"Sterben ohne Gott" - Filmkritik
Der Film "Sterben ohne Gott" ist ein tiefgreifendes und nachdenkliches Werk, das sich mit einem der unausweichlichsten und gleichzeitig meist verdrängten Themen der modernen Gesellschaft auseinandersetzt: dem Tod.
In einer Welt, die sich zunehmend von traditionellen religiösen Werten entfernt und entfernt hat und in der Gott für viele zu einem überholten Konzept geworden ist, nimmt der Film eine klare und ernüchternde Perspektive ein.
Wie gestalten sich Trauer, Verlust und das Ringen mit der Endlichkeit des Lebens in einem Zeitalter, das durch Rationalität, Wissenschaft und Säkularisierung geprägt ist?
Die Filmpremiere fand am 15. März 2025 im UFA-Palast Düsseldorf statt - ich finde aktuell kein Kino in dem der Film geplant ist oder einen Streamingdienst
Unten am Ende des Artikel habe ich den 90 sekündigen Trailer eingefügt / verlinkt
Ich möchte meinen Review zu diesem Film mit einem Zitat beginnen:
» Höher als die Wahrheit steht die Frage, ob und wie es sich mit ihr leben lässt. «
Franz Josef Wetz, Philosoph, in ‚Sterben ohne Gott‘
Zusammenfassung
Der Film folgt mehreren Blick, Sicht- und Denkweisen aus unterschiedlichen Lebensbereichen, die alle mit dem Tod auf konfrontierende oder unerwartete Weise in Berührung kommen. Alle Geschichten sind lose miteinander verwoben und bieten ein breites Spektrum an Perspektiven.
Da ist eine promovierte Biologin, die im Sterbehospiz arbeitet und fest daran glaubt, dass der Tod ein rein biologischer Prozess ist. Ihr nüchtern-wissenschaftlicher Blick auf das Leben und dessen Ende gerät ins Wanken, als sie selbst mit einer schweren Diagnose konfrontiert wird. Gibt es am Ende doch mehr, als das, was wissenschaftlich greifbar ist?
Parallel erfahren wir von einem ehemals gläubigen Priester, der seinen Glauben nach persönlichen Schicksalsschlägen verloren hat. Er arbeitet mittlerweile anonym als Trauerbegleiter und versucht, Menschen zu unterstützen – auch wenn er selbst von der Abwesenheit eines höheren Sinnes oder Trostes geplagt wird. Er trifft auf eine junge Frau, die ihren einzigen Sohn verloren hat. Ihre Welt ist von Angst und Zorn erfüllt, während sie zwischen Spiritualität und Verneinung aller Werte, Normen und Sinngehalte des Lebens hin- und hergerissen ist.
Weitere Szenen portraitieren ältere Menschen in einem Pflegeheim, die mit ihrem vergangenen Leben hadern, sowie eine junge Generation, die in Arroganz und Ignoranz den Tod regelrecht verspottet. Smartphones, Popkultur und schnelle Entwicklungen der Technologie bieten die Illusion von Kontrolle und Unsterblichkeit – was passiert jedoch, wenn diese Utopie ins Wanken gerät?
Eine Rahmen und Halt im Film kommt durch den humanistische Philosoph Franz Josef Wetz, dessen Buch »Tot ohne Gott. Eine neue Kultur des Abschieds« eine wichtige Inspirationsquelle für den Filmemacher war. In der für ihn typischen Gelassenheit bringt Wetz dabei die Ungeheuerlichkeiten auf den Punkt, die wohl die meisten Menschen nicht wirklich wahrhaben wollen: »Gehen wir auf die Friedhöfe, dort lesen wir auf den Grabsteinen: ›Hier ruht in Frieden…‹ Aber dort ruht niemand – und schon gar nicht in Frieden! ›Dort fault in Erde‹, bestenfalls…«
Die Rahmenerzählung des Films wird teils durch intensiven Monologe ergänzt. Mit seiner gewohnt gelassenen, nüchternen Art bringt der Franz Josef Wetzdie unbequemen Wahrheiten auf den Punkt, die sich viele Menschen lieber nicht eingestehen möchten: "Gehen wir auf die Friedhöfe, dort lesen wir auf den Grabsteinen: 'Hier ruht in Frieden…' ... Aber dort ruht niemand – und schon gar nicht in Frieden! 'Dort fault in Erde', bestenfalls…" ... und spricht Gedanken zu Tod, Leben und Religion unverblümt aus. Diese Passagen bieten eine Beobachterperspektive und laden das Publikum ein, sich selbst Gedanken über die Unausweichlichkeit des Sterbens und die Glaubensfrage zu machen.
Themen und zentrale Fragen des Films
"Sterben ohne Gott" ist mehr als ein Film über Abschied und Trauer. Es ist eine philosophische Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen des Lebens:
- Was bleibt von uns, wenn das Leben endet?
- Wie begegnen wir der eigenen Endlichkeit, wenn es keinen Gott gibt, keinen Trost in einem überirdischen Plan?
- Kann Wissenschaft dieselbe emotionale Verbindung schaffen wie Spiritualität, wenn es um den Tod geht?
- Was bedeutet Trauer in einer säkularisierten Welt, in der Rituale und metaphysische Trostsysteme immer mehr an Bedeutung verlieren?
Der Film bietet bewusst keine Antworten - verzichtet bewusst darauf, eine einzige Wahrheit oder eine klare Antwort zu liefern. Stattdessen zeigt er die unterschiedlichsten Facetten moderner Trauer und Sterblichkeit, mal durch philosophische Dialoge, mal durch stille, eindrückliche Szenen, die die Alltäglichkeit und zugleich die Tiefgründigkeit des Themas unterstreichen. Stattdessen wirft er Fragen auf, die den Zuschauer herausfordern, sich mit der eigenen Sterblichkeit und den damit verbundenen Ängsten auseinanderzusetzen – sei es aus einer rationalen, spirituellen oder emotionalen Perspektive.
Eine der eindrücklichsten Szenen ist ein langer, minutenlanger Take, der einen Sterbenden in seinem Bett zeigt, umgeben von den Angehörigen, die hilflos am Rande sitzen. Dieser Moment zeigt die Einsamkeit des Todes, aber auch die tiefe Verbundenheit, die Menschen trotz aller Unsicherheiten empfinden können.
Bewertung und Fazit
"Sterben ohne Gott" ist ein mutiger und zutiefst berührender Film, der sich einer Thematik widmet, die in der modernen Unterhaltung oft nur oberflächlich betrachtet wird. Er löst keine Fragen, sondern stellt sie – auf provokante und reflektierende Weise.
Ich mag die überaus offene, schonungslosen Ehrlichkeit und universalen Relevanz. Die Zuschauer werden unweigerlich in die Lage versetzt, sich deren eigenen Gedanken über Sterblichkeit, Verlust und den Sinn des Lebens zu stellen.
Allerdings könnte genau dieser Ansatz auch etwas polarisieren: Während einige das Werk für seine intellektuelle Tiefe und emotionale Wucht loben, könnten andere die etwas düstere und unsentimentale Machart als schwer zugänglich empfinden.
Deshalb sollte man den Film nicht in herausfordernden Zeiten schauen, sich jemanden zum Reden mitnehmen und Zeit danach einplanen und sich, und sich gegenseitig geben und nehmen.
Ein Film, der schmerzt, tröstet und einen intensiven Dialog über das Leben und dessen Endlichkeit provoziert.
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