Q&A - Wie arbeiten Sterbehilfevereine?

Vor einem Monat schrieb ich ein Q&A zu Sterbehilfevereinen und -Organisationen. Da ich zwar meist dazu tendiere die Sterbehilfe ohne Vereine mit einem bereits bekannten, vertrauten Arzt zu organisieren und durchzuführen, bekomme ich die Frage wie die Vereine es in der Regel machen.

Ich habe mit Dignitas und DGHS zu tun gehabt, mit anderen Organisationen nur per Email oder Telefon somit, die hier nur folgenden Informationen basierend darauf.

Dignitas und die DGHS (Deutsche Gesellschaft für humanes Sterben) vermittelt beide Freitodbegleitungen- Beide nur an Vereinsmitglieder, das Mitgliedwerden geht bei beiden Vereinen recht rasch und Problemlos.

Vorbereitung

Bei Dignitas läuft das meiste rein per Schriftverkehr (in real oder digital) und der Rest per Telefon oder Videotelefonat.
Bei der DGHS läuft alles formeller was die Formalitäten als auch Zeitspannen angeht.
Bei der DGHS besucht ein Jurist den Sterbewilligen zu Hause. Am Tag vor dem vereinbarten Sterbetag / -termin kommt ein Arzt zum Gespräch. Bei beiden Treffen wird geprüft, ob die / der Sterbewilllige weiß, was sie/er tut, und nicht im Affekt handelt, über Alternativen informiert ist und nicht von Dritten beeinflusst ist. 

Üblicherweise ist eine sechsmonatige Wartezeit bei beiden Vereinen vorgesehen, streng handhaben tut dies eher der DGHS als Dignitas, letztlich wird aber von beiden Vereinen diese mindestens sechsmonatige Wartezeit anvisiert, angestrebt. In dringenden medizinischen Fällen kann die Frist verkürzt werden.
Bei Menschen mit psychischen Erkrankungen oder auch Verdacht auf psychischen Erkrankungen werden Atteste des Facharztes, des Psychotherapeuten und eventuell noch ein psychiatrisches Gutachten angefordert.

Sterbehilfevereine halten in der Regel alle Fristen ein, was angesichts der Gesetze und Rechtsprechung durch BVerfG, BGH, OLG, LG und AG nachvollziehbar ist. In begründeten Fällen, die für alle Beteiligten – sei es die Betroffenen, Sterbewilligen oder die Helfenden – notwendig und tragbar sind, kommen die Vereine jedoch den besonderen Situationen entgegen. Über die Häufigkeit solcher Ausnahmen liegen mir keine genauen Zahlen vor. Allerdings weiß ich aus Fällen und Gesprächen, dass der Verein Sterbehilfe Deutschland in Hamburg am striktesten bei den Zeitfristen bleibt. Auch die DGHS weicht selten davon ab, und Dignitas macht nur in sehr gut begründeten Fällen eine Ausnahme. Mir sind von Dignitas Fälle der Freitodbegleitung bekannt, bei denen in akuten Fällen eine Verkürzung möglich war, jedoch nur, wenn alle Rahmenbedingungen wie Wohlerwogenheit, Freiverantwortlichkeit und Dauerhaftigkeit bekannt und nachweisbar waren.
Sterbewillige sollten oder, ich sage lieber besser müssen, trotz ihres Leidensdrucks auch die rechtlichen, ethisch-moralischen und persönlichen Aspekte und Perspektiven berücksichtigen die die Helfenden haben. Das Verständnis dafür ist immer ein weiterer Schritt der schwer fällt und schwer ist.
Wie das durch das BVerfG sagte Jede und Jeder hat das Grundrecht um Hilfe beim Sterben zu Fragen und Anzunehmen und Jede und Jeder hat das Grundrecht diese Hilfe zum Sterben geben, aber auch auch hat Jede und Jeder das Recht zu sagen, dass man diese Hilfe nicht geben kann. (Siehe letzter Absatz)

Sterbetag

Beim DGHS sind Arzt und Jurist  als Zeugen beim Freitod anwesend. Bei Dignitas in aller Regel Sterbebegleiter*innen.

Die Sterbehilfevereine bringen die Medikamente mit oder diese werden durch die Arzt der das Mittel verordnet gebracht oder zugesandt, dies ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Ist eine orale Einnahme geplant wird der / dem Sterbewilligen ein Mittel gegen Brechreiz und Erbrechen gegeben. Ist ein Sterben durch Infusion geplant, darf jeder Helfer der sich zutraut eine Venenverweilkanüle zu legen dies tun, und ebenso die Infusion vorzubereiten. Dies gehört zu den straffreien helfenden Helfenden Handlungen.

Zu den Kosten date ich die Seite Sterbehilfe - Organisation, Hilfe finden, Kosten regelmäßig ab.


Die Unterlagen die man vorbereiten sollte, ob mit oder ohne einen Verein, die man dem Arzt zu den Vorgesprächen mitbringen und übergeben sollte bzw den Vereinen senden sollte, müssen den ausdrückliche Wunsch, Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu wollen sowie einige weitere persönlich formulierte Details abdecken.

  • Bei einer diagnostizierten schwerwiegende Krankheit sollten diese chronologisch zusammengestellt werden.
  • Die Dokumentationszusammenstellung müssen die Entscheidung untermauern auf einen wohlerwogenen, tiefgreifenden, persönlichen Wunsch aus dem Leben gehen zu wollen - Eine nachvollziehbare Darstellung der Beweggründe.
  • Lebensbericht mit einer ergänzende Willenserklärung, wird in der Regel verlangt aber in jedem Fall positiv bewertet, Unterlagen die die persönliche Argumente nennt und die eigenen Gedanken zum selbstbestimmten Sterben - hier einige Hilfen zur Erstellung


Das Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2020 ein bedeutendes Urteil zur Sterbehilfe in Deutschland gefällt. Dieses Urteil betrifft die Fragen, ob es ein Recht gibt, Hilfe zum Sterben zu erfragen, Hilfe zu gewähren und Hilfe abzulehnen. Hier sind die wesentlichen Punkte des Urteils:

  • Recht Hilfe zum Sterben zu erfragen: Das BVerfG hat festgestellt, dass es ein grundrechtlich geschütztes Recht auf selbstbestimmtes Sterben gibt. Dieses Recht ist Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die durch Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes geschützt sind. Personen haben demnach das Recht, sich selbst das Leben zu nehmen und Hilfe dazu zu suchen.
  • Recht Hilfe zu gewähren: Das Gericht hat auch entschieden, dass der Staat keine weitreichenden Verbote gegen die Beihilfe zum Suizid erlassen darf. Dabei verwies das BVerfG insbesondere auf die Aufhebung des § 217 Strafgesetzbuch (StGB), der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellte. Durch diese Entscheidung wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Ärzte und Sterbehilfevereine unter bestimmten Bedingungen Hilfe zur Selbsttötung leisten können, ohne strafrechtlich verfolgt zu werden.
  • Recht Hilfe abzulehnen: Das Recht, Hilfe zur Selbsttötung abzulehnen, ist ebenfalls durch das Urteil gestärkt worden. Ärzte und andere Helfende sind nicht verpflichtet, bei der Sterbehilfe mitzuwirken, wenn sie dies aus ethischen oder moralischen Gründen ablehnen. Das Urteil betont die Freiwilligkeit und die Notwendigkeit der Wohlerwogenheit und Freiverantwortlichkeit bei der Entscheidung zur Sterbehilfe.

Zusammengefasst erkennt das Bundesverfassungsgericht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben an, das sowohl das Recht beinhaltet, Hilfe zur Selbsttötung zu suchen, als auch das Recht, solche Hilfe zu gewähren oder abzulehnen. Die Ausübung dieser Rechte muss jedoch unter strikten ethischen, rechtlichen und medizinischen Rahmenbedingungen erfolgen, um Missbrauch zu verhindern und den Schutz der Schwächeren sicherzustellen.


Artikel in diesem Kontext:

Über den Wunsch zu Sterben - Über Freitod und Suizidgedanken reden

Information zu Pentobarbital ( Nembutal (Natrium Pentobarbital) und anderen Barbituraten

Medikament für einen Freitod

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5 Jahren im Einklang mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - Sterbehilfe in Deutschland



Weitere Zeichnungen, Bilder von mir auf  https://www.instagram.com/holgermaassen/




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