Falsche Bilder im Kopf - das Generische Maskulinum im Wanken

Die Debatte um das Gendern kocht, während das generische Maskulinum ins Wanken gerät. Experten diskutieren leidenschaftlich Alternativen wie das Gendersternchen, das Binnen-I oder das Gender-Gap, obwohl Bayern diese Praktiken kürzlich verbot.

Gender-Gegner argumentieren: Es reicht von Schülern zu sprechen, es sei eine rein grammatische Definition, dass die maskuline Mehrzahl auch die Frauen mitmeint. Man dürfe das grammatische Geschlecht / Genus nicht mit dem natürlichen Geschlecht / Sexus verwechseln.

Grammatik, unsere Worte, unsere Sprache und Kommunikation haben Einfluss auf Bilder und Vorstellungen!

Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass trotz unserer Überzeugung, alle Geschlechter seien mit dem generischen Maskulinum abgedeckt, unser Verstand die Dinge anders sieht.
In der Studie von Fritz Strack und Patrick Rothermund an der Universität Würzburg wurde festgestellt, dass wir trotz wiederholter Versicherung, dass Frauen eingeschlossen sind, das generische Maskulinum überwiegend mit Männern assoziieren. Dieses unbewusste Vorurteil ist möglicherweise auf eine fehlinterpretierte Kommunikationsabsicht oder automatische männliche Assoziationen zurückzuführen. Anscheinend genügt es nicht, sich einfach daran zu erinnern, dass Frauen mitgemeint sind, um dieses mentale Bild zu ändern. Daher ist es notwendig, bewusst andere Bilder im Kopf der Menschen zu erzeugen, indem wir beispielsweise auf stereotyp weibliche Kleidungsstücke verweisen oder Hinweise geben, dass es sich um gemischte Gruppen handelt. So können wir sicherstellen, dass das mentale Bild aller Geschlechter, nicht nur Männer, verankert ist.

Ein bloßes Erinnern reicht nicht aus, das hat ein weiteres Experiment verdeutlicht, das zeigt, wie man deutlicher darstellen kann, dass Frauen mitgemeint sind. Indem die Probandinnen und Probanden zusätzliche Informationen erhielten, wie zum Beispiel die Erwähnung von typisch weiblicher Kleidung - "Die Kellner zogen sich helle Hemden und Blusen an" -, oder klare Hinweise darauf, dass die Gruppen aus Männern und Frauen bestanden - "Die Berufsschüler wurden in geschlechtergemischte Klassen eingeteilt" -, lenkte man die Assoziationen stärker in Richtung der weiblichen Bevölkerung. Das Team aus Würzburg stellte fest, dass solche Zusatzinformationen dabei helfen, Männer weniger dominant mit dem generischen Maskulinum in Verbindung zu bringen.

Aber die Grammatikstunden aus der Schule ist nicht genug. Frühere Studien zeigen auf, wie schwer es fallen kann, das generische Maskulinum als inklusiv für alle Geschlechter zu verstehen. "Die Menschen lernen die Regel in der Schule und verstehen sie auch, aber die praktische Umsetzung fällt ihnen schwer", so eine Aussage aus einem Überblicksartikel im "European Journal of Psychology of Education" aus dem Jahr 2009. Selbst bei typischerweise mit Frauen assoziierten Berufsgruppen weckt das generische Maskulinum oft männliche Assoziationen, wie bei den Begriffen "Kosmetiker" und "Geburtshelfer".

Darum möchte ich nochmals betonen - Unsere Sprache erzeugt die falschen Bilder im Kopf - Das generische Maskulinum ist nicht generisch, es erzeugt vor allem männliche Bilder im Kopf. Und somit, stellt es die Welt nicht so divers dar, wie sie heute ist. 


Ein Seitenblick ins Englische

Auch wenn Englisch kein grammatisches Geschlecht hat, wird bei den Pronomen jedoch zwischen weiblich und männlich (also she und he) unterschieden. Früher war es üblich, in generischen Situationen das Pronomen he zu verwenden, ähnlich dem generischen Maskulinum im Deutschen. Des Weiteren waren früher auf -man endende Berufsbezeichnungen wie fireman, policeman und spokesman üblich, wobei bei weiblichen Personen die auf -woman endende Form verwendet wurde. Das Wort man selbst konnte früher sowohl einen Mann bezeichnen als auch als generischer Begriff für Mensch verwendet werden, vgl. z. B. den Begriff mankind für Menschheit.
Ab den 60er Jahren hat im Englischen ein Sprachwandel eingesetzt, durch den man im generischen Gebrauch weitestgehend durch human ersetzt wurde (auch im Begriff humankind) und geschlechtsneutrale Berufsbezeichnungen wie firefighter, police officer und spokesperson üblich wurden. Auch der generische Gebrauch von he wurde nach und nach zurückgedrängt, wobei zuerst Ausdrücke wie he/she oder das Ausweichen auf einen generischen Gebrauch von she bevorzugt wurden. In jüngerer Zeit setzt sich jedoch der singularische Gebrauch von they immer mehr durch. De ich in meinen Texten hier in meinem Blog und im Jo verwende.


Quellen:

Comments

  1. Ihre, Eure Kommentare sind mir wirklich sehr willkommen und wertvoll.
    Ich lese diese immer und Ihre / Eure Ideen, die ich bekomme, da ich meine Gedanken reflektieren kann und Euren Input in künftige Artikel einarbeiten kann.
    Beantworten kann ich wegen Menge der Kommentare nicht alle.
    Veröffentlichen werde ich keine Kommentare, ich denke dies ist nachvollziehbar und selbsterklärend in Angesicht der Themen / des Thema. DANKE

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