Dank an alle, die dabei sind, wenn das Leben endet - Internationaler Tag der Pflege und Unterstützung (3/3)
Heute ist nun der
Internationaler Tag der Pflege und Unterstützung
darum nun auch der dritte Artikel, primär für meine Kolleg*innen in den Blaulichtorganisationen.
Es gibt Dinge, Ereignisse, und Entscheidungen, die tief ins Leben greifen. Das Sterben ist eine davon und die Unumkehrbarste.
Wenn ein Mensch seinen letzten Weg geht, ob tragisch, unvermittelt und plötzlich, oder aber bewusst und begleitet geht, steht häufig die sterbende Person im Zentrum der Aufmerksamkeit – und vielleicht noch die engsten Angehörigen.
Doch selten wird laut ausgesprochen, wie viele Menschen noch beteiligt sind.
Im Hintergrund. Am Rande. Am Ort des Geschehens. Oder danach.
Sie alle helfen – und tragen.
Dieser Beitrag ist ihnen gewidmet:
Den Ärztinnen,
den Pflegekräften, Arzthelfer*innen.
den Rettungskräften
und Polizist*innen,
und Feuerwehrleuten
denen die beim Sterben dabei sind und nach dem Tod kommen / involviert sind.
All denen, die sichtbar und unsichtbar, still begleiten.
Gewidmet den oft Unsichtbaren Stützen – Helfende rund um das Leben und Sterben.
Ich schreibe diesen Artikel über das Sterben, das Begleiten des Sterbens.
Ich war mit 17 Jahren als dritter und später als zweiter Mann auf dem RTW. Ab 18, 19 Jahren auf dem NEF – mit einer frisch abgeschlossenen RS-Ausbildung – und oft gab es Ereignisse, die grenzwertig waren.
Darum, und aus den Erfahrungen heraus in meiner Zeit als Sanitätssoldat (HptGefr / PFC), engagiere ich mich nun im Alter in der PSNV, um Kolleg*innen mental beizustehen – um mit dem Erlebten besser klarzukommen.
Wenn ich aber seit 2020, seit der Wiedererlaubnis der Sterbehilfe in Deutschland, in die Augen und Gesichter von Polizisten und Rettungskräften sehe, die gebeten werden, nichts mehr zu tun bei einem Sterbehilfefall, der wohlerwogen und freiverantwortlich war – sehe ich, dass Handlungsbedarf besteht.
Aufklärungsbedarf, Bedarf der Vorbereitung und, von Fall zu Fall, Nachsorgebedarf.
Darum heute der dritte Artikel zum Internationalen Tag der Pflege und Unterstützung – heute verstärkt mit dem Fokus auf Sterbefälle und die Sterbehilfefälle.
Vorbereitung – und was sie verhindern kann
Wer Sterben verhindern will, wer mit dem Sterben zu tun hat, wer bei einem selbstbestimmten und auch wer beim wohlerwogenen Sterben Hilfe leistet oder begleitet oder auch unfreiwillig involviert ist, trägt nicht nur fachliche Verantwortung, sondern auch eine große emotionale.
Das betrifft vor allem Ärzt*innen, aber genauso medizinisches Personal, das indirekt eingebunden ist – von der Sprechstundenhilfe bis zur Pflegekraft. (dazu auch der erste Link den ich am Ende 'im Kontext' nenne / geschrieben habe)
Was dabei oft vergessen wird: Es geht nicht NUR um Rechtssicherheit, sondern auch um emotionale Klarheit und Hilfe.
- Eine gute Vorbereitung bedeutet mehr als Dokumente, Aufklärungsbögen und Abläufe.
- Es bedeutet, sich Raum zu nehmen – für Fragen, für Unsicherheiten, für ethische Auseinandersetzungen.
- Und es bedeutet, darüber zu sprechen, wie es einem selbst mit der Situation geht.
Nicht alle, die helfen, wurden ausgebildet, um mit Sterbewünschen umzugehen. Noch weniger, um einen begleiteten Sterbewunsch und Sterbeweg menschlich mitzutragen.
- Deshalb braucht es Aufklärung. Austausch. Zeit.
Und eine Kultur, in der Helfende nicht automatisch als „abgeklärt“ oder „stark genug“ gelten müssen.
Wenn der Tod eintrifft – und andere dazu kommen
Ein Sterbefall verändert einen Raum.
Ob in der Wohnung, im Heim oder in der Klinik – plötzlich ist es stiller. Oder angespannter. Oder beides.
Wenn Rettungskräfte oder die Polizei hinzukommen, dann sind sie oft nicht vorbereitet. Vielleicht wissen sie, dass es sich um eine assistierte Sterbehilfe handelt – vielleicht auch nicht. Manchmal sind sie in Sorge. Manchmal irritiert. Manchmal persönlich betroffen.
Was sie vor Ort vorfinden, ist kein „gewöhnlicher“ Todesfall. Es gibt Medikamente, eine Erklärung, manchmal Abschiedsbriefe, manchmal Angehörige, die noch beim Verstorbenen sind.
Viele Einsatzkräfte berichten, dass sie diesen Moment als besonders intensiv erleben.
Nicht, weil etwas falsch war – sondern weil etwas so bewusst war.
Und das bleibt haften.
Hier hilft Aufklärung. Hier hilft Vorwissen.
Wenn Einsatzkräfte durch Fortbildungen oder Dienstabende wissen, was seit 2020 in der Sterbehilfe in Deutschland erlaubt ist, welche Beweggründe Menschen zu diesem Schritt führen – dann hilft das.
Im besten Fall können sie ruhiger, respektvoller und sicherer auftreten.
Und das wiederum schützt auch sie selbst.
Ich halte auf verschiedenen Ebenen dazu Informationstalks – bei Rettungsdienstlern, bei Polizei, bei Ärzt*innen. Ich gebe Informationen zur aktuellen Rechtslage, zur Praxis von Freitodbegleitungen und beantworte Fragen.
Und fast immer – nein, eigentlich immer – entstehen daraus gute, offene Gespräche.
Die Kraft der Nachbereitung
Was viele nicht sehen: Auch wenn die Situation vorbei ist – das Geschehen wirkt nach.
- Pflegekräfte, die einen schwerkranken Menschen über Monate begleitet haben.
- Hausärztinnen, die eine Sterbehilfe ermöglicht, aber auch verantwortet haben.
- Rettungssanitäter*innen, die im Nachgang mit den Angehörigen reden.
- Polizist*innen, die den Tod aufnehmen – und dabei spüren, dass es mehr war als „ein weiterer Fall“.
Diese Menschen brauchen Nachbereitung.
- Nicht jeder wird sich psychologisch begleiten lassen – aber jeder sollte die Möglichkeit dazu haben.
- Intervision, Supervision, Einsatznachbesprechungen. Kollegiale Gespräche.
- Oder einfach die Erlaubnis, sagen zu dürfen: „Das hat mich berührt.“
Denn es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn jemand nicht unberührt bleibt.
Es ist ein Zeichen von Menschlichkeit.
Gerade deshalb muss endlich klar gesagt werden: Mentale Belastungen, seelische Erschöpfung und die stillen Folgen des Helfens dürfen nicht länger Randthemen sein.
Sie betreffen alle – in der ambulanten und stationären Pflege, in Kliniken, bei Rettungsdiensten, Feuerwehren, der Polizei und in vielen anderen Einrichtungen.
Diese Belastungen müssen von Arbeitgebern, von Verantwortlichen, aber auch von uns als Gesellschaft wirklich ernst genommen werden – wirklich ernst, nicht nur in Sonntagsreden oder mit vereinzelten Feigenblatt-Initiativen.
Es braucht echtes Hinsehen, echtes Zuhören und Strukturen, die tragen.
Denn wer Tag für Tag für andere stark ist, wer Leid, Tod und Krisen mitträgt, darf selbst nicht übersehen werden, wenn die eigene Seele schwer wird. Anerkennung beginnt dort, wo wir das Unsichtbare wahrnehmen – und Fürsorge nicht als Schwäche, sondern als Teil echter Professionalität verstehen.
Wertschätzung durch Worte – und durch Strukturen
Wir können Dankbarkeit zeigen – mit Worten.
Aber Worte allein reichen nicht.
Was es braucht, sind klare Strukturen:
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Schulungen für medizinisches und nicht-medizinisches Personal
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Information für Polizei und Rettungsdienste
-
Möglichkeiten zur emotionalen Entlastung nach dem Einsatz
-
Gesprächsangebote, die nicht nur für Angehörige da sind, sondern auch für Helfer*innen
Information und ggf auch Checklisten, um Einsätze mit assistierter Sterbehilfe professionell und menschlich begleiten zu können und umgehen zu können.
Seit dem Urteil von 2020 ist Sterbehilfe in Deutschland wieder legal – aber für Viele ist es ein Graubereich und Unsicherheitsbereich, den es letztlich nicht gibt. (Mehr dazu in den Q&As und diesem Beitrag zum $217 StGB.
Letzte Worte
Danke, dass ihr helft – auch wenn es niemand sieht
Es braucht Mut, einen Menschen beim Sterben zu begleiten.
Es braucht Haltung, in so einer Situation Ruhe zu bewahren.
Und es braucht Menschlichkeit, wenn man sich nicht überrollen lässt – aber auch nicht wegschaut.
Ich danke euch allen, die helft.
Still. Hinter den Kulissen - Mit Gefühl - Mit Respekt.
Mit einem Blick, der nicht nur auf den Tod gerichtet ist – sondern auf das Leben davor.
Helfende , involvierte Personen, wie die Rettungsdienstler, Polizei müssen gesehen werden. Müssen gehört werden.
Man muss wissen: Ohne die Menschen wäre Sterbehilfe nicht möglich – zumindest nicht würdevoll.
Für alle, die im Einsatz sind. Für alle, die begleiten. Für alle, die helfen.
Dieser Text ist für euch und denkt an Eure Resilienz.
Und nun zum Schluss dies ist mir auch mega wichtig:
Hinweis für die Helfenden – nach Hilfe zu fragen ist Stärke.
Wenn Du / Sie als Ärzt*in, Pflegekraft, Rettungsdienst‑ oder Polizeikraft an einem Punkt sind, an dem Sie spüren: „Das kann ich nicht allein halten“, dann wissen Sie: es ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche, sich Unterstützung zu holen.
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Für Einsatzkräfte in Rettungsdienst, Feuerwehr oder Hilfsorganisationen steht die Netzwerk PSNV e.V. mit der kostenfreien 24 h‑Hotline 0800 ‑ 58 92 272 zur Verfügung — ausdrücklich für Einsatzkräfte, Pflege‑ und Klinikpersonal sowie Ärzt*innen in Grenzsituationen. Netzwerkpsnvev
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Viele Kreisverbände des ASB, DRK, JUH, MHD bieten über ihre Programme zur Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) auch gezielt Hilfe für Einsatzkräfte an — sowohl nach einem belastenden Einsatz als auch zur Prävention.
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Bei der Polizei etwa in Niedersachsen existiert das Konzept PSNV‑E („E“ wie Einsatzkräfte) mit Regionalen Beratungsstellen, speziell ausgebildeten Peers und Fachberater*innen für psychosoziale Notfallversorgung. zpd.polizei-nds.de
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Auch für Ärzt*innen, Pflegepersonal und Helfende in der ambulanten oder stationären Versorgung gibt es spezielle Nachsorge‑ und Unterstützungsangebote — denken Sie daran: Sie sind nicht allein mit Ihren Eindrücken, Fragen oder Belastungen.
Ein paar Verbände und Kolleg*innen die ich direkt nennen und verlinken kann:
Karlsruhe
Notfallseelsorge Karlsruhe Eine Initiative der evangelischen und katholischen Kirche https://notfallseelsorge-ka.de/
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DRK Kreisverband Karlsruhe e. V. – PSNV‑Angebot für Einsatzkräfte im Stadt‑ und Landkreis Karlsruhe; https://www.drk-karlsruhe.de/psnv
Mannheim
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DRK Kreisverband Mannheim e. V. – berichtete über umfangreiche PSNV‑Einsätze (z. B. Flutkatastrophe) in der Region Rhein‑Neckar/Mannheim; Hinweise auf strukturelle PSNV‑Angebote. drk-mannheim.de
Heilbronn
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) – ASB Heilbronn
Angebot richtet sich an Betroffene, Angehörige, Gruppen sowie Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei und Pflege. PSNV-Kontaktpersonen stehen bereit: sie hören zu, informieren und vermitteln professionelle Hilfe. https://www.asb-heilbronn.de-PSNV
Schwäbisch Hall
- ASB Region Schwäbisch Hall – im Landkreis und überörtlich aktiv - Die PSNV des ASB Schwäbisch Hall ist rund um die Uhr verfügbar und wird über die Leitstelle (Notruf 112) alarmiert. https://www.krisenintervention-sha.de/
Heidelberg / Rhein‑Neckar
DRK Kreisverband Rhein‑Neckar/Heidelberg e. V. – PSNV‑Gruppe, Ansprechpartner für Einsatzkräfte vor Ort. Telefon über die Rettungsleitstelle: 06203 40 42 70. drk-heidelberg
Malteser Hilfsdienst Baden‑Württemberg – mit PSNV‑Teams u. a. in der Region „Kämpfelbach, Karlsruhe“ etc., also auch nah der Region Heidelberg/Rhein‑Neckar. malteser-bw.de
Wenn Du merkst / Sie merken, dass bestimmte Einsätze „nachhängen“, dass man nachts wachliegen, dass Gedanken da sind wie „ich konnte nicht genug tun“, oder dass Du / Sie körperliche Symptome wie Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Rückzugsverhalten wahrnehmen — dann nehmt diese Zeichen ernst.
Sucht ein Gespräch. Nutzt die Angebote. Nimm Hilfe und Begleitung an.
Finale Schlusssätze
In der Zukunft soll es über das BBK Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und FRT Fachzentrum Resilienz und Traumaprävention eine Rufnummer geben - wenn ich diese habe werde ich es nachpflegen hier in diesem Artikel.
Auch wenn mein Schwerpunkt neben Mental Health und PSNV, die Suizidprävention und Freitodberatung und Freitodbegleitung sind - für die ersten drei Punkte gibt es weit bessere Expert*innen und Kolleg*innen - zu den letzten beiden Punkten biete und mache mache ich bereits schon seit ein paar Jahren für alle Blaulichtorganisationen hierzu Dienstabende / Talks - sprecht mich gerne an.
(Hinweis gerne über einen Kommentar Kontakt aufnehmen - Kommentare lese ich immer - veröffentliche ich aber nie)

Ich veröffentliche keine Kommentare, lese aber jede einzelne Nachricht sorgfältig.
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