Q&A - Wieso ist das Finden einer Freitodbegleitung oft so schwer?
Wieso ist das finden einer Freitodbegleitung so schwer?
Kurze schnelle Antworten, die von einem Helfenden kommen würden:
- Weil Leben das tollste ist was man hat.
- Weil Leben einzig und einzigartig ist.
- Weil man nur ein Leben hat.
- Und ... Weil Helfen zum und beim Sterben nicht einfach ist!
Meine längere Antwort besteht aus drei Seiten beziehungsweise Teilen oder auch mehr ... und ich frage Fragestellende oft: " ... haben Sie sich intensive über die folgende drei Punkte und Seiten Gedanken gemacht?"
- Erste Seite wäre / ist die rechtliche Seite.
- Sterbehilfe ist jetzt erlaubt in Deutschland (Eine aktive Sterbehilfe ist in Deutschland weiterhin verboten, anders als in den Niederlanden, Luxemburg, Spanien und Belgien). Die indirekte und passive Sterbehilfe sind schon lange zwei Optionen, die dritte Option der assistierten Sterbehilfe war von 2015 bis 2020 nahezu unmöglich. Die assistierten Sterbehilfe ist nun seit 2020 wieder nicht strafbar. Die aktuellen Rechtslage ist die, dass man einem Menschen, die / der einen Freitod begehen möchte, die tödlichen Medikamente in die Hand drücken darf, aber die / der Sterbewillige muss sie selbst nehmen. Oder, wenn der Mensch, der sterben will, die Infusion mit der todbringenden Lösung selber aufdreht - das Richten und Anlegen einer Infusion zählt zu den nicht strafbaren helfenden Handlungen. Die letzte erforderliche Handlung muss der Mensch, der sterben möchte, selbst vornehmen.
- Hierzu habe ich schon viel geschrieben - vielleicht beginnen sie mit diesem Artikel 'Sterbehilfe was ist erlaubt und wo' oder dem Artikel 'Sterbehilfe - 4 Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht'
- Wer auch aus achtenswerten Beweggründen (z.B. Mitleid) einen Menschen auf dessen ernsthaftes und eindringliches Verlangen tötet, macht sich wegen Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB strafbar und muss mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren rechnen.
- Zweite Seite ist die oder der Sterbewillige, Sterbewünschende / Freitodwillige / Freitoderbittende.
- Wer will sterben?
- Wieso sterben und nicht leben?
- Weshalb dieser Wunsch, Wieso keine Alternativen?
- Wie dauerhaft und durchdacht ist dieser Wunsch?
- Auch hierzu habe ich viel geschrieben - Sterbewunsch
- Freitodbegleitung darf nur gewährt werden, wenn die betroffene Person:
- weiß, was sie tut (Urteilsfähigkeit)
- nicht aus einem Affekt handelt
- die möglichen Alternativen kennt (Wohlerwogenheit)
- einen dauerhaften Sterbewunsch hegt (Konstanz)
- von Dritten nicht beeinflusst wird (Autonomie)
- die letzte zum Tode führenden Handlung eigenhändig ausführt (Tatherrschaft)
- Und die Dritte ist die Seite der / des Helfenden
- Die Helferin, der Helfer, Die Ärztin, der Arzt will mit der ersten Seite nicht in Konflikt kommen.
- Die Helferin, der Helfer, Die Ärztin, der Arzt muss ab dem Moment des Wissens des Wunsches, mit dem Zeitpunkt der Hilfe, des Sterbens selber, alleine, für sich und seinem Gewissen und mit allerbesten Wissen, sich unumstößlich und unangreifbar sicher sein das einzig Richtige und Beste für die / den Sterbewillige(n) getan zu haben.
- Helfer, Sterbehilfevereine und die ärztliche Seite müssen und werden sehr sorgfältig prüfen, ob jemand wirklich selbstbestimmt und aus freier Verantwortung einen Freitod sich wünscht und nicht von einem Impuls getrieben ist , aus einer Laune, getriebene durch einen lebenstief oder mentales Tief, die Flucht aus dem Leben nehmen will und damit einen Suizid begehen möchte.
- Für die Helfer und die Vereine ist eine solche Prüfung mit einem erheblichen Aufwand verbunden, das ist jedem klar, der sich mit den oben genannten drei Seiten auch nur ansatzweise auseinandergesetzt hat.
- Sollte der Wunsch zu Sterben, nicht selbstbestimmt, freiverantwortlich, wohlerwogen und unter persönlicher Abwägung der Alternativen nicht gesichert gewesen sein, dann laufen alle Helfer, alle wissende und Anwesende bei einem Freitod Gefahr, wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft verurteilt zu werden oder auch strafbare Tötung auf Verlangen nach Paragraf 216 Strafgesetzbuch. Zwei Ärzte in Berlin und Essen sind kürzlich zu Haftstrafen verurteilt worden, weil sie Patienten mit psychischen Erkrankungen auf deren Wunsch hin tödliche Medikamente überlassen hatten.
Alle drei Seiten sind super wichtig - viele Sterbewillige sehen aber die Helfer nicht, nicht als Menschen und nicht als Menschen mit Seele und eigener Haltung - spätestens wenn die Frage: Wieso ist das Finden einer Freitodbegleitung so schwer? mit der Forderung kombiniert wird 'Jemand muss mir helfen!'
Wenn Sie mit dem letzten Satz herausgefordert sind - lesen Sie doch bitte folgenden Artikel: Recht auf Sterbehilfe vs Anspruch auf Sterbehilfe
Wer sich mit dem Freitod, der Sterbehilfe beschäftigt muss sich ebenso mit den rechtlichen und ethischen Fragen des Sterbens beschäftigen - ohne geht es nicht!
Ich schrieb am Anfang ...
"Um ehrlich zu sein die Frage ist für mich immer wieder überraschend bis erschreckend, da es zeigt wie wenig die / der Fragende sich in die Schuhe auf die Seite der / des Helfenden stellt - da sonst diese Frage nicht kommen würde.Dies ist meist der erste Gedanke." ... oder in anderen Worten: "Weil es sich Einige schwer machen, da sie denken, es wäre leicht für den Helfenden!"
Hilfe findet man in Deutschland entweder ...
beim eigenen Arzt,
dies ist auch meine Empfehlung, da es im Vertrauten Umfeld, mit vertrauten Menschen, mit vertrauten Helfern und dem vertrauten Arzt geht den man und der einen seit langer oder sehr langer Zeit kennt. Meine Fälle die bis auf ganz wenige Fälle durch Sterbehilfevereinen parallel betreut wurden, waren es zu 90-95% deren Hausärzt*innen oder Neurolog*innen oder Onkolog*in. Für viele werden Kosten eine Hürde sein, die liegen erwartungsgemäß bei dem direkten Arztkontakt deutlich niedriger als bei den beiden anderen Wegen meist unter oder deutlich unter 1.000 € oder mit allen Gutachten leicht darüber - basierend auf meine eigenen Erfahrungen. (Mehr Details hier)
dann sind in Deutschland aktuell drei Vereine tätig
Ich hatte viel mit Dignitas zu tun, wenig mit der DGHS und nur einmal mit dem Verein Sterbehilfe Deutschland - (Mehr Details hier)
oder auch kommerzielle Anbieter
Ein Unternehmen im Raum Stuttgart ist mir bekannt welches seit Mitte 2024 Sterbehilfe anbietet. Hier liegen die Kosten ähnlich wie bei den Vereinen plus verständlicherweise Risikorücklagen für das Unternehmen und Umsatzsteuer die das Unternehemn mit einzukalkuieren hat. Auf der FAQ Seite nennt das Unternehmen Kosten welche variieren von ca. zwischen 1.600 € und 7.600 € aber auch bei vollumfänglicher Hilfe bis zu 5stelligen Kosten steigen können - das Unternehmen geht recht offen mit dem Thema um und stellt so mein Wissensstand individuelle Kostenvoranschläge. Weiteres bei Linus Sterbehilfe GmbH, Bahnhofstraße 37, 70734 Fellbach
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Weitere Zeichnungen, Bilder von mir auf https://www.instagram.com/holgermaassen/
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