Ein neuer Anlauf für ein Gesetz – und die unbequemen Fragen, die bleiben

Drei Monate nach meinen Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten zur Neuregelung der Sterbehilfe bewegt sich die politische Landschaft erneut ein wenig.

Am 5. November 2025 sprach Lukas Benner von Bündnis 90/Die Grünen bei einer Veranstaltung der Deutschen Krebsgesellschaft über einen neuen Gesetzesvorstoß.
Benner betonte, dass die aktuelle Rechtslage zwar existiert – dass die Beihilfe zum frei verantworteten Sterben rechtlich möglich ist – sie sei dennoch nicht richtig, seiner Auffassung nach.
Sein Ziel ist ein Gesetz, das Selbstbestimmung am Lebensende schützt, gleichzeitig aber Menschen vor übereilten Entscheidungen bewahrt.
Innerhalb einer parlamentarischen Arbeitsgruppe laufen derzeit vertrauliche Gespräche über einen neuen Entwurf, der überparteilich mehrheitsfähig sein soll.
Da ist Herr Benner mit mir ein weiten einer Meinung, bzw. ich mit ihm. Ziel muss ein Schutzkonzept, das Menschen vor nicht freiverantwortlichen Sterben, einem Suiziden bewahrt, zugleich aber das vom Bundesverfassungsgericht 2020 bekräftigte Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende einem Freitod absichert. Wo ich mit ihm uneins bin ist, dass es keinen Graubereich gibt, da die strafrechtliche Seite unstrittig ist. Ich bin mit Herrn Benner wiederum einer Ansicht und Meinung, dass das Strafrecht jedoch der gänzlich falsche Ort ist, diese Autonomie zu gewährleisten.
Anmerkung in diesem Kontext - Der Bundestag beschloss 2023, siehe den Artikel dazu aus 2023, bessere und mehr Suizidprävention - 688 Abgeordnetenstimmen waren damals für einen Antrag zur Suizid-Vorbeugung aber viel ist nicht geschehen in diesen über zwei Jahren.
Der Antrag zur Suizid-Vorbeugung forderte die Bundesregierung auf einen Entwurf und eine Strategie (Klassische Telefonseelsorge, Online Hilfen und Informationen, sozialpsychiatrischer Dienste, bundesweiten Suizidpräventionsdienst, bis hin zur Forschung zu Suizide) für die Suizidprävention vorzulegen, dies sollte 2024 geschehen. 



Zwischen Selbstbestimmung und Vorsicht

Die Diskussion bei der Krebsgesellschaft zeigte erneut -was ich über meine Arbeit aufzuzeigen und Menschen zu helfen - Die Frage nach Sterbehilfe ist nicht nur juristisch, sondern zutiefst ethisch für jeden direkt und indirekt beteiligten und die Gesellschaft als Ganzes.

Prof. Dr. Tanja Henking betonte, dass es bereits einen rechtlichen Rahmen gibt. „Lieber keine Regelung als eine schlechte“, sagte sie. Sie warnte davor, das Strafrecht erneut als Instrument für Sterbehilfe zu bemühen.

Dr. Ulrich Wedding, Palliativmediziner, machte deutlich, dass Sterbewünsche oft ambivalent sind und in vielfältigen Leidenssituationen und Lebenssituationen entstehen - diese Ambivalenz ist bedeutend, darf aber nicht als Argument des Verdrängen und 'nicht-darüber-reden-wollen' genutzt werden - sondern als das zu nehmen was sie ist. Ärztinnen und Ärzte sollen leiden lindern, Leben nicht verkürzen – gleichzeitig aber offen für Gespräche über Sterbewünsche sein.

André-Sebastian Zank vom Hospiz- und Palliativverband erklärte: Hospize sollen Menschen ermutigen zu leben, doch die Realität ist, dass Menschen wissen möchten, an wen sie sich wenden können, wenn sie selbstbestimmt über ihr Lebensende entscheiden wollen.


Politische und gesellschaftliche Spannungen

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2020 ist das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe aufgehoben (§ 217 StGB). Der Bundestag ist seitdem mehr oder minder gefordert, eine tragfähige gesetzliche Regelung zu schaffen - auch da war das Bundesverfassungsgericht eindeutig. Mehrere Gesetzesentwürfe – auch der Entwurf von 2023  die Gesetzesinitiativen durch Katrin Helling-Plahr und Renate Künast, welche Lukas Benner unterstützt – scheiterten bisher an fehlenden Mehrheiten, nicht nur weil er Mängel hatte.

Der 129. Deutsche Ärztetag 2024 forderte eine neue Gesetzgebung, warnte jedoch davor, assistierten Sterbehilfe gesellschaftlich zu etwas Normalen zu machen, das ist von den meisten auch nicht Absicht oder Ziel, aber es zu normalisieren und es als möglichen letzten Schritt anzunehmen und zu akzeptieren. . Dieses Spannungsfeld prägt auch die aktuelle Debatte: Wie viel Freiheit darf sein, wie viel Schutz muss bleiben?


Ausblick

Ob der neue Gesetzesentwurf die Balance zwischen Selbstbestimmung, Schutz vulnerabler Menschen und gesellschaftlicher Verantwortung findet, bleibt offen.
Klar ist nur: Die Diskussion geht weiter, und sie muss weitergehen.
Denn das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist kein abstraktes Gesetzesthema – es ist Leben in seiner tiefsten, verletzlichsten Form.


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