Recht auf Sterbehilfe vs Anspruch auf Sterbehilfe

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es in vielen Foren, Diskussionen, einigen Menschen nicht gewahr ist wie viel es Anderen abverlangt zu helfen.
Anderen Menschen beim Sterben zu helfen, zu unterstützen, mitzutragen, zu begleiten ... you name it ... ist nicht einfach!

Es wird Empathie gefordert, von vielen eingefordert, aber mit Empathie geben haben selbige Personen es nicht leicht, oder gar nichts am Hut. Auch wenn es nur wenige sind die so extreme Ansichten haben - man findet alle Abstufungen des gemeinsamen Verständnis bis hin zu reinen Forderungen und der Haltung: 'Ich habe einen Rechtsanspruch Punkt Basta Aus' - Das Recht JA! Jedoch niemand kann gezwungen werden beim Töten zu unterstützen.

Druck kann nach hinten los gehen

Einigen Anderen scheint auch nicht nicht klar zu sein, dass ein Erzwingen eines Rechts oder nennen wir es, wie es oft tituliert wird, Rechtsanspruch auf Sterbehilfe, einen Zwang, eine Erfüllungspflicht, eine Bringschuld und Schuldigkeit bei Anderen auslöst.
Nun gibt es einen Teil derer die genau diese Schuldigkeit bei Anderen wollen - um daran deren eigenen individuellen Willen zu bekommen / aufzuzwingen. Zwang und Druck auf Helfende erzeugt zumeist wenig Freude, wenig positive Reaktionen und damit weniger Hilfsbereitschaft - Druck erzeugt üblicherweise Gegendruck.

Wer solche Rechtsansprüche erzwingen will kann dies selbstredend tun - muss sich aber auch klar sein, dass damit Grenzen überschritten werden, werden könnten. 

Ich habe Aussagen gelesen in denn gesagt und geschrieben wird:
"Ein Arzt oder eine andere Person muss mir beim Sterben helfen, dafür sind die da." 

Mit Urteil vom 26.02.2020 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sich mit dem in § 217 Abs. 1 StGB normierten Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung befasst und entschieden, dass die Norm mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig ist.
Das BVerfG stellt deutlich heraus, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG als Ausdruck der persönlichen Autonomie das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben umfasst. Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasse, so das BVerfG, dabei auch die Freiheit, sich hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und angebotene Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Das BVerfG spricht von Recht und Hilfsangebote auf ein selbstbestimmtes Sterben - das Recht sich das  Leben zu nehmen, die Freiheit, sich hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und angebotene Hilfe in Anspruch zu nehmen - dies ergibt aber nicht Helfer und Ärzt*innen zu zwingen beim Sterben zu helfen.


Was ist der Unterschied zwischen Recht und Anspruch?

Ein Anspruch ist »das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen« (§194 Abs. 1 BGB). Oder in anderen Worten:

  • Recht: Du darfst selbst etwas tun oder lassen.
  • Anspruch: Du darfst verlangen, dass ein anderer etwas tut oder lässt.

Rechte und Ansprüche sind beides rechtliche Konzepte, die jedoch unterschiedliche Aspekte regeln und ausdrücken.

Rechte gegenüber jemandem zu haben, bedeutet, dass Ihnen bestimmte Freiheiten oder Berechtigungen im Rahmen eines rechtlichen Systems oder Vereinbarungen zugestanden werden. Rechte sind oft unabhängig von den Aktionen oder dem Verhalten anderer Menschen und können grundlegender Natur sein. Zum Beispiel haben Sie das Recht auf Meinungsfreiheit oder das Recht auf Privatsphäre.

Ansprüche gegenüber jemandem zu haben, ist mehr mit spezifischen Handlungen oder Verpflichtungen verbunden. Ein Anspruch ist im Allgemeinen etwas, das Ihnen jemand anderes schuldet, typischerweise als Ergebnis einer Vertragsvereinbarung. Wenn Sie z.B. für einen Job arbeiten, haben Sie einen Anspruch auf Bezahlung. Wenn Sie eine Dienstleistung kaufen, haben Sie ein Anspruch auf eine ordnungsgemäße Lieferung dieser Dienstleistung.

Kurz gesagt: "Rechte" betreffen Allgemeine Freiheiten oder Berechtigungen, während "Ansprüche" spezifische Forderungen oder Verpflichtungen betreffen.


Grundgesetz und Rechtsansprüche

Im Grundgesetz findet man ganz zu Beginn die Grundrechte, die für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gelten. Aus diesen Grundrechten leiten sich viele Rechte ab. So haben die Menschen beispielsweise einen Anspruch darauf, dass der Staat dafür sorgt, dass keiner wegen seiner Religion benachteiligt wird oder dass alle Kinder in die Schule gehen können.

Für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gibt es Rechte und Pflichten - Ansprüche an andere Menschen ist eine ganz andere Dimension.

Man hat aber nicht nur Rechtsansprüche darauf, dass der Staat bestimmte Dinge tut. Es gibt auch Rechtsansprüche zwischen verschiedenen Personen zum Beispiel, wenn sie einen Vertrag miteinander abschließen. Da der Staat selbstredend keine Sterbehilfe leistet sondern Menschen ist der Anspruch, dass ein Mensch einem anderen Menschen diesen Anspruch erfüllen muss eine ganz andere Dimension.

Und wenn man sich dies vergegenwärtigt, sollte man bedenken was diejenigen triggern werden die aus dem Recht einen Anspruch machen wollen. Es wird Gegner geben und es werden bislang der Sterbehilfe neutral oder positiv eingestellt sind, Skeptikern oder gar Gegnern der Sterbehilfe machen, ganz vorne an die Berufsverbände die alle Interessen der Mitglieder vertreten müssen oder zumindest abdecken.


Berufsverbände und deren Haltung zur Sterbehilfe

Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) 

Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) steht der Sterbehilfe skeptisch gegenüber, aus diesem Verband kommt und aus religionsgetragenen Pflegeorganisationen und -einrichtungen, kommt unter anderem und meinem Informationsstand nach, auch der Passus im Castellucci Entwurf die EInschränkung und Informationsverbot zur und über die Sterbehilfe in deren Häusern und Umfeld (siehe hier zu alle Entwurfsvarianten des Castellucci bis dato).
Beziehungsweise der DBfK, so O-Ton, lehnt eine geschäftsmäßige Sterbehilfe ab, und hat überdies, wie gesagt, Probleme mit Sterbehilfe an und für sich, weil diese in Widerspruch zu deren ethischen Grundsätzen beruflich Pflegender stehe. Der DBfK betont, dass die Aufgabe pflegender Berufe beschränke sich darauf, Gesundheit zu fördern, Krankheit zu verhüten, Gesundheit wiederherzustellen und Leiden zu lindern, so die Berufsauffassung der Pflegenden. 
Anmerkung von mir, dass mit dieser Haltung, wissentlich Leiden gefördert und verlängert wird, wird wissentlich vom DBfK dabei akzeptiert und verschwiegen.


Ärzteverbände

„Ärztinnen und Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten“ - dieser Satz stand noch vor gar nicht allzu langer Zeit in der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte  im Paragrafen 16 und war ebeso in allen Landesberufsordnungen niedergeschrieben.
Schließlich beschlossen die Ärzte unter überaus großem und , den Satz unter Berücksichtigung der in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 dargelegten Gründe zu streichen.
Obwohl die Berufsordnung nicht Gegenstand des Verfassungsgerichtsurteils war, sei die entsprechende Regelung in der (Muster-)Berufsordnung nicht mehr aufrechtzuerhalten, begründete das Ärzteparlament seine Entscheidung. Das ändere aber nichts an der „lebens- und gesundheitsorientierten Zielrichtung“ ärztlichen Handelns. Die Hilfe zur Selbsttötung zähle nicht zum Aufgabenspektrum von Ärzten.
„Als Ärzte sind wir dem Leben verpflichtet“, betonte auch Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer. Dr. Klaus Reinhardt warnte die Politik überdies, sehr eindringlich, vor dem Versuch, Ärzte bei der Sterbehilfe zu sehr in die Verantwortung zu nehmen. „Patienten brauchen absolute Verlässlichkeit, dass es ihrem Arzt darum geht, Leiden zu lindern“, so Reinhardt.


Mein Verständnis aus diesem Für und Wider

Dies Worte der Pflegeverbände und des Präsident der Bundesärztekammer, die ebenso bei den Landesärztekammern wieder und wieder formuliert wird, in ähnlicher Form und Klarheit, diese Warnung sollte uns Mahnung sein wenn wir das Recht für ein persönliches würdiges Sterben haben wollen und haben, nun als einen Anspruch und Zwang ansehen und formulieren.

Situation in Deutschland ...

In Deutschland ist die aktuell Situation nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht so, dass die Sterbehilfe weder auf eine terminales Krankheitsbild oder irgendeine Krankheit beschränkt ist. Voraussetzung ist insoweit lediglich, dass sich ein Sterbewilliger in einer persönlichen aussichtslosen Lage befindet und sich auf eine anhaltende, unerträgliche körperliche oder psychische Qual beruft, die nicht gelindert werden kann. Und der / die Sterbewillige wohlerwogen, dauerhaft und freiverantwortlich dies zu wollen und Hilfe zu suchen und zu bekommen. (Freiverantwortlichkeit eines Sterbewunsch)

In ihrem Urteil hatten die Karlsruher Richter den Strafrechtsparagrafen 217 für nichtig erklärt. Das im Jahr 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum selbstbestimmten Sterben ist damit kein geltendes Recht mehr. Der Sterbewillige habe ein Recht darauf, die Hilfe dazu bereiter Dritter in Anspruch zu nehmen, um die Selbsttötung durchführen zu können, erklärte das Gericht, wies aber zugleich darauf hin, dass niemand verpflichtet sei, Sterbehilfe zu leisten. 

Sprich es gibt das Recht ...
... für Patient*innen und Sterbewillige Hilfe zu suchen, zu erfragen, zu finden, und zu erfahren und anzunehmen
... für Helfer und Ärzte zu unterstützen, zu begleiten, und Sterbehilfe leisten zu können.

Es gibt weder einen Anspruch noch den Zwang ...
... für Patient*innen Sterbehilfe suchen zu müssen oder annehmen zu müssen
... für Helfer und Ärzte zu unterstützen zu müssen und Sterbehilfe leisten zu müssen.



In diesem Zusammenhang:

Sterbehilfe - 4 Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.Februar 2020

Gedanken zum selbstbestimmten Sterben

Arztgespräch zur Sterbehilfe - Vorbereiten und Durchführen


Meine Artikel und Beratungen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sie sind als einführende 
Information gedacht, ersetzen daher keine ärztliche oder anwaltliche Beratung. Sie erheben weder den 
Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Rechtsverbindlichkeit. Selbstredend sind Haftungs- und Regressansprüche jeder Art sind ausgeschlossen

Comments

  1. Kommentare sind überaus willkommen. Ich lese diese immer und ich nutze gerne die eingebrachten Ideen, die ich bekomme, in künftige Artikel. Beantworten kann ich wegen Menge der Kommentare nicht alle und auch nur die bei denen ich die Optionen bekomme.
    Veröffentlichen werde ich keine, ich denke dies ist nachvollziehbar und selbsterklärend in Anbetracht der Themen / des Thema. DANKE

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