Informationen zur Sterbehilfe in Belgien
Belgien hat eines der liberalsten Gesetze zur Sterbehilfe weltweit. Hier sind einige wichtige Punkte:
„Sterbehilfe“ in Belgien seit 2002
Belgien legalisierte 2002 als zweites Land der Welt nach den Niederlanden die aktive Sterbehilfe. Das Gesetz erlaubt „Euthanasie“ für Erwachsene, die an „anhaltendem, unerträglichem und unheilbarem körperlichem oder psychischem Leiden“ aufgrund einer „schweren und unheilbaren Erkrankung“ leiden. Im Jahr 2014 wurde das Gesetz unter bestimmten Bedingungen auf Minderjährige ohne Altersgrenze ausgeweitet, sofern eine elterliche Zustimmung und individuelle Entscheidungsfähigkeit vorliegen.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Belgien legalisierte die Sterbehilfe im Jahr 2002 durch das "Gesetz betreffend die Patientenrechte am Lebensende". Dieses Gesetz ermöglicht es Ärzten, aktive Sterbehilfe zu leisten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Wer kann in Belgien Sterbehilfe leisten?
In Belgien können nur Ärzte Sterbehilfe leisten. Sie müssen sich an strenge medizinische und ethische Richtlinien halten.
Voraussetzungen für Sterbehilfe
- Freiwilligkeit: Der Patient muss den Wunsch nach Sterbehilfe freiwillig und ohne äußeren Druck äußern.
- Unheilbarkeit: Der Patient muss an einer medizinisch unheilbaren Krankheit leiden, die in absehbarer Zeit zum Tod führt.
- Unerträgliches Leiden: Der Patient muss unter ständigem und unerträglichem körperlichem oder psychischem Leiden leiden, das nicht gelindert werden kann.
- Volljährigkeit: Der Patient muss volljährig und geistig zurechnungsfähig sein, um eine solche Entscheidung treffen zu können.
- Wiederholte Bitte: Der Patient muss die Bitte um Sterbehilfe wiederholt und in schriftlicher Form äußern.
- Konsultation: Ein zweiter Arzt muss konsultiert werden, um die Voraussetzungen zu bestätigen.
Sterbehilfe für Ausländer
Belgien erlaubt in bestimmten Fällen auch Sterbehilfe für Ausländer. Wenn ein Ausländer die gesetzlichen Voraussetzungen für Sterbehilfe erfüllt und eine nachweisbare Verbindung zu Belgien hat, beispielsweise durch einen vorherigen längeren Aufenthalt oder eine umfassende medizinische Behandlung im Land, kann er prinzipiell Sterbehilfe in Anspruch nehmen, meist bleibt es dabei dass es prinzipiell möglich ist, aber in aller Regel für Ausländer nicht oder kaum möglich. In der Praxis ist dies jedoch oft komplex und erfordert eine sorgfältige medizinische und rechtliche Prüfung durch belgische Ärzte und Rechtsexperten. Es ist wichtig, dass alle relevanten gesetzlichen Bestimmungen und ethischen Richtlinien strikt eingehalten werden.
Das Gesetz zur Sterbehilfe in Belgien ermöglicht es auch ausländischen Menschen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Die entsprechenden Bestimmungen veranlassen Patienten aus umliegenden Ländern, insbesondere aus Frankreich, dazu, diese Dienste in Anspruch zu nehmen. Im Jahr 2022 haben bereits 70 knapp 75 Personen den Weg nach Belgien angetreten, um dort ihr Leben beenden zu können. Jedoch sind damit selbstredend bestimmte Voraussetzungen verbunden.
Um in Belgien Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu können, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Nach belgischem Recht muss der Antrag zur Sterbehilfe sowohl freiwillig, als auch durchdacht und mehrfach beantragt werden. Des Weiteren muss der Antragsteller unerträgliche und unheilbare Beschwerden durch eine schwere Krankheit erleiden. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass zwei unabhängige Ärzte bestätigen, dass alle diese Bedingungen erfüllt sind.
Genau hier ist es in Deutschland etwas leichter, in Deutschland reicht im Regelfall ein Arzt aus, wenn auch in den mir bekannten, betreuten Fällen meist ein zweiter Arzt (meist mit Psychiatrischen Background) hinzugezogen wird zur Absicherung, wie auch in Belgien.
Sowohl in Belgien als auch in Deutschland gilt dabei: Die Option der Sterbehilfe stellt eine Möglichkeit für den Patienten dar, kein Anspruchsrecht. Für den Arzt hingegen eine Option zu helfen, aber keine Pflicht.
Entwicklungen
Europäisches Institut für Bioethik (EIB): Das EIB in Brüssel lehnt das Konzept ab, dass Dritte den „richtigen Moment“ für die Tötung einer Person festlegen, die nicht mehr explizit zustimmen kann. Dies würde besonders vulnerable Patienten treffen. Untersuchungen zeigen, dass das eingesetzte Kontrollsystem, das vor Missbrauch schützen soll, in Belgien gescheitert ist (Bioethik aktuell, 12.02.2021).
IMABE: Die Wiener Bioethikerin Susanne Kummer betont, dass die „Selbstbestimmung“ in Fremdbestimmung kippt, wenn Tötung auf Verlangen eine normale Option darstellt. Dies erhöhe den „Druck auf ein sozialverträgliches Frühableben“.
Statistiken und Trends
Anstieg der Fälle: Die Zahl der gemeldeten Sterbehilfefälle ist seit der Legalisierung kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2024 wurden knapp 4.000 Fälle „aktiver Sterbehilfe“ gemeldet, was 3,6 Prozent aller Todesfälle ausmacht (Pressemitteilung, 19.3.2025, Federal public service for Health). Das sind täglich 11 Personen, ein Anstieg um 16,6 Prozent gegenüber 2023. Im Jahr 2022 waren es noch knapp 3.000 Fälle. Damit hat sich die Anzahl der Euthanasie-Fälle seit 2003 mehr als verzehnfacht. Zwischen 2002 und 2023 sind offiziell 37.606 Menschen durch Euthanasie aus dem Leben geschieden.
Demografie: Die Mehrheit der betroffenen Patienten war Senioren (72,6 Prozent: 70 plus) und Hochaltrige (43,2 Prozent: 80 plus). Die Zahl der Betroffenen unter 40 Jahren war gering (1,3 Prozent). Bei mehr als der Hälfte der Anträge lag eine Krebserkrankung zugrunde. An zweiter Stelle stehen Mehrfacherkrankungen (Polypathologie), deren Anteil von 23,2 Prozent im Jahr 2023 auf 26,8 Prozent im Jahr 2024 deutlich anstieg. Dazu zählen auch rein altersbedingte Einschränkungen wie Sehschwäche, Hörverlust und mangelnde Mobilität.
Psychisches Leiden: Die Ärzte gaben 2023 in 76,2 Prozent der Fälle sowohl körperliches als auch psychisches Leiden an. 2024 stieg dieser Anteil auf 82,3 Prozent. Obwohl zahlenmäßig noch gering (89 Fälle), ist ein Anstieg der Euthanasie-Fälle aufgrund psychiatrischer Erkrankungen zu beobachten, die 2023 und 2024 jeweils 1,4 Prozent der Fälle ausmachten. Auch kognitive Störungen wie die Alzheimer-Krankheit wurden mit 1,4 Prozent als Grund angegeben.
Bemerkung
Diese Informationen sollen einen umfassenden Überblick über die Entwicklung und die aktuellen Debatten zur Sterbehilfe in Belgien bieten. Für die neuesten und spezifischsten Informationen empfehle ich, die offiziellen Veröffentlichungen der belgischen Regierung und der Nationalen Kommission für die Kontrolle und Evaluierung der Euthanasie zu konsultieren.
- Gesetz betreffend die Patientenrechte am Lebensende (2002) - Dieses Gesetz regelt die Rahmenbedingungen für Sterbehilfe in Belgien.
- Nationale Kommission für die Kontrolle und Evaluierung der Euthanasie - Diese Kommission überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und veröffentlicht regelmäßig Berichte.
- Broschüren und Informationsmaterialien - Viele belgische Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen bieten Broschüren und Informationsmaterialien zu Sterbehilfe an.
Abschließende Information
Sowohl in Belgien als auch in Deutschland gilt dabei: Die Option der Sterbehilfe stellt eine Möglichkeit für den Patienten dar, kein Anspruchsrecht. Für den Arzt hingegen eine Option zu helfen, aber keine Pflicht.
Formular für die Voranmeldung - PDF-Dokument
In diesem Zusammenhang - der Freitod von Marieke Vervoort, eine erfolgreiche belgische Paraolympionikin. Sie wählte im Oktober 2019 den Freitod durch Sterbehilfe, nachdem sie jahrelang mit einer unheilbaren Wirbelsäulenerkrankung kämpfte. Die Dokumentation „Marieke: Addicted to Life“ zeigt ihre letzten Lebensjahre und wie sie ihren Tod selbstbestimmt und würdevoll plante, unterstützt von ihrer Familie und Freunden.
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