Sterbehilfe in Deutschland - Aspekt der Freiverantwortlichkeit
Assistiertes Sterben / Sterbehilfe ist erlaubt
... allerdings nur, wenn die Entscheidung dazu wirklich freiverantwortlich und eigenverantwortlich getroffen wurde.
Was bedeutet Freiverantwortlichkeit?
Damit eine Person eine wirklich freie Entscheidung zum assistierten Sterben trifft, müssen vier Bedingungen erfüllt sein:
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Gute Informiertheit
Die Person kennt alle wichtigen Fakten und alle vorhandenen Hilfsangebote und Alternativen. -
Keine äußere Beeinflussung
Kein Druck durch Angehörige, Gesellschaft oder andere Personen. -
Dauerhafter, gefestigter Sterbewunsch
Keine spontane Entscheidung in einer vorübergehenden Notlag Klarer, nicht krankheitsbedingt beeinflusster Wille
Keine akute psychische Störung oder Krise, die das Denken verzerrt.
Wichtig:
Auch Menschen mit psychischen Erkrankungen können freiverantwortlich entscheiden – aber hier muss besonders sorgfältig geprüft werden ( Mehr Infos zu (Gutachten und Stellungnahmen) und ein weitere Artikel in diesem Kontext, Suizid - Sterbehilfe und psychische Erkrankungen ).
Was genau „Freiverantwortlichkeit“ bedeutet, ist nicht vollständig geregelt - da fordere ich schon lange verbesserte Leitlinien - Fachleute aus Medizin, Recht und Ethik diskutieren deshalb, wie diese Freiverantwortlichkeit überprüft werden soll schon überaus lange.
Aktuell findet die Prüfung so statt wie sie auch bislang durchgeführt wurde, zumal auch schon bei einer Patientenverfügung die Freiverantwortlichkeit gegeben sein muss - somit sind solche klaren Leitlinien schon überaus lange verbesserungswürdig und nötig.
Verschiedene Gruppen von Menschen mit Sterbewunsch
Die Forschung zeigt vier Gruppen, die jeweils unterschiedliche Anforderungen und Unterstützung brauchen:
1. Unheilbar sterbenskranke Menschen
Bei ihnen ist der Sterbewunsch oft nachvollziehbar stabil. Trotzdem müssen mögliche Depressionen oder Ängste ausgeschlossen werden *1.
2. Menschen mit schweren, therapieresistenten Leiden
Zum Beispiel chronische Schmerzen oder schwere psychische Erkrankungen *1. Hier muss sicher sein, dass Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind, oder aber zu mindestens bekannt und erwogen worden - Alternativen müssen abgewogen worden sein und für sich keine Alternative darstellen.
3. Menschen ohne schwere körperliche Erkrankung
Beispielsweise in Lebenskrisen, nach Verlusten oder bei psychischen Belastungen *1. Hier wird häufig eine Wartefrist von sechs Monaten empfohlen, um zu prüfen, ob der Wunsch anhaltend ist.
4. Spontanhandlungen
Menschen, die impulsiv handeln, ohne vorher Unterstützung zu suchen. Hier geht es nicht um assistiertes Sterben – sie profitieren vor allem von guter Prävention, Begleitung und Behandlung.
*1 = Um mögliche Depressionen oder Ängste auszuschließen, braucht es ein Gutachten, oder zu mindestens eine Stellungnahme, eine Stellungnahme is aber in aller Regel nicht ausreicht.
Wie wird Freiverantwortlichkeit überprüft?
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Es muss nachvollziehbar sein, dass der Sterbewunsch wirklich frei und tragfähig ist.
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Eine psychiatrische oder psychotherapeutische Beurteilung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Warum diese Prüfungen wichtig sind
Ein assistierter Sterbeprozess ist unumkehrbar. Der Staat ist verpflichtet, Menschen zu schützen – besonders in Situationen, in denen Entscheidungen durch Krisen, Beeinflussung oder behandelbare Erkrankungen entstehen könnten.
Und es gibt noch offenes Thema
Das Gericht erlaubt assistierte Sterbehilfe auch für Minderjährige, hat aber keine Altersgrenze festgelegt.
Viele Fachleute fordern: Grundsätzlich nur für Volljährige, mit seltenen Ausnahmen in besonderen Fällen - was ich ebenso sehe.
Fazit
Assistiertes Sterben ist, muss und sollte möglich sein – aber nur unter klaren Schutzbedingungen, die sicherstellen, dass Entscheidungen wirklich frei, informiert und wohlerwogen getroffen werden.
Gleichzeitig zeigt die aktuelle Lage, dass Deutschland trotz bestehender Angebote noch weit von einem gut vernetzten, flächendeckenden Schutzsystem entfernt ist - für die Suizidprävention. Viele Initiativen leisten wertvolle Arbeit, doch es braucht deutlich mehr: mehr Kooperation, bessere Strukturen und vor allem eine stärkere, moderne Suizidprävention.
Gleichzeitig gibt es vielfältige Angebote der ambulanten und stationären Palliativmedizin und Versorgung und Hospizversorgung. Diese Einrichtungen unterstützen Menschen am Lebensende dabei, Schmerzen zu lindern, Ängste zu reduzieren und Lebensqualität zu erhalten – oft auch dann, wenn Situationen zunächst ausweglos erscheinen.
Für Menschen mit einem gefestigten Sterbewunsch bleibt entscheidend, dass Freiverantwortlichkeit, Dauerhaftigkeit und eine persönliche Abwägung aller Alternativen sorgfältig nachvollziehbar sind.
Für diese Menschen braucht es einen hürdenfreien, transparenten und respektvollen Weg, der ihren Entscheidungen gerecht wird – nicht zwingend neue Gesetze, aber klare Leitlinien.
Leitlinien, die Menschen Orientierung geben, die ihren Weg gehen möchten, und ebenso Leitlinien, die denjenigen Sicherheit geben, die unterstützen: allen voran den Ärztinnen und Ärzten.
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