Sterbehilfe-Gesetze durchgefallen

Eigentlich wollte ich schreiben das Positive vor weg - aber nach kurzer Überlegung kann man sagen zwei Positive Neuigkeiten. 

Diesmal ein Zitat vorweg, gerne zitiere ich hier und heute den Präsidenten des BVerfGerichts, der in seiner einführenden Erklärung zur Urteilsverkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020, sagte, ...

... Wir mögen seinen Entschluss bedauern, wir dürfen alles versuchen, ihn umzustimmen, wir müssen seine Entscheidung aber in letzter Konsequenz akzeptieren …

Ein guter, ein wahrer, ein ehrlicher Satz der offenbar den meisten Abgeordneten nicht als Leitsatz galt beim Entwurf der Gesetzentwürfe die nun durch fielen - keine Mehrheit bekommen haben.


ERSTES und GRÖSSTES PLUS

Erstens -  Der Bundestag stimmte für mehr Suizidprävention - 688 Abgeordnetenstimmen für einen Antrag zur Suizid-Vorbeugung von zwei Abgeordneten Gruppen verschiedenen Fraktionen.
Der Antrag zur Suizid-Vorbeugung fordert die Bundesregierung auf einen Entwurf und eine Strategie (Klassische Telefonseelsorge, Online Hilfen und Informationen, sozialpsychiatrischer Dienste, bundesweiten Suizidpräventionsdienst, bis hin zur Forschung zu Suizide) für die Suizidprävention vorzulegen, dies soll 2024 geschehen. (Siehe auch meine Artikel zu Suizidprävention)


ZWEITES PLUS

Zweitens - beide Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe fielen durch. 

Keine Mehrheit für die restriktive, strafrechtliche Sterbehilfe-Regelung - die in weiten Teilen dem Grundgesetz und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts widerspricht der Entwurf kam aus der Gruppe um den SPD-Politiker Lars Castellucci und den CDU-Abgeordneten Ansgar Heveling und weiteren Abgeordneten, erhielt gottlob heute, am 6.Juli 2023, keine Mehrheit im Parlament.
In der Abstimmung votierten mit JA 304 Parlamentarier für diesen Entwurf, 363 stimmten dagegen und damit für die Menschlichkeit, Würde und Selbstbestimmung.

Auch keine Mehrheit erhielt der zweite Gesetzentwurf aus der Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne), Dieser Entwurf ließ die Menschlichkeit und Selbstbestimmung erahnen, sah aber auch Hürden für einen selbstbestimmten, würdevollen Freitod vor. Und sah vor, dass Sterbewilligen nach einer Beratung eine Verordnung / Zugang zu einem Medikamente erhalten könnten welches einem sanften, würdevollen Tod erlauben würde.
In der Abstimmung votierten mit JA 287 Parlamentarier für diesen Entwurf mit JA, und es gab 375 Gegenstimmen.
Ein wichtiger Punkt bei diesem Entwurf war es / ist es, dass es ohne Bedrohungsszenario, Strafrechtsverfolgung und Berufsverbot ausgekommen ist - der Strafgesetzbuch-Entwurf von Lars Castellucci, Ansgar Heveling und weiteren Abgeordneten setze, siehe auch die Redebeiträge insbesondere auf Strafe und Drohungen um die Freiheit zu ermöglichen - für mich ein Widerspruch und eine Denken aus Generationen vor uns oder aus religiösen Weltanschauungen.


Mit den verfehlten Mehrheiten bleibt es dabei, dass die Sterbehilfe in Deutschland grundsätzlich erlaubt ist, teilweise aber auch mit rechtliche Unsicherheiten behaftet ist - aber keine die nicht bewältigbar wären. Hilfe finden zum Freitod
Ich hoffe nun auf eine rege geführte gesamtgesellschaftliche Debatte. Da wir als Gesellschaft alle Optionen durchdenken und sich selber und anderen offenhalten und ermöglichen sollten.

Mit Optionen meine ich, einen natürlichen Tod abzuwarten, fürsorglich begleitet im Privaten, Palliativ oder auch Hospizbegleitung, oder aber seinem Eintreten mittels einer Selbstverfügung zur Sterbebegleitung / Sterbehilfe zuvorzukommen. Wenn es um Suizid geht müssen wir für Suizidwillige das sein, alle Hilfen anbieten so dass Freude im Leben, Anerkennung und ein Leben selbstbestimmt und selbst genossen stattfinden kann.
Der Antrag und der Weg ist bereitet für ein umfassendes Gesetz zur Vorbeugung von Suiziden - wie zuvor genannt. Der Bundestag hat dafür mit dem heute angenommenen Entschließungsantrag den Weg und Zeit definiert.
Sei es das obengenannte Suizidpräventionsgesetzes oder eine Rahmenregelung für einen Freitod - ich wünsche mir, als jemand der im medizinischen Bereich gearbeitet hat, und zu viele Brutalsuizide gesehen hat, dass beide Regelungen ein breites gesellschaftliches und fachliches Zusammenarbeiten unter Beteiligung der Bundesärztekammer findet und damit fundierten fachlichen Empfehlungen. 
Und nochmals den Hinweis, eine Äußere Rangordnung oder Bewertung der Optionen zu Leben und Sterben durch andere Personen darf es nach dem Verfassungsgerichtsurteil nicht geben; alle Optionen sind gleichermaßen respektabel und von der rechtlichen Seite als Grundrechte sicher zu stellen. 


Und es bleibt dabei keine Neuauflage eines erneuten § 217 StGB, da dem restriktive, strafrechtliche Sterbehilfe-Regelung, die eine Neuauflage und Verschärfung des verbotenen § 217 StGB bedeutet hätte, der aus der Abgeordneten Gruppe um den SPD-Politiker Lars Castellucci und den CDU-Abgeordneten Ansgar Heveling und weiteren Abgeordneten eine deutliche Absage erteilen wurde - ein Entwurf der jedem mündigen Suizidwilligen verpflichtend zwei psychiatrische Begutachtungen zugemutet hätte - und mehr. In diesem Kontext ein Artikel wieso ein Strafrechtsgesetz vollkommen unnötig ist, wenn man keine hintergründige Motivationen hat.


Die Debatte im Bundestag am 6. Juni 2023

Vor der abschließenden Abstimmung die möglichen Sterbehilfe-Regelung diskutiert der Bundestag kontrovers teilweise abstrakt bis surreal über den Umgang mit der Hilfe bei der Selbsttötung.

Link zur Mediathek 115. Sitzung des Bundestag vom 06.07.2023, TOP 5, ZP 16 Suizidhilfe

Die erste Rede hielt Katrin Helling-Plahr - einen direkt Link habe ich aktuell nicht: ab 3:07-8:50min

Die zweite Rede hielt Lars Castellucci - bei dieser Rede muss man schon tief durchatmen: ab 9:00-15:15min

Überraschenderweise kann man der Rede von Thomas Seitz sogar hier und da etwas abgwinnen, aber in der Summe ist es eine klassische AfD Rede: 14:30-19:40

Wer ganz viel Nerven hat, wer will überlegt woher kommen den solche Gedankengänge bis hin zu surreal kann sich die Reden von Elisabeth Winkelmeier-Becker (SPD), Stephan Pilsinger (CSU), Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90 die Grünen) aber den Tiefpunkt stellt Beatrix von Storch (AfD) da


Nochmals auf unser Bundesverfassungsgericht zurück zu kommen und den Aufruf eine neue Regelung zu finden - bitte lesen Sie hierzu auch meine früheren Artikel.

Ich schau skeptisch in die Zukunft mit den geplante Neuregelung und Hürdenlaufen zu einer Sterbehilfe.

Nochmals - ich denke eine Neuregelung der Sterbebeihilfe oder gar einen aufgewärmten, bereits verbotenen §217 STGB braucht niemand, oder einen anderen gesetzlich Hürdenlauf -  all dies ist nicht zwingend erforderlich wenn ...

  • Wenn das Betäubungsmittelgesetz optimiert wird
  • Ärzt*innen brauchen von Ärztekammer unmissinterpretierbare Regelungen (siehe hierzu auch "Ärztliche Unterstützung bei Sterbehilfe")
  • Exekutive in Deutschland (Staatsanwaltschaft, Polizei und Kriminalpolizei) brauchen ebenso klare Regelungen und Fortbildungen (ich habe bislang nur wenige Beamte erlebt die über die aktuelle Rechtslage seit 2020 aufgeklärt sind - Polizeiliche Ermittlung im Fall eines Freitod)
  • ... alle anderen Fälle decken die bestehenden Gesetze und das bestehende Strafgesetzbuch ausreichend ab, wie auch der aktuelle rechtliche Status Quo und die Freitode in dieser Zeit zeigen Zahlen und Fakten zur Sterbehilfe - Diagnosen und Gründe - Zahlen zur Sterbehilfe in Deutschland 2021.


Abschließend bin ich der Meinung

Eine ethisch und moralische  'richtige' Entscheidung über die Ausführung einer Sterbehilfe kann nur mit genaue Kenntnis der individuellen Sachlage getroffen werden und ganz gleich welche ethischen Grundsätze eine Argumentation stützen und ein Gesetz einen Rahmen setzt, so kann, so notwendig die vorgenannten Argumente und Rahmenbedingen auch sind, eine allgemeine Beurteilung doch niemals den individuellen Ansprüchen der Betroffenen gerecht werden. Sterbehilfe eine ethische Zwickmühle


Die hohe Beteiligung von 690 Abgeordneten, zeigte mir, ...

... oder ich will es nur herauslesen aus dieser bveteilung und, zumal es die letzte Sitzungswoche war, und oft sonst schon viele im Urlaub sind, wie ernst es vielen mit der Stzerbehilfe ist. 

Wobei es der AfD es wohl eher um ernstliches blockartiges blockiern ging.  Und die Unionsabgeordneten votierten nahezu geschlossen für eine Neuauflage des vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrigen Paragraf 217 im Strafgesetzbuch, wonach Suizidhelfer*innen bis zu drei Jahre Gefängnis drohen, mit oft unvermeidbarem Berufsverbot. Ergänzt wurde bzw wird dieser Gesetzentwurf durch Informationseinschränkung und Informationsverbot. 

Der Status quo, dass Sterbehilfe und die Hilfe zu einem Freitod erhalten bleibt. Die Kriterien zur Bestimmung und Dokumentation eines frei verantwortlichen Willens waren ohnehin in keinem der Entwürfe belastbar geregelt, genau das was Ärzten und allen Helfern helfen würde – oder auch Dinge wie für die eintreffenden Polizei Videoaufnahme vom Tatgeschehen zu machen, oder auch die Videodokumentation des Sterbewilligen zum Freitod.

Wie ich in meinem Blog an verschiedenen Stellen und Artiukel zum Ausdruck brachte brauchen Ärzte, Helfer, ermittelnde Beamte oder Staatsanwaltschaften Regeln wie zur Verfahren ist und kein Strafkonzept. Diese Rechtssicherheit wäre stellenweise mit dem liberalen Gesetzentwurf geschaffen worden, initiiert von Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast (Grüne), Helge Lindh (SPD) und Petra Sitte (Linke). 














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Comments

  1. Kommentare können Sie hinterlassen. Ich lese diese, nach Möglichkeit und Bedarf antworte ich. Aber publizieren werde ich keine Kommentare. Danke für Ihr Verständnis.

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