotionale Gesundheit des medizinischen Personals. Der Mensch als Patient und der Mensch als behandelnder Arzt oder Pflegekraft müssen in der Medizin der Zukunft wieder mehr Raum finden.
In diesem Kontext - mein Artikel zur Pflegesituation
Würde in der Pflege - „Wie wollen wir leben?“ und „Wie wollen wir nicht leben?“
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