Neuregelung der Sterbehilfe wird von verschiedenen Arbeitsgruppe erneut angegangen

Das Thema Sterbehilfe ist eines der kontroversesten und sensibelsten in einer Gesellschaft, der modernen Gesellschaft.
Es stellt Fragen nach individueller Autonomie, ethischen Prinzipien und staatlicher Verpflichtungen und, wenn nötig, Regulierung(en).
In Deutschland, wie in vielen anderen Ländern, flammt die Diskussion um die Sterbehilfe immer wieder auf.
Nach dem Scheitern von Gesetzesentwürfen zur Sterbehilfe vor zwei Jahren, gibt es nun neue Bemühungen, eine Neuregelung zu finden.
Urteile zeigten neben vielen Aspekten zwei Dinge sehr deutlich - Eine Neuauflage eines § 217 StGB ist  Nicht Notwendig - und auch Nicht Zielführend - Die Urteile zeigen die Gesetze die es aktuell gibt reichen aus - ABER es braucht Regelungen für alle Helfenden, die Ärzte*innen, psychisch Unterstützenden aber auch für die Betroffenen und deren Familien für diese wichtigste Entscheidung für einen alternativen Weg oder den ultimativen Weg und Entscheidung, um selbstbestimmtes würdiges Sterben für alle zu ermöglichen, die diesen Wunsch wohlerwogen und dauerhaft hegen.


Arbeitsgruppe zur Neuregelung der Sterbehilfe in Deutschland

Zwei Jahre nach dem Scheitern am 6. Juli 2023 der letzten Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe im Bundestag formiert sich nun eine neue (re)aktivierte Arbeitsgruppe um den SPD-Abgeordneten Lars Castellucci, um das Thema erneut aufzugreifen. Castellucci spricht davon, dass eine zügige Neuregelung in dieser Legislatur möglich sei. Im Jahr 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz gekippt, das geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten hatte, von 2015 bis 2020, ein Recht welches seit 1872 in Deutschland bestand / besteht. Die Richter des Bundesverfassungsgericht formulierten ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben. (Wichtig an dieser Stelle: Recht auf Sterbehilfe nicht Anspruch auf Sterbehilfe)

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, begrüßt den neuen Anlauf der Abgeordneten. „Ich finde es grundsätzlich positiv und sinnvoll, dass sich der Bundestag um eine Regelung in der Suizidbeihilfe bemüht“, sagte er. Die Haltung von Helmut Frister, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats, zu Sterbehilfe und assistiertem Sterben ist grundsätzlich positiv, soweit ich es seinen Aussagen entnehmen kann. Er unterstützt eine klare und ausgewogene Regelung zur Sterbebeihilfe und sieht die Notwendigkeit, dass der Gesetzgeber einen neuen und differenzierten Ansatz wählt, der den vom Bundesverfassungsgericht gekippten Paragrafen NICHT nachfolgt. Fristers Haltung spiegelt eine Anerkennung dessen wider, dass nicht jeder geschäftsmäßige Sterbehilfe unethisch sei, und er begrüßt insbesondere den Verzicht auf die Bestrafung der geschäftsmäßigen Sterbehilfe, da dies die Chancen für eine erfolgreiche gesetzliche Regelung erhöht. Damit tritt er für eine respektvolle und sorgfältig abgewogene gesetzliche Regelung ein, die die Selbstbestimmung von Menschen würdigt und gleichzeitig Schutzmechanismen gegen den Missbrauch bietet.

Soweit ich in Erfahrung bringen konnte wird der alte Vorschlag von Lars Castellucci und seinen Mitstreitern, geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe zu stellen, diesmal nicht wieder aufgegriffen. Ob Lars Castellucci und seinen Arbeitsgruppenkolleg*innen wieder ein Einschränkung oder Verbot der Informationsfreiheit planen ist für mich nicht erkennbar.
Ich hatte mehrfach Aufeinandertreffen, Gesprächstermine mit ihm und Veranstaltungen, - kritische Fragen oder gar Richtigstellungen, da er gerne von Hörensagen Daten nennt, kann Herr Castellucci nicht vertragen. In den vielen Treffen mit ihm habe ich immer eine Frage gestellt, die immer mit einem 'Nein' oder 'Das muss ich nicht.', "Dazu habe ich nicht die Zeit:" beantwortet wurde, ob er sich schon mit Sterbehilfevereinen getroffen und besprochen hätte, ob er sich mit Freitodwilligen unterhalten hätte. Er ist bei mir am Ort Lokalpolitiker und beim nächsten Infostand der SPD werde ich ihn wieder aufsuchen - weil mir geht es um die Sache und um Menschen.


Weitere Arbeitsgruppen und ihre Ansätze

Neben der Arbeitsgruppe um Lars Castellucci gibt es zwei weitere Arbeitsgruppen, die sich mit der Neuregelung der Sterbehilfe befassen. Eine davon wird von Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) geleitet. Diese Gruppe setzt sich vorrangig für das „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ ein und möchte sicherstellen, dass Menschen in Würde und selbstbestimmt aus dem Leben scheiden können, wenn sie dies wünschen.

Eine dritte Arbeitsgruppe wird von Dr. Armin Grau geleitet. Diese Gruppe verfolgt einen anderen Ansatz und möchte sichergehen, dass die neuen Gesetze nicht nur das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfassen, sondern auch Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Personen enthalten. Es geht darum, sicherzustellen, dass niemand unter Druck gesetzt wird, von diesem Recht Gebrauch zu machen.


Unterschiedliche Auffassungen in der EU

Die Frage nach dem Recht auf Sterben spaltet die EU. Jedes Land hat seine eigene Auffassung und seinen eigenen rechtlichen Rahmen. In vier EU-Mitgliedstaaten – den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Spanien – ist die aktive Sterbehilfe legal.
Das entsprechende portugiesische Gesetz wird zur Zeit vom portugiesischen Verfassungsgericht überprüft. 
Frankreich hat kürzlich einen Schritt in Richtung Legalisierung der Euthanasie gemacht. Die Nationalversammlung nahm einen Text an, der das Recht auf Sterbehilfe erlaubt. Die Legalisierung der Sterbehilfe in Frankreich wäre ein bedeutender Fortschritt, ähnlich der Entkriminalisierung von Abtreibungen und der Abschaffung der Todesstrafe. Obwohl sich der Senat noch querstellen könnte, zeigt das Votum der Nationalversammlung, dass das Thema in den Fokus gerückt ist. Die Debatte erinnert an ideologische Konfrontationen rund um das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und ist ein Grund zur Hoffnung für Befürworter eines würdevollen Todes.

Jacqueline Herremans, Rechtsanwältin und Vorsitzende der Vereinigung für das Recht, in Würde zu sterben, in Belgien (ADMD), erklärt, dass die Gesetze in diesen Ländern auf ähnlichen Grundsätzen beruhen. 'Ein Patient muss mündig sein, an einer schweren oder unheilbaren medizinischen Krankheit leiden und wiederholt freiwillig und ohne äußeren Druck um Sterbehilfe bitten.' Diese Beschränkung hat unser Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 nicht gesetzt. (Siehe auch: Sterbehilfe - Was ist erlaubt?)


Schlussgedanke

Die Diskussion um die Sterbehilfe zeigt, dass es möglich und notwendig ist, selbstbestimmtes würdiges Sterben für jede Person zu ermöglichen, die diesen Wunsch wohlerwogen, wohlabgewogen, selbstverantwortlich und dauerhaft hegt.
Es ist an der Zeit, dass es klare und ausgewogene Regelung schafft, die die Entscheidung von Menschen respektiert, die ihr Leben selbstbestimmt beenden wollen, ohne dabei Druck auf verletzliche Menschen auszuüben.
Die verschiedenen Arbeitsgruppen unterstreichen die Bedeutung dieses Themas und zeigen, dass es unterschiedliche Ansätze gibt, um eine gerechte und humane Lösung zu finden.

Die Gerichtsfälle in Essen und Berlin, zeigten, so bedauerlich die Fälle waren, bei den die Ärzte Mitleid zeigten und damit Grenzen erreichten, dass eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe nicht fehlt. Gesetzliche Graubereiche sind nicht vorhanden - aber was fehlt, sind Regelungen durch Ärztekammer, Optimierung zum Betäubungsmittelgesetz und weitere Maßnahmen.

Den Handlungsbedarf den ich sehe habe in den letzten Jahren häufig erläutert, dass ein wohlerwogener Freitod möglich ist. Das unsere Gesetze eine recht gute, wenn ich nahezu vollkommene gute rechtliche Basis bilden, wenn ...

  1. das Betäubungsmittelgesetz optimiert wird,
  2. zivilrechtliche Grundlage für Ärzt*innen geschaffen werden und von Ärztekammer un­miss­ver­ständ­lich Regelungen (siehe hierzu auch "Ärztliche Unterstützung bei Sterbehilfe"). Ich denke zum Beispiel an eine Ergänzung in der ärztlichen (Muster-)Berufsordnung wie, dass Sterbehilfe durch Ärzt*innen grundsätzlich zulässig ist, wenn die Entscheidung zu einem Freitod tatsächlich dem freien und wohlerwogenen Willen des Betroffenen entspricht. Sowie, dass die ärztliche Sterbehilfe, nach einer wohlabgewogener Gewissensentscheidung des Arztes / der Ärztin, eine freiverantwortliche ärztliche Entscheidung ist.
  3. Exekutive in Deutschland (Staatsanwaltschaft, Polizei und Kriminalpolizei) ebenso klare Regelungen und Fortbildungen erhalten (ich habe bislang nur wenige Beamte erlebt die über die aktuelle Rechtslage seit 2020 aufgeklärt sind - Polizeiliche Ermittlung im Fall eines Freitod
  4. Notwendig ist auch eine gute Schulung und Fortbildung für Rettungsdienste, Rettungskräfte, wie auch Pflegekräfte. Neben der allgemeinen Information was aktuell bei der Sterbehilfe erlaubt ist es notwendig zu informieren was bezüglich der Therapiebegrenzung erlaubt bzw. sogar geboten ist, wenn die Voraussetzungen für einen ärztlichen Heileingriff nicht mehr vorliegen (aktiv-direkte vs indirekter, passiver und assistierter Sterbehilfe). Für die leidmindernde Schmerztherapie dürfen Risiken im Licht des Lebensschutzes eingegangen werden; jedoch bedarf es auch hier einer Legitimation durch (mutmaßliche) Einwilligung. Herausforderungen bestehen bei der Ermittlung und Umsetzung des (mutmaßlichen) Patientenwillens in (suizidalen versus Freitod und freiverantwortlichen) Notfallsituationen. (Da ich im Raum Karlsruhe / Heidelberg selbst im Rettungsdienst tätig bin biete ich zur Sterbehilfe allen Kolleg*innen Vortrag und Diskussionen an)
  5.  ... alle anderen Fälle decken die bestehenden Gesetze und das bestehende Strafgesetzbuch ausreichend ab, wie auch der aktuelle rechtliche Status Quo und die Freitode in dieser Zeit zeigen Zahlen und Fakten zur Sterbehilfe - Diagnosen und Gründe - Zahlen zur Sterbehilfe in Deutschland 2021 - 2024 aufzeigen. 

Abschließend ist es mir wichtig zu betonen, dass jeder Mensch das Recht auf Selbstbestimmung über sein Leben, seine Krankheit und sein Lebensende hat.
Dies schließt das Recht ein, auch beim Sterben selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, solange dies in Übereinstimmung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen geschieht.






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