Thiopental in der Freitodbegleitung: Off-Label-Use und rechtlicher Rahmen

Die Begleitung eines freiwilligen Todesentschlusses stellt Ärztinnen und Ärzte vor ethische, medizinische und rechtliche Herausforderungen.
In Deutschland kommt dabei  der Wirkstoff Thiopental zum Einsatz – allerdings im sogenannten Off-Label-Use, also außerhalb der offiziell zugelassenen Indikationen. Diese Anwendung ist rechtlich möglich, setzt jedoch eine besonders sorgfältige ärztliche Aufklärung sowie die freiwillige und informierte Einwilligung des Patienten voraus. Während der Off-Label-Use in der Medizin durchaus etabliert ist – etwa in der Onkologie oder Pädiatrie –, ist sein Einsatz im Rahmen der Freitodbegleitung besonders sensibel, da er mit irreversiblen Folgen verbunden ist. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, ärztlichen Pflichten und die praktische Anwendung von Thiopental in diesem Kontext geben. und ist ein Update zu meinem Artikel von 2022


Off-Label-Use in der Sterbehilfe

Thiopental erfolgt im sogenannten Off-Label-Use in Deutschland für die Freitodbegleitung.
Dies ist rechtlich möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:

  • ausführliche ärztliche Aufklärung und

  • freiwillige, informierte Einwilligung des Patienten.

Der Off-Label-Use ist in vielen medizinischen Bereichen üblich (z. B. Onkologie, Pädiatrie) – in der Freitodbegleitung jedoch besonders selbstredend sensibel, da es um irreversible Folgen geht.


Ärztliche Pflichten

Ärztinnen und Ärzte tragen beim Off-Label-Use eine hohe Verantwortung:

  • Aufklärungspflicht und Dokumentationspflicht:
    Gespräche, Aufklärung und Einwilligung sind sorgfältig zu dokumentieren – auch im Hinblick auf die rechtlich notwendige Freiverantwortlichkeit des Patienten.

  • Berufsrecht: Mittlerweile haben alle Landesärztekammern in Deutschland ihre Berufsordnungen angepasst.
    Ärztinnen und Ärzte dürfen unter Beachtung des Patientenwillens und der ärztlichen Sorgfaltspflichten bei einer Freitodbegleitung unterstützen, ohne standesrechtliche Sanktionen befürchten zu müssen. 
    Auch wenn es zum Teil zwei Jahre gedauert hat, haben nun endlich alle Landessärztekammern die Berufsordnungen und den § 16 „Beistand für Sterbende“ nunmehr angepasst - und lauten nun alle etwa so: „Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen."
    Ärztinnen und Ärzte begehen mit einer Beihilfe keine Straftat mehr wie in den Jahren 2015 bis 2020, und handeln auch nicht gegen deren Berufsordnungen.
    Siehe Passus zu den Berufsordnungen der Landesärztekammern in Deutschland


Thiopental: Anwendung und Wirkung

Thiopental wirkt sedierend, anästhesierend und zentraldämpfend. In hoher Dosis (ca. 8 g per Infusion) führt es rasch zum Bewusstseinsverlust und nachfolgend zu Atem- und Herzstillstand. Es darf nur intravenös per Infusion verabreicht werden – und muss vom Patienten eigenständig gestartet werden, um keine strafbare aktive Sterbehilfe darzustellen.


Schweiz versus Deutschland

In der Schweiz wird Pentobarbital-Natrium zur Freitodbegleitung eingesetzt – Thiopental ist dort nicht zugelassen. In Deutschland hingegen ist die Verwendung von Pentobarbital-Natrium verboten bzw. nicht als Off-Label-Use zulässig. Stattdessen findet Thiopental seit 2020 Anwendung – ausschließlich per Infusion.



Fazit

Die Freitodbegleitung mit Thiopental ist in Deutschland zulässig, erfolgt jedoch außerhalb der regulären Zulassung und erfordert hohe ärztliche Sorgfalt.
Der Einsatz im Off-Label-Use ist rechtlich erlaubt, wenn unter Einhaltung aller Dokumentations- und Aufklärungspflichten erfolgt.




Meine Blogbeiträge und Beratungen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen.
Sie sind als einführende Information gedacht, ersetzen daher keine ärztliche oder anwaltliche Beratung. Sie erheben weder den  Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Rechtsverbindlichkeit.
Selbstredend sind Haftungs- und Regressansprüche jeder Art sind ausgeschlossen






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