Freitod – Was sagt der christliche Glaube dazu?

Ist das Geschenk des Leben, ein Geschenk welches man auch ablehnen kann?

Die meisten Menschen hängen sehr an ihrem Leben und tun alles, um es so lang wie irgend möglich zu erhalten. Ja, natürlich sollen die Verheißungen für ein langes Leben wahr werden, und das Sterben hat noch lange Zeit. Aber es gibt auch viele Menschen die das anders empfinden. Das Leben erscheint ihnen wie ein Geschenk welches sie bindet, festhält, einengt, ein Leben welches körperlich oder seelisch schmerzt, mit dem sie nichts mehr anfangen können, oder viel mehr: das ihnen unerträgliche Mühe macht.


Reden über das Sterben

Darüber zu reden ist schwer - und ich habe eine Reihe von Artikeln bereits dazu geschrieben (Artikel zum Umgang und Diskutieren über das Sterben) - es ist schwer für sicherlich jeden, aber um so mehr für Betroffene. Das Sterben und um so mehr der Wunsch zu Sterben bleibt in der Gesellschaft wie in der Kirche tabuisiert. Und das, obwohl Sterben in Würde und eigenen Willen die Menschen seit Jahrtausenden beschäftigt. Das Christentum war sich im Laufe der Geschichte bis auf wenige Ausnahmen in seiner ablehnenden Haltung einig - aber das ändert sich und das ist gut so.



Was sagt die Bibel zum Freitod

Schaut man und sucht man einem eindeutige Bibelverse der sich gegen den Freitod ausspricht ist dies schwer zu finden. Schlicht weg deshalb weil es biblisch kaum thematisiert wird - auch weil es zu dieser Zeit nicht unüblich war. Die wenigen Bibelverse die zu finden sind oder in Verbindung zu bringen sind bleiben beschreibend - zwei Beispiele:

  • (Matthäus 27, 5) Judas hat sich laut dem Matthäusevangelium zufolge nach dem Verrat an Jesus erhängt
  • (1. Samuel 31, 1-6) Saul und seine Waffenbrüder stürzen sich in ihre Schwerter, um ehrenvoll Angreifern zu entgehen
Eine Verurteilung oder weitere Zeilen oder Kommentare fand ich nicht.


Wann, Wo, Wie hat sich die christliche Ablehnung des Freitod dann ergeben? 

Zum Ersten erkenne ich und lese ich aus der theologischen Hochschätzung des Lebens diese Haltung zum Freitod heraus - bzw interpretiere ich diese Haltung aus dieser Hochschätzung des Lebens. 

Dann ließt man immer wieder von dem von Gott geschaffene, geliebte, irdische Leben, das auf dem Weg zur Ewigkeit seine Bedeutung hat - und als Basis dient und die Hoffnung auf das vollkommene Leben in der Ewigkeit beschreibt.

Zum anderen hat sich die christliche Haltung in Abgrenzung und in der Überhöhung zu anderen Lebensanschauungen und insbesondere in der historischen Entwicklung und Abgrenzung zu Nichtgläubigen.

In der Geschichte finden wir oft die Vorstellung des würdevollen oder schnellen Sterbens - welcher auch durchaus üblich war und hat insbesondere bei den Eliten zu einem aus heutiger Sicht liberalen Umgang mit dem Suizid geführt. Dagegen lehnte das Christentum eine solche Eigenverantwortlichkeit und eigenen persönlichen Lebens- und Weltanschauung des Menschen ab, weil allein Gott über das Leben verfüge.

Die Frage, ob Menschen die einen Freitod gewählt haben auf ewig verdammt seien, wird mittlerweile von vielen christlichen Geistlichen meist nicht mehr wirklich beantwortet, beziehungsweise Gott überlassen. Die Kirchenverteter verurteile die Tat, nicht den Täter, so hieß es in der katholischen Kirche 1983 (im Codex Iuris Canonici), als auch Beerdigungen von Selbstmördern auch offiziell wieder zugelassen und empfohlen wurden. 


Die christliche Haltung muss sich ändern

In der Bibel findet sich, soweit ich nichts übersehen habe, kein ausdrückliches Selbstmord-Verbot. 

Jedoch betonen und vertreten Kirchenvertreter übereinstimmend die Ansicht, dass Selbsttötung dem göttlichen Schöpfungsakt widerspricht.

In dem 1975 erschienenen Katechismus der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands findet sich die Aussage:

"Nach christlicher Auffassung hat der Mensch kein Recht zu einem solchen zerstörerischen Eingriff (dem Selbstmord), da er sich das Leben auch nicht selbst gab, sondern mit seinem Lebensauftrag von Gott geschenkt bekam."

Für die katholische Kirche und katholische Einrichtungen gibt es ein ganz klares Nein. 

Für die evangelische Kirche aber haben namhafte Theologieprofessor*innen sowie Diakoniepräsident Ulrich Lilie in einem viel beachteten Artikel in der FAZ etwas gänzlich anderes gefordert: "Im Namen der Selbstbestimmung und der Freiheit müsse assistierter Suizid gerade auch in der Diakonie möglich gemacht werden, natürlich in sorgfältiger qualitätsvoller Prüfung und möglichst auch begleitet durch besonders ausgebildete Seelsorgerinnen und Berater." Auch Landesbischof Ralf Meister unterstützt diese Position.

Leider verändert sich nicht nur die Kirche sehr langsam sondern auch deren Glaubensanhänger siehe dazu den Gesetzesentwurf der von den Abgeordneten Gesetzesentwurf der Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU), Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Benjamin Strasser (FDP) und Kathrin Vogler (Linke) in Abstimmung mit Kirchenvertretern erarbeitet und vorgestellt wurde.

Der christliche Glaube und die Kirche werden gut daran tun, wenn diese ihre Haltung gegenüber dem Freitod im seelsorglichen und barmherzigen Sinne verändern - und sich nicht nur auf die Begleitung in Hospiz- und Palliativversorgung fokussiert. 

Was es nun in den neuen gesellschaftlichen Debatten um die Beihilfe zum Sterben braucht, ist, auf die Bedeutung der Freiheit für die Schwächeren in der Gesellschaft hinzuweisen. 

Es braucht eine Kultur, in eigener Selbstbestimmung geschützt leben zu dürfen und in dieser Konsequenz auch aus dem Leben gehen zu können, und dies offen durchdacht und diskutiert wird. 


In diesem Kontext:

Artikel über Sterbehilfe - Kritiker & Gegner







Comments

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