„22 Bahnen“: Ein kraftvoller Roman, von Caroline Wahl, über Sucht, Verantwortung und die Stärke der Geschwisterliebe

„22 Bahnen“ ist das erste literarische Werk von Caroline Wahl und stellt sich als eindrucksvolle Erzählung dar, die mich sowohl emotional berührt als auch zum Nachdenken anregt. Als jemand, der sich für mentale Gesundheit auf verschiedenen Ebenen engagiert, habe ich in diesem Roman eine erschütternde und authentische Darstellung von Sucht, Verantwortung und inniger Geschwisterliebe entdeckt.

Die Geschichte folgt Tilda und ihrer kleinen Schwester Ida, die in einem Umfeld aufwachsen, das stark von der Alkoholsucht ihrer Mutter geprägt ist. Tilda, eine engagierte Studentin, übernimmt immer mehr die Rolle der mütterlichen Figur, um Ida vor den emotionalen und physischen Gefahren zu schützen, die das Leben mit einer alkoholkranken Mutter mit sich bringt.

Caroline Wahls feine Beobachtungsgabe mag ich besonders, diese zeigt sich in den alltäglichen Herausforderungen, die Tilda bewältigen muss, um das emotionale Gleichgewicht in ihrer Familie zu wahren. Ihre Schilderungen sind eindringlich und darauf bedacht, die innere Zerrissenheit von Tilda greifbar zu machen, die zwischen dem Wunsch nach einem eigenen Leben und der Verpflichtung gegenüber ihrer Schwester und ihrer Mutter hin- und hergerissen ist. Die Art und Weise, wie sie zählt, wie viele Flaschen ihre Mutter täglich konsumiert, ist nicht nur eine erschreckende Metapher für die Zyklen der Sucht, sondern auch ein Symbol für die gefühlte Ohnmacht, die viele in ähnlichen Situationen empfinden.

Die Beziehung zwischen Tilda und Ida ist ein zentrales Element der Geschichte. Die unerschütterliche Liebe und die Verantwortung, die Tilda für ihre kleine Schwester trägt, wird von Caroline Wahl mit wunderschöner Empathie und Sensibilität dargestellt.
Es ist diese Fürsorge, die dem Leser Hoffnung gibt, auch wenn die Umstände düster erscheinen. Hier wird die Bedeutung von Unterstützung und Zusammenhalt innerhalb von familiären Beziehungen klar; eine Botschaft, die für das Verständnis mentaler Gesundheit von großer Bedeutung ist.

Besonders mochte ich wie ...
Caroline Wahl meistert es, in „22 Bahnen“ die Balance zwischen der Schwere der Thematik und Momenten der Leichtigkeit zu finden.
Besonders eindrucksvoll sind die Episoden, in denen Tilda im Freibad schwimmt – 22 Bahnen, die nicht nur eine ritualisierte Flucht darstellen, sondern auch einen Ort der Reflexion und der inneren Stärke.
Hier wird die Hoffnung auf ein besseres Leben greifbar – und diese kleinen Lichtblicke sind es, die den Leser mit Tilda mitfiebern lassen.

Die Liebesgeschichte zwischen Tilda und Viktor verleiht der Erzählung eine zusätzliche Dimension. Inmitten der Herausforderungen, die der Alltag mit sich bringt, zeigt sich, dass auch zwischen emotionalen Trümmern Raum für Liebe und Zuneigung existieren kann. Diese Romanze bleibt dabei realistisch und vermeidet es, in den Kitsch abzudriften. Sie verdeutlicht, dass Selbstliebe und die Aussicht auf ein besseres Leben auch in Zeiten der Verzweiflung möglich sind.

„22 Bahnen“ gehört definitiv zu den besten deutschen Büchern der vergangenen Jahre die ich gelesen oder gehört habe, ich kaufe mittlerweile mehr Hörbücher als Bücher selbst. 

Besonders aufregend ist, dass Caroline Wahl in ihrem neuen Buch „Windstärke 17“ die Figur der Ida wieder aufgreift. Als Leser bin ich gespannt, wie sich Idas Geschichte weiterentwickeln wird und welche neuen Herausforderungen und Erfahrungen sie auf ihrem Weg meistern muss. Der Kauf dieses Buches ist bereits für mich fest eingeplant, und ich freue mich darauf, die Entwicklung der Schwestern und ihre Reise zu erleben.

Anfang September 2025 kommt das Buch als Verfilmung in die Kinos - ob der Film es schafft die Tiefe und Qualität des Buches zu erreichen darauf bin ich in jeden Fall gespannt und bin erwartungsvoll.

Schlussgedanke:
 „22 Bahnen“ ist, in meinen Augen, wesentlich wesentlich mehr als nur ein Coming-of-Age-Roman. Es ist ein Buch, das berührt, ermutigt und zum Nachdenken anregt.
Es wirft wichtige Fragen über Verantwortung, bedingungslose Liebe und die Suche nach einem Platz im Leben auf.
Für alle, die sich mit den Themen Sucht, Familie und die Komplexität der menschlichen Psyche auseinandersetzen möchten, ist dieser Roman eine wertvolle und empfehlenswerte Lektüre.
Ich kann es kaum erwarten, auch Idas Geschichte in „Windstärke 17“ zu verfolgen und dabei zu sehen, wie die Autorin die Thematik weiter vertieft.

Ich wünsche Caroline Wahl viel viel Erfolg und für mich noch viel mehr von ihr zu lesen.





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