Theatervorstellung der Volksbühne Viersen - „freitot“

Sterben und Trauer sind in unserer Gesellschaft in aller Regel keine Themen. Über dies, für Viele, kein Thema über das frei und ehrlich gesprochen werden kann, oder auch nur sprechen wollen – ganz im Gegenteil: oft sind dies Themen Tabuthemen für viele Menschen.
Aber wann ist die Zeit, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen oder dazu zu kommen darüber zu sprechen? Ich denke und empfehle so früh und ehrlich wie möglich.


Eine gute Möglichkeit wäre zum Beispiel sich ein Theaterstück anzusehen.
Am letzten Samstag war ich in der Theatervorstellung der Volksbühne Viersen. 
Die Volksbühne Viersen hat sich im Stück „freitot“ von Lars Wernecke mit dem Thema Freitod auseinander gesetzt und überaus emphatisch umgesetzt - inszeniert unter der Regie von Jan Viergutz - gespielt, gesprochen und Leben eingehaucht durch Anke Bridonneau. (Besuchen sie doch bitte einmal die Volksbühne auf Facebook oder deren Website -  Das Bild ist das Plakat der Volksbühne Viersen).

Das Theaterstück stellt die Fragen die ich in meinem Blog mir und meinen Lesern stelle, die Fragen die ich Sterbewillige frage die sich an mich wenden ...
  • Was macht ein Leben lebenswert?
  • Was bedeutet menschenwürdiges Leben?

Ein besonderer Aspekt an dem Theaterstück „freitot“ ist, dass es ein Einpersonenstück ist - ein Monolog der Hauptperson Erika Kellermann (Schauspielerin: Anke Bridonneau). Ein sehr gelungene Vorstellung. Wunderbare Schauspielerin - das Theaterstück schilderte den qualvollen Weg der nach einem Unfall vom Hals ab gelähmten Frau Kellermann. Auf dem Weg zwischen Auto und Haustür stürzt Frau Kellermann und bricht sich den Nacken. Drei Jahre erduldet sie daraufhin grauenvolle Schmerzen, Hilflosigkeit und Beschämung und Würdeverletzung - bis ihr eine schweizerische Organisation beim Sterben hilft.

Nach dem Theaterstück habe mit anderen Zuschauern, mit Mitgliedern der Volksbühne Viersen und der Schauspielernin Anke und dem Regisseur sprechen können - noch lange sprechen können.'
Wir hatten überaus gute Gedankenaustausche zu Themen wie, ...
... warum ist es überhaupt so schwer ist über Sterben, selbstbestimmtest Sterben und Tod zu sprechen, oder Gehör dafür zu finden?
... Wie können wir besser mit Menschen umgehen, die krank sind, sterben oder trauern?
... Und wie kann es vielleicht sogar das Leben bereichern, sich mit der Vergänglichkeit auseinanderzusetzen?

Das Schauspiel der Volksbühne Viersen war bei der schwere des Themas - erfüllend, bereichernd und lebendig und lebensnah gewesen.
Die Verkörperung der Rolle, so wie Anke Bridonneau der Person, der Sterbewilligen 'Erika Kellermann' Präsenz, Menschlichkeit und 'Wirklichkeit' gab war sehr gelungen. Ihr Schauspiel fesselte meine Aufmerksamkeit und die des Publikums und ich bin mir sicher, dass nicht nur ich eine Verbindung mit der Charaktere herstellen konnte.
Ich war beim Verlassen des Theaters erfüllt von Dankbarkeit, Erinnerungen und der Freude tolle Menschen kennen gelernt zu haben.
Ich, als jemand der meine Frau und eine Reihe Sterbewilliger begleitet hat, habe in so vielen Worten, wie die Sätze formuliert wurden, wie Mimik, Gestik zusammen spielten meine Frau gesehen, Menschen wie 'Anton' gesehen, gehört und wahrgenommen. 

Noch ein paar Gedanken und Impressionen zur Umsetzung des Theaterstücks.

Als Intro und Extro / Outro wurde von dem Volksbühne das Musikstück Ludovico Einaudi - Una Martina gewählt. Dieses Stück bedeutet „eines Morgens“ und ist für mich wie ein sanftes Erwachen. Das Musikstück ist im Film „Ziemlich beste Freunde“ zu hören / aus diesem Film bekannt, die introspektive und beruhigende Melodie hat bei mir eine tiefe Resonanz und ruft bei mir ein Gefühl der Gelassenheit und des Nachzudenken wach.
 

Das Bühnenbild empfand ich so passend. Die Bühne hatte nur drei weiße Stühle in einem monochromen Raum - ein schwarzer Raum. Im Design sagen wir less is more und das Einfachheit und Minimalismus im Design wichtig sind - Ein einfaches Design hat weniger Ablenkungen, und der Benutzer bzw beim Theaterstück kann sich der Zuschauer auf die wesentlichen Merkmale und Worte konzentrieren. Indem wir als Designer - und wie es die Volkbühne mit dem Bühnenbild tat, die Dinge, die Bühne einfach zu halten, können auch die kognitive Belastung der Zuschauer reduzieren. Wenn ein Bühne mit zu vielen Elementen überladen ist, kann es für den Zuschauer überwältigend sein, herauszufinden, was die Augen und Ohren wahrnehmen soll / sollten.
Ein komplett schwarzer und leerer Raum durch diese Reduktion strahlte der Raum nur durch die Schauspielerin, in einem hellen Kleid, mit lebendigen farbigen Akzenten. damit konnte die Bühne die Strasse sein auf der Frau Kellermann stürzte, ihr Bett daheim oder in der Klinik, der Raum in dem Frau Kellerman ableben konnte / durfte, --- ein solcher Raum ist nur Theater und kann gleichzeitig jeder andere Raum sein.

Der Monolog des Theaterstücks ist weder eine Werbung oder Hofieren noch eine Verteufelung oder Abwertung  der Sterbehilfe auch keine Werbung der Sterbehilfevereine. Aber es ist ein Plädoyer für eine offene Diskussion     dafür sein, einem gesellschaftlichem Problem nicht länger aufgrund von moralischen Scheuklappen aus dem Wege zu gehen.


Schlussgedanke

Ein bewegender, ein hochaktueller Theaterabend in Viersen - Ich hoffe es wird weitere Vorführungen geben - aktuell sind keine weiteren geplant..
Ich danke nochmals Anke Bridonneau für ihr Schauspiel, und das lebendig werden einer Achterbahn der Emotionen und mich und das Publikum nachdenklich gemacht zu haben. Danke an Jan Viergutz für das Inszenieren und die Regieleistung und dem Ganzen Team der Volksbühne Viersen 💛

Sollte ich von weiteren Aufführungen hören werde ich dies auf meinem Blog teilen.

In diesem Kontext:

Artikel die zum Sprechen über Sterbehilfe anregen sollen / könnten und den Leben, Sterben und Tod.
Und die Macht der Worte - Bedeutung einer guten Sprache und Vokabular.



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