Aufzeichnung aus der Religionsmagazin-Reihe des Deutschlandfunk "Tag für Tag" zur Freitod-Begleitung

Aufzeichnung des Deutschlandfunk unter dem Titel ...
Assistierter Suizid: Wie gehen kirchliche Institutionen mit Sterbewilligen um?
Hollenbach, Michael | 14. Oktober 2024, 09:37 Uhr
... entstand in der Religionsmagazin-Reihe des Deutschlandfunk "Tag für Tag".

Assistierter Suizid: Wie gehen kirchliche Institutionen mit Sterbewilligen um? (deutschlandfunk.de)


Die Quintessenz dieser 10 minütigen Aufzeichung:

Die beiden großen christlichen Kirchen halten den Schutz des lebens hoch - die katholische Kirche lehnt eine Hilfe zu einem selbstbestimmten würdigen Sterben ab und  die evangelische Kirche sieht etwas mehr Spielraum.

Teilnehmer:

Michael Hollenbach - Journalist,
Dr. h.c. Annette Kurschus - Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, Pastorin und Seelsorgerin
Nils Christiansen - Diakonisches Werk Hamburg, Pastor 
Eva Maria Welskop-Deffaa - Caritas, Präsidentin Caritas


Meine Kritik beginnt gleich bei den einleitenden Worten

Ein Intro und eine Wortwahl von allen Parteien die die Haltung widerspiegelt und in meiner Wahrnehmung in die Indoktrination geht - einer gezielten, massiven und einseitigen Beeinflussung der Zuhörer. 

Gleich am Anfang sagt die Sprecherin im Intro 0:15- 0:25: "2020 hat das bundesverfassungsgreicht, dass verbot für geschäftsmässige beihilfe gekippt, das bedeutet das gesetz zur sterbehilfe muss nun geregt werden"  Das dies nicht so ist läßt sich innerhalb weniger Minuten herausfinden, leider fand dies offenbar durch den Deutschlandfunk nicht statt. (siehe auch Schlussgedanke / Anmerkung unten)

Eine Kommerzialisierung ist eher durch Fantasie als durch die Realität getragen . wie auch die 'Normalisierung der Sterbehilfe' die nun mal von christlicher Seite auch wieder und wieder in einen nicht mit Fakten begründbaren Kontext bzw. Sorge für die Zukunft gestellt wird.


Meine Betrachtung zu der Aufzeichnung:

Herr Hollenbach und Kirchenvertreter sprechen so O-Ton über ein hochkomplexes Ausloten - und hier hake ich gleich ein - wer ein hoch komplexes Ausloten sucht und haben will - sieht bei dieser Höhe nicht mehr den Menschen. Für mich geht es um Menschlichkeit und da muss man jeden Menschen individuell sehen, sehen wollen. Und dieses Sehen-Wollen scheint selbst christlichen Vertretern abhanden gekommen zu sein. Es wird die christliche Brille und die Schutzwand hochgefahren, und mit Hausverboten abgeschirmt von unliebsamen Selbstwahrnehmungen.
Und hört man in den Aussagen, insbesondere des katholischen Vertreters, ist der Sprecher der katholischen Seite so abgehoben und fern von der Realität und Menschlichkeit wie ich es auch nur wahrnehmen kann.

Annette Kurschus (Dr. h.c. Annette Kurschus, frühere Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, zukünftig in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel als Pastorin und Seelsorgerin tätig sein.Vorsitzende der Ethik-Kommission Bethel) betont einige gute Aspekte.

Auch Nils Christiansen, Pastor bei dem Evangelisch Diakonischen Werk Hamburg, macht ebenso in dieser Sendungsaufzeichung eine ganze Reihe guter Aussagen - aber auch ebenso Aussagen , die mir zynisch und missachtend vorkommen. Pastor Christiansen empfiehlt - Ergebnisoffene Gespräche mit den Menschen zu haben, dies ist einer der guten Aussagen, die jeder nur unterstützen kann - etwas was jeder und ich tue wenn es um das Verständnis für Freitod geht und dabei heraus zu hören ob es um einen Freitod geht oder um Suizidgedanken.

Nils Christiansen sagte so richtig und nachvollziehbar (2:30 - 3:00)
"... aber wenn es eine konsistente, auf Dauer gestellte, auch begleitete und abgewogene selbstverantwortliche Entscheidung ist und bleibt, dann ist es aus christlicher Sicht ein Unding einen Menschen zu etwas zu überreden, dass er oder sie aus sich selbst heraus nicht mehr herstellen kann zum Beispiel dem Zugang zum Sinn und Bedeutung des Leben oder Schönheit des Lebens. ..." 

Völlig fern der Realität sind Nils Christiansens Worte und Gedanken zur Sterbehilfe selbst - Er bezeichnet eine 'assistierte Selbsttötung' so seine Wortwahl, bezeichnet er als Gewaltakt - er wiederholt das Wort 'Gewaltakt' wieder und wieder - viermal innerhalb von 15 Sekunden. um seine Gewaltphantasie eines würdigen Sterben Anderen zu versinnbildlichen und Anderen in den Kopf zu setzen.

Erschreckt haben mich die Sätze von Nils Christiansen ab der Minute 9:13 - mit zynischer Betonung, mit einem Kichern und Lachen untermalt - sind die Worte:
"... was ich am stärksten kritisiere ist das Mitarbeitende locker-flockig, in zum Teil in Freizeitkleidung auftreten zum Suizidbeihilfe-Durchführungstermin und in Haltung, Kleidung, Worten und Tat und Ausstrahlung vermitteln, dass das ein völlig selbstverständlicher easy-going Vorgang sei und doch mit <kicher-kicher> verlaubt - eine geile Sache sei für die Hauptperson so aus dem leben zu kommen ..."

Nils Christiansen spricht davon, dass er persönliche Erfahrungen mit Sterbehilfebegleitung gemacht hat - ich kann es kaum glauben - da ich dieses Verhalten und Auftreten weder erlebt, noch bislang von irgendwo auch nur vernommen habe.

Frau Kurschus bleibt dabei wesentlicher sachlicher und realer, in Worten und Gedanken. Frau Kurschus betont das was ich auch schon Mitte diese Jahres berichtet haben - Die Evangelische von-Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel wollen assistierten Sterbehilfe dulden

Einen vollkommen andere Sichtweise und Haltung hat die katholische Caritas - deren Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa - Sie weist bereits in deren ersten Worten auf ein Hausverbot hin - welches selbstredend wider geltenden Recht wäre - aber dies ist der katholischen Einrichtung ganz offensichtlich egal und stellt sich damit über deutsches Recht und stellt deren Glaubensrecht über das Grundgesetz, so mein Verständnis und Interpretation. Eva Maria Welskop-Deffaa erwähnt auch, dass mehr als dreiviertel der Mitarbeitenden ca. 77% mehr Orientierung durch ihren träger  - doch diese Orientierung steht noch aus - bzw wird, wenn dies nach über 4 Jahren nach dem Urteil des Bundesverfasungsgericht endlich stattfinden sollte, sicherlich stark geframt sein.


Ich denke alles in allem ein gute Beitrag und es lohnt sich die 10 Minuten zum Zuhören sich zu nehmen - bei allen offensichtlichen inkorrekten Aussagen - der schlechten Wortwahl, realitätsfernen Vorstellungen, und Interpretationen -  die aussagen der evangelischen Vertreter sind deutlich christlicher und menschlicher als die der katholischen Seite.


Schlussgedanken - Anmerkung

Solange Menschen in wichtigen Funktionen und Einfluss auf andere Menschen nach wie vor einen Freitod mit einem Suizid verwechseln und durchmengt - sowohl in Worten als auch in deren Gedanken - solange Brutalsuizide und würdevolles und friedliches Sterben mit Bedacht durcheinander geworfen werden, und damit Ängste und Grauen schürt, dann vermisse ich alles was auch für mich für christlichen Glauben und Nächstenliebe steht. Aber nun gut, dies ist wie die Kirche sich selbst sehen will und von andere gesehen werden will und positionieren will.

Was mich enttäuscht ist, dass ich mit Herrn Hollenbach Anfang 2022 bereits ...
a) zum Urteil des Bundesverfassungsgericht gesprochen habe und die klare Aussage des BVerfG, dass es KEIN GESETZ als Ersatz für den gestrichenen §217 StGB braucht oder verlangt wird geklärt hatte.
b) und die Bedeutung von guter Sprache und Wortwahl - zur Antonymie von Freitod + Suizid gesprochen habe.

Dies habe ich mit Herrn Hollenbach zu dem Interview aus 2022 besprochen. RBB - Lebenswelten - Schwerstkranke und Sterbende nicht alleine lassen


In diesem Zusammenhang:

Freitod – Was sagt der christliche Glaube dazu? Ein Artikel aus dem April 2022

Sterbehilfe - Was ist erlaubt?

Sterbehilfe - 4 Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.Februar 2020

Über den Wunsch zu Sterben - Über Freitod und Suizidgedanken reden

Artikel zu Themen - Hilfe finden, Arztgespräch führen und mehr




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