Ein Gutes Leben - ein gutes Ableben - "Adieu, man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar"

Selbstportrait - von mir im Friedwald, umringt von Glühwürmchen
Heute jährt sich die Beisetzung meiner Frau zum dritten Mal. An ihrem Todestag, in diesem Jahr, schrieb ich über das Recht auf Sterbehilfe versus Anspruch auf Sterbehilfe, etwas was ich mit meiner Frau wieder und wieder diskutierte und viel von ihr lernte.

Heute nun möchte ich der Lebensfreude, der Würde, Freiheit, und der Selbstbestimmung eines Jeden Raum geben und mir Gedanken machen.

Lebensfreude, Würde, Freiheit, und Selbstbestimmung - alles Aspekte des Lebens, des Älter werden, in der Krankheit und zum Lebensende - sind für mich keine abstrakten Begriffe, sondern Themen, die jeden Menschen betreffen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Hautfarbe.
Wer aber wägt ab, wie wägt man ab, auch für sich selbst, wenn es zu Konflikten kommt?
Wer entscheidet zum Beispiel, wann die Würde des Ungeborenen anfängt und die des Todkranken endet?


Ein Gutes Leben - ein gutes Ableben

Ein erfülltes Leben ist, so denke ich,  gekennzeichnet durch starke Verbindungen zu loyalen Freunden, die auch in schwierigen Zeiten zur Seite stehen. Es ist wichtig, offen über alle Aspekte des Lebens zu sprechen und stets neugierig auf das eigene Leben sowie das der anderen zu sein. Trotz guter Vorbereitung auf viele Aspekte des Lebens, fehlt oft die Auseinandersetzung mit dem Lebensende und Themen wie Patientenverfügungen oder Bestattung. Humor sollte zudem ein beständiger Begleiter im Leben und im Sterben sein, ohne dabei erzwungen zu wirken.
Der aussagekräftige Satz beim Abschiednehmen: "Manchmal haben wir uns totgelacht, dem Leben hat es nicht geschadet!". ist eine wichtige Lektion im Leben und im Sterben.


Kultur und Gesellschaft

Die Art und Weise, wie das Zusammenleben der Menschen geschaffen ist, gestaltet ist, und gelebt wird - ist mir überaus wichtig - dazu gehört für mich auch die Kultur der Palliativversorgung und der Hospiz. Den Tod in die Mitte der Gesellschaft zu holen und darüber zu diskutieren sich auszutauschen - und zu akzeptieren dass es da die individuellsten SIchtweisen gibt und empfindungen - Empfindungen von Würde und Leben und auch Lebenssattheit.
Gleichzeitig geht es in unserer Gesellschaft darum, jung sein zu müssen, fit zu sein, mit 65 den Marathon zu schaffen… ( an dieser Stelle kann ich den Teilnehmer*innen die ich in unserer Region beim Ironman zuschauen durfte nur meinen höchsten Tribut zollen) aber  dieser Jugendkult drängt den Tod und das Nachdenken darüber in den Hintergrund - so denke ich.
Dieser Jugendkult ist in dem Kontext zu 'Alter akzeptieren', Gebrechen akzeptieren und Sterben kontraproduktiv. Kontraproduktiv zu den Lebensgeschichten und Lebensliedern, die jeder Mensch in sich trägt. Wenn wir nur der Jugend nachjagen, werden wir atemlos.
Denn es bedeutet, dass wir uns nicht beheimaten, selbst finden, selbst akzeptieren in und mit den Bedingungen unserer eigenen Lebenssituationen.
Wie wir in Würde und mit der eigenen Fürsorge altern können – das sind Überlegungen, die für viele Menschen nicht akzeptabel, nicht existend sind, oder immer verfrüht erscheinen. Und natürlich setzt man sich nicht gern mit dem auseinander, was das Lebens Ende bedeuten kann oder soll.


"Adieu, man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar"

Es gibt immer mehr Menschen, die nicht in die Abhängigkeit von Maschinen, Kliniken, sonstigen Einrichtungen geraten wollen, wenn man eigentlich schon längst "Ich möchte gerne würdevoll gehen" oder "Adieu" sagen wollten. Der Kleine Prinz sagt diesen wunderschönen Satz "Adieu, man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar".
Ich denke, dass wir - was das Sterben angeht - viel mehr mit dem Herzen und allen Sinnen arbeiten müssen.
Wir sollten uns nicht wie die Wahnsinnigen auf die Apparatemedizin verlassen, sondern die Zeichen sehen und erkennen, wenn jemand sterben möchte, und dies dann in die Hände des Sterbenden legen. Denn wir sind in der Eigenverantwortung unseres eigenen Sterbens. Darum sage ich wie und wo ich es nur kann nimmt das Thema als eines der möglichen Themen in Gesprächen mit Familien und Freunden auf. Sprecht so offen und ehrlich über das was ich bewegt, Freude bereitet und wenn es zu einem Schicksalsschlag kommt, oder zum Altern kommt, was ihr Euch wünscht.


Mein Wunsch

Ich wünsche mir eine stetige Veränderung und zukunftsweisende Umkehr im Gesundheitsbereich. Es sollte für alle Menschen flächendeckend die Möglichkeit geben, eine palliative Versorgung und Hospizangebote und -plätze zu finden und zu bekommen, was bedeutet, dass sie sich schmerzfrei, eigenbestimmt und eigenverantwortlich dem Sterben zuwenden können.^
Das müssen wir unbedingt auch viel mehr in der Öffentlichkeit thematisieren! Es muss klar sein, dass man sich in die Hände von guten Pflege- , Hospiz- und Palliativteams begeben kann, wenn man das möchte und dass man diese Menschen so begleiten, dass sie eine größere Leichtigkeit für sich entdecken könne und hoffentlich werden, was die Vorbereitung auf das Sterben anbelangt.
Oder auch den Weg eines selbstbestimmten, früheren, wohlerwogenen Sterben über eine Sterbehilfe gehen können.

Ich würde mir wünschen, dass die Selbstbestimmung des Lebens, des Sterbens und des Tod mehr in den Fokus rückt. 

Der Satz des Kleinen Prinz war der Wunschtext für den Friedwald-Baum von meiner Frau für ihren Baum "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar"


Siehe auch:

Weitere Artikel mit dem Kontext 'Umgang mit dem Sterben'

Würde in der Pflege - „Wie wollen wir leben?“ und „Wie wollen wir nicht leben?“






Comments

  1. Wie immer gilt. Her mit konstruktiven Kommentaren, Ideen und Fragen. Auch wenn ich nur antworte, wenn ich es für nötig und möglich erkenne - lesen werde ich alle Kommentare - und lerne in den aller meisten Fällen. Veröffentlicht werden keine Kommentare. Danke für Ihr / Euer Verständnis.

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