Warum Sterbehilfe ein Akt der Menschlichkeit ist – Gedanken zum Fall von Hugo

Wenn wir über mentale Gesundheit sprechen, sprechen wir oft über Selbstfürsorge, über Belastbarkeit und über Wege, gut durch das Leben zu gehen. Was wir jedoch viel zu selten ansprechen, ist das andere Ende dieses Weges: Die Frage, wie Menschen würdevoll leben – und würdevoll sterben dürfen.

Der kürzlich erschienene Artikel, in der Westfalenpost, über Hugo, einen Mann aus Hagen, der sich nach vielen Jahren schwerer Erkrankungen für eine geplante Form der Sterbehilfe entschieden hat, bewegt mich tief. Seine Frau, Christiane, hat ihn begleitet – voller Liebe, Klarheit und Mut.
Und gerade ihre Geschichte zeigt, warum wir über dieses Thema offener sprechen müssen.


Sterbehilfe als Ausdruck von Würde und Selbstbestimmung

Sterbehilfe oder Freitodbegleitung (FTB) wird oft missverstanden. Doch in Fällen wie dem von Hugo geht es nicht um den Wunsch, dem Leben zu entfliehen. Es geht um etwas ganz anderes:
Es geht darum, dem Leid nicht schutzlos ausgeliefert zu sein.

Menschen wie Hugo entscheiden nicht gegen das Leben – sie entscheiden für Würde, Selbstbestimmtheit und Frieden in einem Moment, in dem der Körper ihnen diese Freiheit längst nicht mehr lässt.

Für viele ist diese Entscheidung kein Impuls, sondern das Ende eines langen, bewussten, reflektierten Weges. Und wer jemals erlebt hat, wie sehr chronische, unheilbare Erkrankungen Körper und Seele aushöhlen können, versteht, warum Sterbebegleitung ein Akt der Barmherzigkeit sein kann.


Sterbebegleitung als Teil mentaler Entlastung – auch für Angehörige

Sterbehilfe findet nie im luftleeren Raum statt. Sie betrifft Partnerschaften, Familien, Freundschaften.
Auch Christiane beschreibt es im Artikel:
Wie sie gelitten hat. Wie sie gleichzeitig gewusst hat, dass dieser Weg richtig war.
Wie sie Abschied nahm – aber vor allem: wie sie den Menschen, den sie liebte, ernst nahm.

Sterbebegleitung schenkt etwas, das in der Medizin oft fehlt:
Zeit. Klarheit. Bewusste Nähe. Frieden.

Für viele Angehörige ist FTB keine Dunkelheit – sie ist ein bewusster, würdevoller Übergang, der die seelischen Erschütterungen eines jahrelangen Leidenswegs abmildern kann.


Warum wir Sterbehilfe enttabuisieren müssen

Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Lebensende häufig verdrängt oder romantisiert wird.
Doch echte, moderne Mental-Health-Arbeit bedeutet auch, über Grenzen und Belastungen zu sprechen – körperliche wie seelische.

Sterbehilfe ist nicht nur eine medizinische oder juristische Frage.
Sie ist eine Frage:

  • der Menschenrechte

  • der Autonomie

  • der psychischen Stabilität

  • der Fürsorge

  • der Ehrlichkeit

Wenn wir über Selbstbestimmung im Leben reden, dürfen wir die Selbstbestimmung am Lebensende nicht ausschließen.


Sterbehilfe bedeutet Verantwortung – nicht Aufgabe

Sterbebegleitung ist kein Ausdruck von Schwäche.
Sie ist ein Ausdruck von:

  • Reflexion

  • Reife

  • Mut

  • Liebe – auch zu sich selbst

Und genau deshalb ist sie ein Thema, das im Kontext mentaler Gesundheit seinen Platz finden MUSS.
Es ist wichtig, dass Menschen in schwierigen Lebenssituationen Zugang zu professioneller Beratung, Aufklärung und Begleitung bekommen – egal welchen Weg sie für sich wählen.
Es geht nicht darum, eine Entscheidung zu glorifizieren.
Es geht darum, sie zu verstehen, sie zu respektieren und sie nicht zu tabuisieren.


Warum ich für die Möglichkeit von Freitodbegleitung eintrete

Ich bin überzeugt:
Wer dem Leben gegenüber Verantwortung übernimmt, sollte auch am Lebensende das Recht auf Selbstbestimmung haben.

Sterbehilfe schafft keine Verzweiflung.
Sie schafft:

  • Optionen

  • Sicherheit

  • Transparenz

  • Freiheit

  • Friedliche Übergänge

Sie nimmt Angst  –  Sie nimmt Druck  –  Sie schenkt Würde.


Abschließender Gedanke

Christiane sagt im Artikel etwas, das mir nachgeht, und nahe geht, da ich das selbe zu dem Weg und der Entscheidung meiner Frau denke ...

Sie sagt  ... „Ich habe ihn begleitet. Und ich weiß, es war das Richtige.“

Liebe sieht manchmal anders aus, als wir es gewohnt sind.
Manchmal bedeutet Liebe: loslassen können.
Manchmal bedeutet Liebe: loslassen dürfen.
Manchmal bedeutet Würde: entscheiden dürfen.
Manchmal bedeutet mentale Gesundheit: Wege zu öffnen, über die wir sonst nicht sprechen.

Deshalb unterstütze ich Sterbehilfe.
Deshalb unterstütze ich Freitodbegleitung.
Und deshalb ist es so wichtig, dass wir weiter darüber reden.


Link zum Artikel in der Westfalenpost vom 9. Dezember 2025


Weitere persönliche Darstellung von Erlebnissen, Eindrücken und Erkenntnisse von Sterbehilfefälle finden man unter dem Tag 'Erfahrungsberichte'. 


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